Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 74

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Meine Damen und Herren! Mit dieser Regelung werden 70 000 Gastwirte vor den Kopf gestoßen. Es ist dies, wie gesagt, nach der Einführung der 0,5-Promille-Grenze der zweite Anschlag in kürzester Zeit.

Wir haben in Österreich mehr als 8 000 Feste. Es werden dort ungefähr 5 Milliarden Schilling umgesetzt, womit ein großes Steueraufkommen verlorengeht. Ich lade – weil heute der Finanzminister hier ist – den Finanzminister gerne ein, die Vereine einmal auf ihre Gebarung und darauf, ob diese Mittel auch zweckentsprechend eingesetzt werden, überprüfen zu lassen. Ich habe Informationen, daß sie nicht nur für den Musikinstrumentenankauf verwendet werden, sondern daß man damit Grundstücke kauft und in anderen Bereichen investiert. Manche Feuerwehren vergeben heute schon Darlehen an die Gemeinden! (Bundesrat Prähauser: Das ist eine kühne Behauptung! Das ist unvorstellbar, was Sie da erzählen! Nennen Sie einen Verein, dem Sie das unterstellen! Nur einen!) Ja, ich werde Ihnen schon welche nennen.

Meine Damen und Herren! Von seiten der Wirtschaft waren wir immer für die Feuerwehren, für die Rettung, also für die Blaulicht-Organisationen. Aber was hier heute beschlossen wird, ist ein Ausufern. Keiner kann genau sagen, was überhaupt ein gemeinnütziger Verein ist, was ein mildtätiger Verein ist. Kirchliche Zwecke kann man halbwegs definieren. Da die Meldepflicht für diese Feste wegfällt, ist es fast nicht mehr kontrollierbar, welcher Verein beziehungsweise welche Art von Verein solche Feste durchführt.

Es wird – das wurde von meinen Vorrednern schon gesagt – dadurch eine Wettbewerbsverzerrung zwischen der gewerblichen Wirtschaft und den Vereinen geschaffen. Ich lade die SPÖ gerne ein – weil sie sich für die Vereine sehr stark macht –, auch mitzuhelfen, ein Forderungsprogramm der Gastwirte zu verwirklichen. (Bundesrat Pfeifer: Kommen Sie zu einem SPÖ-Zeltfest!) Es geht darin um den Bürokratieabbau bei den ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften, bei der Lebensmittelhygiene. Es geht darum, was man mit der Sperrstundenverordnung bei den Gastgärten macht, wie man sie flexibler gestalten könnte. Eine alte Forderung von uns besteht darin, bei den Lehrlingen die 22-Uhr-Grenze aufzuheben. Die Bagatellsteuern für die Gastronomie sind ersatzlos zu streichen. Bei der geplanten EU-Preisauszeichnung muß man eine entsprechende Regelung finden, damit es zu keiner doppelten Preisauszeichnung kommt. Auch der Bereich der Steuerpauschalierung für Kleinbetriebe im Gastgewerbe muß endlich in Angriff genommen werden. Es gäbe genügend Initiativen, die auch von SPÖ-Seite vertreten werden sollten, daß man den Wirten entgegenkommt und ihnen hilft. Was für die Vereine recht und billig ist, müßte hier genauso zum Tragen kommen. (Bundesrat Payer: Jede Versammlung in ein Wirtshaus!)

Das wollte ich zu diesem Thema sagen, um klarzustellen, wie es wirklich um die Gastwirte und das Verhältnis Gastwirte und Vereine bestellt ist.

Gestatten Sie mir: Ich werde mir erlauben, dieser heutigen Regelung nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner. Ich erteile es ihm.

13.15

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Wenn die Emotion hochgeht, muß das Denken nicht aussetzen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Wir haben in einer Analyse vor dieser Gesetzgebung klargestellt, daß es mit Ausnahme weniger politischer Bezirke – vor allem in Niederösterreich – in allen Bundesländern keine Probleme zwischen Wirten und Feuerwehr gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher kann die Gleichung nicht lauten, daß wir uns von den Regierungsparteien dauernd in die Haare bekommen. Die Gleichung kann nicht lauten: 70 000 Wirte – Entschuldigung, wenn ich da widerspreche – sind jetzt diskriminiert. Es geht vielmehr um einige Hundert, bei denen es


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