Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 54

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Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

13.10

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Ein Kind, das seine Schularbeiten nicht herzeigen will, macht sich verdächtig, dass es eine schlechte Note erhalten hat. Eine Betreiberfirma wie die CEZ in Temelin, die wesentliche Teile des Atomkraftwerkes für österreichische Experten und Politiker nicht zugänglich gemacht hat, macht sich ebenso verdächtig, die schlechteste Arbeit geleistet zu haben, und müsste mit der schlechtesten Note rechnen. Nur so ist der neuerliche Affront, mit dem diese CEZ die österreichische Delegation brüskiert hat, zu erklären. Gravierende Sicherheitsmängel müssen den Ausschlag dazu gegeben haben.

Für uns Österreicher muss das heißen: Wer nachbarschaftliche, rechtliche und EU-Normen in Frage stellt, hat keinen Platz in der Europäischen Union! Trotz des beträchtlich politischen Drucks hat die tschechische Regierung keine Nachdenkpausen eingelegt, sondern den Temelin-Betreibern freie Hand für die Aktivierung des ersten Blocks gelassen. Die ersten Kettenreaktionen am 10. Oktober waren laut TV-Aussagen der Beschäftigten Temelins ein unbeschreibliches Erlebnis. – Für uns bedeuten sie eine unbeschreibliche, nicht zu verstehende Brüskierung und Ignoranz gegenüber den berechtigten Ängsten des österreichischen Volkes! Es müssen Roboter ohne menschliches Gespür am Werk sein, die so reagieren können! Dann würden wir vielleicht manches verstehen.

Wenn jetzt ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren betreffend das Gebäude des aktivierten Betriebes am Gelände des AKW Temelin stattfinden sollte, dann nur, weil dies angeblich durch ein Verfahren des Obersten Gerichtshofes in Prag erzwungen wurde. Angeblich ist mit dem Beginn dieses Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens in den nächsten Wochen zu rechnen. Von Österreich wurde jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Aktivierung verlangt; in diesem Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren hat Österreich aber wiederum keine Parteistellung.

Meine Damen und Herren! Im Grunde hat mich diese Aktivierung nicht verwundert, und ich sage Ihnen auch, warum. Verwunderlich ist nämlich vor allem diese Kaltschnäuzigkeit eines Staates, der den Anspruch auf den Beitritt zur EU stellt.

Es ist nicht lange her, dass hier im Hohen Haus eine tschechische Delegation zu Gast war, und die Kolleginnen Mühlwerth, Schicker und ich hatten die Gelegenheit, uns mit dieser Delegation zu verständigen. Nach langem Gerede über Frauenpolitik, Umweltschutz, Sanitätsmaßnahmen und dergleichen waren wieder wir Freiheitlichen diejenigen, die die brennende Frage stellten: Wie steht es um Temelin? Wird dem Ersuchen stattgegeben? Wird Temelin gestoppt, wenn Tschechien den Beitritt zur EU verlangt? – Ein Delegierter – nicht der Delegationsleiter – meldete sich zu Wort und führte aus, dass er Chemieprofessor an der Universität von Prag sei und einer Inbetriebnahme von Temelin skeptisch gegenüberstehe. Dann fügte er aber hinzu, dass sich kein tschechischer Politiker je trauen werde, diesen Stopp zu veranlassen. Es stecke zu viel Geld dahinter, und es gibt nur einen Ausweg, nämlich den Beitritt zu Europol, stärkste Sicherheitsvorkehrungen und eine unvermeidbare Umweltverträglichkeitsprüfung. – Das war die Aussage eines tschechischen Delegierten und Universitätsprofessors.

Meine Damen und Herren! Mit großer Achtung und mit Stolz muss ich heute sagen, dass die Oberösterreichische Landesregierung und der Landtagsklub zehn Jahre konsequent die Linie gegen Temelin durchgezogen haben. Wir Freiheitlichen waren es aber auch, die am 12. Mai 1998 hier in diesem Hohen Haus einen Initiativantrag des Landes Oberösterreich einbrachten, der Österreichischen Volkspartei aus Oberösterreich, wortgleich dem der Landtagsabgeordneten des Landes Oberösterreich, mit einem Begleitschreiben des Landeshauptmannes an alle oberösterreichischen Bundesräte mit der Bitte, die Interessen des Landes Oberösterreich zum Schutz des Landes und seiner Bewohner vehement zu vertreten.

Dass die begründeten Sorgen der Bevölkerung von einem Beitrittskandidaten ernst zu nehmen sind und auf die Weiterbetreibung beziehungsweise die Fertigstellung des Atomkraftwerkes


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