Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 130

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

17.33

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Derzeit – es wurde schon von meinem Vorredner erwähnt – sind rund 110 Millionen Antipersonenminen in 68 Ländern vergraben. Pro Jahr – das wurde auch gesagt – kommen zirka 2 Millionen dazu, nur 200 000 werden geräumt. Dies hat zur Folge, daß oft erst Jahre nach einem bewaffneten Konflikt Zivilisten von vergrabenen Antipersonenminen schwer verletzt werden.

Die Idee, sowohl bestimmte Minen als auch verschiedene Einsatzmethoden dieser Kampfmittel zu verbieten beziehungsweise zu begrenzen, ist nicht neu. Bereits im Jahr 1980 kam es zum Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages, dessen erklärtes Ziel es war, besonders inhuman wirkende Waffen zu reglementieren. Ein beigefügtes Protokoll über Minen, Sprengwaffen und andere Vorrichtungen sieht seit dem Inkrafttreten im Jahr 1983 ein Verbot des perfiden Einsatzes dieser Kampfmittel und Beschränkung für deren Verwendung vor.

Das österreichische Bundesheer hat bereits vor Jahren aus eigenem Antrieb alle Bestände von Antipersonenminen vernichtet. Ärzte des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes wiesen Anfang der neunziger Jahre nach, daß durch die weltweite Verbreitung von Antipersonenminen wöchentlich einige hundert Menschen, insbesondere Zivilisten in Bürgerkriegsländern, verstümmelt oder getötet werden. Dieses Faktum führte 1995 und 1996 zu einer Revision des Abkommens von 1980 und in der Folge zu einem geänderten Protokoll über Minen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen.

Die Staatengemeinschaft konnte sich aber nicht auf ein Antipersonenminen-Totalverbot einigen. Ursache war fehlender Konsens darüber, ob Antipersonenminen generell indiskriminierend und in ihrer Wirkung auf Menschen exzessiv sind. In der Folge war der Westen nicht bereit, auf seine fern verlegten "smart mines" – also selbstzerstörende und selbstdeaktivierende Minen – zu verzichten, und Staaten wie China, Rußland und Indien junktimierten ihr Angebot zum Verzicht auf "dumb mines" – technisch sehr einfach konzipierte Antipersonenminen – mit der Abrüstung der westlichen High-Tech-Minen.

Die kanadische Regierung unternahm noch im Oktober 1996 einen neuen Anlauf, ein weltweites Antipersonenminen-Totalverbot zu erreichen. Die Bezeichnung "Ottawa-Prozeß" geht somit auf die kanadische Initiative zu einer weiteren zu dieser Thematik einschlägigen Konferenz zurück.

Wir haben heute das Ergebnis des angeführten Verhandlungsprozesses auf der Tagesordnung. Das Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung ändert das Übereinkommen vom Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen und unterschiedslos wirken können.

Mit diesem Protokoll in der geänderten Fassung konnten weitere Beschränkungen des Einsatzes von Personenminen erreicht werden; nicht erreicht wurde jedoch ein Totalverbot von Antipersonenminen.

Aufgrund der eingangs erwähnten Initiative der kanadischen Regierung wurde in einem gesonderten Konferenzprozeß ein Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung samt Erklärung Österreichs beschlossen. Die Kernbestimmungen dieses Übereinkommens sehen ein umfassendes Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe aller Arten von Antipersonenminen, die Zerstörung vorhandener Bestände von Antipersonenminen innerhalb von vier Jahren ab dem Inkrafttreten für den betreffenden Vertragsstaat, die Räumung verlegter Antipersonenminen innerhalb von zehn Jahren ab dem Inkrafttreten – wie das geschehen soll, ist eine andere Frage – für den betreffenden Vertragsstaat sowie ein entsprechendes Verifikationsregime vor.

Noch einmal sei es erwähnt: Das österreichische Bundesheer hat seine Antipersonenminen über eigene Entscheidung schon vor Jahren weggegeben.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite