Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 29

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

serbischen Regierung sind eingefroren worden. Wir haben vor allem jene Texte, die dann in Paris und Rambouillet verhandelt worden sind, intensivst vorbereitet. Unter österreichischer Präsidentschaft war ich Teilnehmer der Kontaktgruppensitzung. Wir haben da einige sehr wichtige Impulse geben können, und ich bin überzeugt davon, daß man am "Tag danach", wenn es zu einer Verhandlungssituation kommt, auf diese Punkte wieder zurückgreifen wird.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Welche Lösungsansätze werden von der Internationalen Staatengemeinschaft ausgearbeitet?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es gibt dieses Fünf-Punkte-Programm, also Rückzug der Armee und der Spezialpolizei, volle Rückkehr der Flüchtlinge mit Garantien, eine internationale Militärpräsenz in der Region zur Absicherung sowohl der Kosovo-Albaner, der Flüchtlinge, aber auch der serbischen Minderheiten, weiters die Bereitschaft zu einer politischen Rahmenvereinbarung mit dem Ausgangspunkt Rambouillet und natürlich vollständige Beseitigung der Unterdrückungs- und Vertreibungsaktionen sowie Aufklärung der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die geschehen sind.

Das sind die fünf Punkte, die sowohl Kofi Annan, die EU-Außenminister, aber auch der NATO-Rat beschlossen haben. Es gab einige Vermittlungsversuche von Lukaschenko bis Tschernomyrdin, vom zypriotischen Parlamentspräsidenten bis zum ukrainischen Außenminister. Es gab eine ganze Reihe von weniger hochrangigen Besuchern und Vermittlern, vom Vatikan bis zu einer katholischen Gruppierung aus Italien. Primakow ist sogar selbst einmal nach Belgrad gefahren. Bisher hat alles nichts genützt. Es wird gepokert. Belgrad versucht immer wieder, Testballons steigen zu lassen. Zuerst war es eine unbewaffnete militärische Truppe. Da wären wir dort, wo wir schon gewesen sind mit den unbewaffneten Verifiers. Das ist Kanonenfutter, das kann man nicht verantworten, da würden wir auch nicht teilnehmen. Jetzt kommt leicht bewaffnet, also nur mit Pistolen. Ich glaube, daß das angesichts dessen, was geschehen ist, keine wirkliche Option sein kann.

Es stellt sich auch die Frage: Sollen nur Russen, sollen nur Länder der Region daran teilnehmen? – Die jüngste Idee, die mir berichtet wurde, ist, daß zum Beispiel serbische Soldaten und albanische Soldaten an einer solchen gemeinsamen Truppenpräsenz mitwirken könnten, was ich für ganz schlecht hielte. Da wären die Konflikte, so glaube ich, vorprogrammiert.

Man kann darüber diskutieren, unter welcher Flagge so etwas abläuft. Da, würde ich meinen, sollte man jede Flexibilität haben – UNO-Flagge wäre das beste –, aber darunter müßte natürlich alles, was in der Kontaktgruppe wichtig ist und natürlich auch militärische Kapazitäten hat, eingebunden sein: die Amerikaner, die Russen, die Kontaktgruppenmitglieder, natürlich auch andere. Man wird wahrscheinlich eine gewaltige militärische Präsenz brauchen, denn nach all dem, was geschehen ist, und nach all dem, was noch an ziviler Hilfe, an Wiederaufbauhilfe und Wirtschaftshilfe notwendig ist, wird eine beachtliche und auf sehr lange Zeit angelegte Präsenz notwendig sein.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Vizekanzler! Wurden im Vorfeld der Kosovo-Krise, also auch noch zu Zeiten der Verhandlungen von Rambouillet, auch wirtschaftliche Sanktionen seitens der EU gegenüber Jugoslawien ins Spiel gebracht? Wenn ja, welche?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite