Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 76

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile es ihm.

13.37

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegenden Novellen zu den Bundesgesetzen betreffend Hochleistungsstreckengesetz, Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft und Regelungen über die Einhebung und Festsetzung von Benützungsentgelt für bestimmte Hochleistungsstrecken sowie zum Privatbahnunterstützungsgesetz zwingen zunächst zu einer kurzen Betrachtung der Situation der Eisenbahn in Österreich.

Im wesentlichen geht es, was die Eisenbahn in Österreich anbelangt, um vier Kernbereiche. Das ist einerseits der Bereich Bau und Erhaltung, zweitens der Bereich Betrieb, drittens der Bereich Markt, und zwar einerseits hinsichtlich der Kunden und Gebietskörperschaften und andererseits zwischen den Eisenbahnunternehmen in Österreich, und viertens der Bereich Finanzierung.

Wenn man diese Gesetze genauer behandeln will, muß man sich natürlich auch die Gesamtzusammenhänge anschauen. Wie ist derzeit der Bestand?

Für Bau und Erhaltung haben wir in Österreich die Hochleistungsstrecken-Aktiengesellschaft, die Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft, den Infrastrukturbereich der ÖBB und auch Private, die wiederum die entsprechenden Unterstützungen nach dem Privatbahnunterstützungsgesetz genießen können beziehungsweise auch regionale Unterstützungen haben.

Für den Bereich "Betrieb der Bahn" haben wir in Österreich die ÖBB und auch diverse Privatbahnen, und es gibt auch entsprechende Vorgaben der EU, die wir nunmehr umsetzen, was letztlich dazu führen wird, daß internationale Eisenbahnunternehmen nach Österreich kommen werden. Da gilt jedoch der Grundsatz, daß ein internationaler Schienenverkehr niemals an einer Grenze aufhören kann. Das ist auch international zu betrachten. Daher haben die EU-Regelungen, die vorliegen, natürlich ihre Berechtigung.

Dies wird natürlich auch noch dadurch angeheizt, daß den Österreichischen Bundesbahnen als nahezu Monopolist auf dem Eisenbahnsektor ein ständiger Marktanteilsverlust im Personenverkehr in den letzten Jahren passiert ist. Das fordert geradezu internationale Eisenbahnunternehmen, vor allem deutsche und französische – letztere sind auch schon in Deutschland tätig – heraus, nach Österreich zu kommen.

Zum Bereich Infrastruktur: Es ist evident, daß es einen deutlichen Rückstau von Eisenbahninfrastruktur in Österreich gibt. De facto gibt es in Österreich nach wie vor die Eisenbahninfrastruktur aus der Zeit der Monarchie – mit nur geringen Verbesserungen, vor allem in den letzten Jahren.

Nun zu einzelnen Kritikpunkten, die wir im Zusammenhang mit den vorliegenden Gesetzentwürfen sehen und die auch ein bißchen unsere Wünsche für die Zukunft darstellen. Da ist, wie ich es zunächst schon ausgeführt habe, die Vielzahl der Gesellschaften im Bereich der Schieneninfrastruktur.

Herr Bundesminister! Ist diese Vielzahl wirklich notwendig? Sie selbst planen nunmehr gemäß einem Artikel in der Zeitung "Die Presse" – da steht: "Konkurrenz für die ÖBB. Österreich als Vorreiter bei der Liberalisierung der Bahn." – die Schaffung eines Rail-Regulators. Da muß man sich als Jurist schon fragen: Haben Sie so wenig Vertrauen in die Kartellgerichtsbarkeit Österreichs, oder geht es darum, daß der Rail-Regulator nicht nur eine Entscheidungsfunktion haben soll, daß Bahnen auf das Infrastrukturnetz kommen, sondern vielmehr die Funktion hat, daß sie kommen. Das wäre sozusagen ein Akquisitionsinstrumentarium.


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