Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 25

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wir haben die Vertragstexte vorgelegt, die letztlich in Rambouillet und in Paris zur Verhandlung gestanden sind. Aber das haben wir nicht deshalb gemacht, weil wir uns neutral gefühlt haben, sondern deswegen, weil wir uns in der Europäischen Union jeden Spielraum, der sich aufgetan hat, zunutze gemacht haben.

All das hat am Ende leider nichts genützt. Nur: Wir kommen wieder dorthin! Es wird irgendwann auf diesen Elementen von Lösungen wieder aufgebaut werden müssen, und dann werden, so glaube ich, diese Impulse sehr wichtig sein.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Herr Vizekanzler! Ich möchte NATO-Debatte und Kosovo-Konflikt nicht zusammen diskutiert haben, aber trotzdem lautet meine Frage: Glauben Sie persönlich, daß wir als NATO-Mitglied noch mehr für den Kosovo hätten tun können, als schon bisher geschehen ist?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Meine ehrliche Antwort ist eigentlich ziemlich deckungsgleich mit dem, was ich zuvor gesagt habe. Ich glaube, daß man da bewußt nicht NATO versus Neutralität stellen soll. Für ein kleines Land wie Österreich – das gleiche gilt für Belgien oder für Finnland oder für andere Länder, die sich überhaupt dafür interessieren, da eine Rolle zu spielen – ist es ganz gleichgültig, ob es neutral oder NATO-Mitgliedsland ist. Die Frage ist: Ist man engagiert? Mischt man sich ein? Will man überhaupt eine Rolle spielen? – Das ist der Punkt.

Ich habe nicht gesagt, daß wir als NATO-Mitgliedsland da eine aktivere oder bessere Rolle hätten spielen können. Ich sage nur: Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun!

In der Frage Kosovo hat das kleine Österreich eine absolut aktive Nachbarschaftspolitik im weiteren Sinn betrieben. Und das wird auch anerkannt.

Ich bin – auch jetzt, in der Krise – in Telefonkontakt mit dem Präsidenten von Montenegro Djukanović. Ich habe mit Vuk Drašković, dem Stellvertretenden Ministerpräsidenten von Serbien, als es schlecht ging, bevor ihn Milošević entlassen hat, aber auch, nachdem er entlassen wurde, telefonisch geredet. Ich war der einzige. Ich habe das gar nicht auf die große Glocke gehängt. Ich rede ständig mit der Opposition, mit Djindjić und anderen, um ihnen Mut zu machen, um ihnen auch zu helfen, wie man etwa freie Medien oder demokratische Zeitungen und Journalisten unterstützen könnte.

Ich mache das nicht deshalb, weil ich neutral bin, oder deswegen, weil irgend jemand jetzt in die NATO hinein oder von der NATO hinaus will, sondern deshalb, weil ich das für wichtig und für richtig halte. Das ist meine Botschaft.

Es kommt in diesem Punkt nicht darauf an, ob man neutral ist oder ob man bei der NATO ist, sondern ob man sich engagiert. Und für diese Botschaft eines solidarischen Engagements stehe ich. Das hat Österreich bisher, so finde ich, sehr gut gemacht, und darauf bin ich auch ein bißchen stolz. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt erklärt, egal, ob bei der NATO oder nicht, aber wie erklären Sie mir das, wenn Ihr Koalitionspartner und Bundeskanzler einerseits für die immerwährende Neutralität in Österreich steht, andererseits in Berlin dem Schlag der NATO auf Serbien zustimmt und sich die Beteiligung österreichischer Soldaten in einem friedenssichernden Kriegseinsatz im Kosovo vorstellen kann beziehungsweise zuläßt, daß österreichische Soldaten unter NATO-Kommando stehen ...


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite