Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 60

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International wird Österreich diesbezüglich als Musterland angesehen, und bei einer internationalen Konferenz Ende November in Washington, bei der die Fragen des herrenlosen Gutes und Raubgutes diskutiert werden, wird unsere Frau Bundesministerin Gehrer ihre Initiative, das österreichische Modell, vorstellen.

Abschließend gestatten Sie mir noch festzustellen, daß es dem internationalen Ansehen Österreichs guttut, daß diese drei Gesetze, die sich mit dem Aufarbeiten eines großen Unrechts befassen, bisher einstimmig beschlossen wurden. Denn Unrecht bleibt Unrecht und wird durch Zeitablauf nicht zum Recht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

12.23

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich werde Ihre Aufmerksamkeit etwas länger in Anspruch nehmen müssen.

Wie meine beiden Vorredner darf auch ich namens meiner Fraktion betonen, daß wir dem politischen Ziel dieser drei Vorlagen uneingeschränkt zustimmen. Kunstgegenstände, die im Zuge oder als Folge von Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes beziehungsweise von nichtigen Rechtsgeschäften in dieser Ära in das Eigentum der wiederhergestellten Republik gelangt sind, sollen den ursprünglichen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern von Todes wegen zurückgestellt werden.

Weniger überzeugend ist allerdings der Weg der rechtlichen Umsetzung dieses Zieles, der mit dem vorliegenden Gesetz eingeschlagen wird. Um aber auch hier zunächst mit dem Positiven zu beginnen: Die nachträgliche Wiedereröffnung der Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückübereignung, die nach den früheren Gesetzen längst abgelaufen waren, scheint mir aus Erwägungen der Gerechtigkeit oder Rechtsethik durchaus begründet zu sein.

Gewiß sind seit den unrechtmäßigen Vermögensverschiebungen in der Regel nahezu 60 Jahre vergangen, und es waren die in den der Rückstellung dienenden Gesetzen enthaltenen Fristen für die Anspruchserhebung entgegen jüngsten Behauptungen auch durchaus nicht verfassungswidrig. Dennoch muß man dabei die Situation bedenken, in der sich die aus rassischen oder politischen Gründen Verfolgten und Vertriebenen sowie die überlebenden Angehörigen der um ihr Leben gebrachten Opfer befanden, bevor sie an die Rückgabe des ihnen rechtswidrig entzogenen Vermögens überhaupt denken oder auch an die dafür nötigen Informationen herankommen konnten. Zudem entspricht es heutigem Rechtsethos, Vermögensverschiebungen und -entziehungen, die unter der Geltung menschenrechtswidriger, diskriminierender Gesetze geschehen sind, nicht durch den Eintritt der Verjährung beziehungsweise den Ablauf von Fallfristen gleichsam zu legalisieren und zu immunisieren. Kurz gesagt: Aus schwerstem Unrecht soll nicht Recht werden.

Freilich ist bei dieser Gelegenheit festzuhalten, daß dann auch bei der künftig noch gebotenen Wiedergutmachung der im Falle von vertriebenen Volksdeutschen und anderen Volksgruppen gesetzlich dekretierten Enteignungen gleiches gelten wird müssen! Das hat auch ein weltweit anerkannter Staats- und Völkerrechtsgelehrter, unser allzu früh verstorbener Professor Ermacora, eindeutig klargestellt. Und ohne jeden Zweifel muß man die leider auch von der Republik Österreich vollzogenen und bis heute nicht bereinigten Entziehungen des privaten Vermögens der Familie Habsburg miteinbeziehen.

Aus derselben politischen und rechtsethischen Grundintention heraus stimmt meine Fraktion auch der für die dritte Kategorie von Kunst- und Kulturgegenständen vorgesehenen rechtlichen Behandlung uneingeschränkt zu. Steht nämlich einmal fest, daß diese Wertobjekte zurückzustellen waren, sie aber tatsächlich an die ursprünglichen Eigentümer oder ihre Rechtsnachfolger mangels ihrer Feststellbarkeit nicht zurückgegeben werden konnten, so sollen die sonst eingreifenden Institute des staatlichen Heimfallsrechtes beziehungsweise der Aneignung von herren


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