Bundesrat Stenographisches Protokoll 670. Sitzung / Seite 122

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der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach Beratung der Vorlage am 12. Dezember 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

17.19

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine zweite Wortmeldung wird etwas kürzer sein.

Die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung, also das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, ist zwar keine umfassende Gesamtlösung, aber ein erster wesentlicher Schritt zur sozialen Absicherung und zur Altersversorgung von Tausenden Künstlerinnen, Künstlern und Kunstschaffenden in Österreich; man rechnet im ersten Durchgang mit 6 500 Künstlern und Kunstschaffenden.

Es ist vor allem Staatssekretär Morak zu danken, dass die bei ihrem Amtsantritt als so reaktionär und illiberal apostrophierte "Wenderegierung" in den wenigen Monaten seit dem 4. Februar das zu Stande gebracht hat, was die angeblich so fortschrittliche Kunst- und Kulturpolitik in den letzten Jahrzehnten nicht geschafft hat.

Zugleich sehe ich es als erfreuliches Zeichen des Grundkonsenses an, der meiner Meinung nach gerade in Fragen der Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung besonders wichtig ist, dass die SPÖ-Fraktion diesem Gesetz im Nationalrat ihre Zustimmung erteilt hat.

Als steirischer Lokalpatriot möchte ich nicht nur anmerken, dass Staatssekretär Morak ein Steirer ist, sondern auch erwähnen, dass die steirische Literatin Andrea Wolfmayr, welche die existenziellen Probleme der Kunstschaffenden auch aus persönlicher Betroffenheit bestens kennt, im Nationalrat an dieser Gesetzwerdung entscheidend mitgewirkt hat.

Es geht nämlich nicht nur um Lippenbekenntnisse zur Freiheit der Kunst und der Kunstschaffenden, sondern um Taten. Eine Grundbedingung, um die Freiheit wirklich leben zu können, ist eine gewisse Basissicherheit. Diese soll es gerade auch für kritische Kunstschaffende geben.

Dieses Gesetz und der Geist, der dahinter steht, veranlassen zu einer grundsätzlichen Bemerkung zum Verhältnis von Staat und Kunst: Uns muss bewusst sein, dass Kunstschaffende per se tendenziell subversiv, oppositionell, provokant, unbequem und seismographisch sind und dass bei einer ehrlichen Auseinandersetzung mit Kunst und Künstlern Toleranz nicht nur gefordert ist, sondern diese bei uns auch fördert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, also die Freiheit der Kunst und der Medien, gehört zu den fundamentalsten Voraussetzungen der Demokratie und ist Produktivkraft der weiteren Entwicklung einer offenen Zivilgesellschaft.

Besonders gut hat mir ein Satz des prominenten österreichischen Literaten Michael Scharang gefallen, der sehr zum Unwillen manch anderer Künstlerkollegen einen kunst- und kulturpolitischen Dialog mit Staatssekretär Morak und erfolgreiche Verhandlungen zur Verbesserung der Situation der Schriftstellerinnen und Schriftsteller geführt hat. Er hat seinen Kritikern gesagt – ich zitiere –: Dass ich mit der jetzigen Regierung nicht einverstanden bin, belastet mich bei den Verhandlungen nicht, da ich noch nie mit einer Regierung einverstanden war. – Dieses Einverständnis ist ohnedies nicht gefordert, sondern die offene Auseinandersetzung.

Heute haben in einer Pressekonferenz – ich habe das gerade in der Abendausgabe des "Kurier" gelesen – Peter Turrini und Michael Scharang noch einmal darauf hingewiesen, dass das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz als ein positiver erster Schritt zu werten ist.

Ich darf eine abschließende Bemerkung machen, auch wenn das Licht schon leuchtet.


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