Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 57

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Dennoch: Es ist ein Fortschritt, wenn wir gegen diese Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates keinen Einwand erheben, bringen sie doch ein Mehr an Demokratie, ein Mehr an Eingehen auf den Bürger. Niemand – ich am allerwenigsten – würde wohl behaupten, daß mit diesen Beschlüssen die demokratiepolitische Diskussion auch nur für zehn Minuten abgeschlossen ist. Diese läuft, ist ein ständiger Prozeß. Aber diese Einsicht und all unsere durchaus unterschiedlichen Wünsche für andere Weiterentwicklungen der Demokratie, des demokratischen Prozesses können kein Grund sein, diesem Paket keine Zustimmung zu geben.

Ich glaube aber – das zu sagen, sei mir gegen Ende meiner Ausführungen noch gestattet –, daß es nicht sinnvoll ist, aus der breiten Diskussion einen Punkt, über den man durchaus gesondert diskutieren kann – ohne daß ich besondere Begeisterung dafür hege, aber das wäre im Detail auszuführen –, demonstrativ herauszugreifen und uns das hier als Antrag vorzulegen.

Die Kollegen von der Österreichischen Volkspartei und auch meine Fraktion hätten sicherlich vier, fünf weitere – auch in drei Sätzen formulierbare – Anträge sozusagen in der Schublade, die unserer Meinung nach einen mindestens so wichtigen Beitrag wie dieser leisten könnten. Wir glauben jedoch nicht, daß es die richtige Vorgangsweise ist, aus einem Konzert einen Mißton vielleicht herausgreifen zu wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

12.55

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein das Wort. – Bitte.

12.55

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich dem anschließen, was Kollege Gstöttner vorhin gesagt hat – es wurde das Wesentliche schon ausgeführt –, und ich möchte auch betonen, daß ich mit dem übereinstimme, was Präsident Jürgen Weiss gesagt hat, möchte aber etwas, das mir sehr wesentlich erscheint, noch einmal ergänzen – auch das hat er schon erwähnt –, und das ist das Briefwahlrecht, und zwar im Bereich von Landtags- und Gemeinderatswahlen. Denn die Situation ist, wie schon erwähnt, wirklich sehr schwer. Zum Beispiel kann bei einer Gemeinderatswahl jemand, der in einer anderen Gemeinde im Spital liegt, nicht wählen. Auch wer dienstlich, etwa als Eisenbahner, unterwegs ist, kann der Wahl nicht nachkommen. Ich halte das für eine sehr wichtige Sache, die zu regeln ist. In den meisten europäischen Ländern ist das heute bereits sichergestellt.

Die anderen Reformen, die gemacht wurden, sind völlig richtig – egal, ob nun im Bereich Bundespräsidentenwahl oder sonst –: die Unterschriften, die Verkürzung der Wahlgänge oder im Bereich des Volksbegehrengesetzes, wie die Bestimmung mit 1 Promille, und natürlich die Anpassung der Europawahlen, denn wir sind nächstes Jahr das erste Mal auch an offiziellen gesamteuropäischen Wahlen beteiligt. Deswegen ist es sicherlich eine wesentliche Sache in der Demokratie, das zu regeln. Aber einzelne Punkte, die jetzt vielleicht noch nicht ganz verankert sind, gehören in der richtigen Form nachgezogen. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

12.57

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

12.57

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde heute schon mehrfach darauf hingewiesen, daß das Wort "Demokratiepaket" nicht das hält, was es ankündigt. Nicht ganz zu Unrecht hat der deutsche Soziologe Helmut Klages vor zwei Tagen in der Julius Raab-Stiftung darauf hingewiesen, daß die Parteien in einer Anspruchsfalle sitzen. Wenn eine Gruppierung oder – wie im vorliegenden Falle – zwei Gruppierungen dem Publikum, der Bevölkerung, ein Gesetzeswerk als Demokratiepaket, also mit einem hohen Anspruch, nahebringen wollen, in Wirklichkeit aber nur "ein totes Mäuschen" darin ist, dann fühlt sich die Bevölkerung gefoppt, und die Parteien, die so etwas machen, sitzen in der Anspruchsfalle. Sie müssen also den Anspruch erfüllen und können


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