Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 15

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Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Kollegin.

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Herr Vizekanzler! Danke für die Chronologie der Ereignisse, von der ich annehme, daß sie den Mitgliedern dieses Hauses an sich bekannt ist. Ich versuche, meine Frage noch einmal zu stellen.

Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Osterweiterung wird von weiten Teilen der Politik, aber auch der Wirtschaft vor möglichen Gefahren und negativen Konsequenzen, insbesondere was den Arbeitsmarkt betrifft, gewarnt; sowohl von den Landeshauptleuten in einer gemeinsamen Stellungnahme als auch von verschiedenen Fachverbänden der Wirtschaft, der Industrie, bis hin zu Ihrem Parteikollegen Nettig. Halten Sie diese Warnungen und Befürchtungen hinsichtlich negativer Konsequenzen für die österreichische Beschäftigung für gerechtfertigt?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Dann, wenn man die Verhandlungen nicht ordentlich führt, und dann, wenn man wirklich nur mit weiß und schwarz, ja und nein diskutiert.

Ich wollte nicht versuchen, Sie mit der Chronologie der Ereignisse zu belehren, sondern ich wollte einmal zusammenhängend darstellen, daß die Situation, in der wir uns jetzt befinden, eingebettet ist in eine neunjährige Geschichte, und daß vermutlich noch mehrere Jahre bis zum Beitritt folgen werden. Und durch diese kluge Strategie, die wir gemeinsam gefunden haben, zum Teil noch vor dem Beitritt Österreichs – aber wir waren auch schon als EWR-Mitglied in diese Strategie eingebunden –, haben wir für Österreich doch einige wirtschaftliche Vorteile herausholen können.

Schauen Sie sich zum Beispiel die Handelsbilanzdaten seit dem Jahr 1989 an. Durch diese kluge Strategie – diese ist von den Parteikollegen Ihrer Fraktion genauso kritisiert worden wie jetzt der Beginn der Beitrittsverhandlungen – hat Österreich als Standort, durchaus auch als Arbeitsplatzstandort gewonnen, weil wir es richtig gemacht haben.

Ich nehme natürlich die Warnungen genauso ernst wie die positiven Erwartungsschätzungen von Ökonomen, die auch auf dem Tisch liegen. Ich nehme an, daß Sie alle diese kennen, und daher brauche ich diese nicht zu wiederholen. Man sollte nicht nur die Chancen sehen, sondern selbstverständlich auch die kritischen Punkte. Aber umgekehrt bitte ich auch, daß man nicht immer nur die Gefahren übertreibt und die Chancen, die letztlich in diesem Prozeß enthalten sind, übersieht.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Kaufmann.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vizekanzler! In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, welche intensivere Heranführungsstrategie Österreich für die Beitrittskandidaten geplant hat?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben uns mit unseren Positionen in der Erweiterungsarbeitsgruppe bisher eigentlich vollinhaltlich durchgesetzt. Das heißt, wir haben durchgesetzt, daß die Beschäftigung und die sozialen Angelegenheiten unbedingt Berücksichtigung finden müssen – der entsprechende Punkt ist fast wortgleich in den Beitrittspartnerschaften mit allen mittel- und osteuropäischen Ländern enthalten. Sie werden jetzt Schlag auf Schlag im Februar 1998 fertiggestellt – das letzte Land wird Polen sein – und umfassen einen umfangreichen Katalog an eingeforderten sozialen Maßnahmen.


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