Bundesrat Stenographisches Protokoll 687. Sitzung / Seite 57

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lichkeit –, wobei die einzelnen Glieder der Gefahrenquellen wieder voneinander abhängen, also selbst veränderlich sind – denken Sie etwa an den Zustand der Straße, an die Ermüdung des Fahrzeuglenkers, an eventuelle Eigenbewegungen des Ladegutes und so weiter. Solche Probleme, die jeweils wieder voneinander abhängen, sind mathematisch nur mittels Differenzialgleichungen zu fassen und zu lösen. Jeder, der sich damit schon beschäftigt hat, weiß, wie schwierig das ist. Es ist zu komplex.

Ich glaube, dass man vielleicht mit einer Chaostheorie wesentlich schneller an das Problem herankommen könnte, weil sich kleine Veränderungen im Sicherheitssystem schlussendlich katastrophal auswirken können. Aber ich glaube, da sind wir schon so tief in der modernen Mathematik, dass es schwierig wird.

Die Antwort auf nicht vorhersehbare, aber statistisch zu erwartende Unglücksfälle – das ist das Problem, meine Damen und Herren – ist nur durch eine Steigerung der Sicherheitsvorschriften möglich, denn wir wissen: Wir können noch so gute Vorschriften erlassen, zu verhindern sind solche Unglücksfälle statistisch nicht. Es wird sie immer geben.

Würde man das jetzt zu Ende denken, dann wäre – im Extremfall – ein Gefahrenguttransport überhaupt nicht mehr möglich. Damit würde aber ein großer Teil der Wirtschaft zum Erliegen kommen: Es geht so also nicht. Ein Kompromiss besteht darin, die dauernde Verantwortung zu sehen und die technisch mögliche Sicherheit auch einzufordern.

Die vorliegende Regierungsvorlage versucht dies. Sie ist eigentlich auch nur eine Umsetzung von EU-Richtlinien. Es ist schon im Vorfeld sehr viel Kritik an der Verschiebung der Verantwortung vom Absender zum LKW-Lenker geübt worden. Mit dieser Kritik verkennt man aber doch etwas die Realität eines Gefahrenguttransportes, denn schließlich hat sich auch der Lenker eines PKWs vor Antritt der Reise zu überzeugen, ob das Fahrzeug tauglich ist. Daher müsste der Lenker geschult werden, um sicherstellen zu können, ob das Gefahrengut richtig verstaut ist, ob die Route, die ihm angeschafft wurde, auch zumutbar ist.

Meine Damen und Herren! Auch der Straßenzustand und ähnliche Faktoren sind sehr wesentlich. Es gibt Untersuchungen, wonach, glaube ich, jeder zweite Verkehrstod auf der Autobahn im Bereich so genannter Gegenverkehrsstrecken verursacht wird und jeder zweite oder dritte Verkehrstote über 60 Jahren auf einem Zebrastreifen stirbt. Solche Tatsachen müssen in die Überlegung mit einbezogen werden!

Dass der Absender, der natürlich für die Ungefährlichkeit eines Transportes verantwortlich ist, jede Unterstützung für die Sicherheit auf der Strasse oder auch auf der Schiene, zu Wasser oder in der Luft bereitstellt, ja mehr noch, dass er deren Annahme strikt einfordern muss, ist wohl unabdingbar.

Wer die Verantwortung ausschließlich beim Absender festmachen will, erkennt die ungleiche Verteilung des Risikos in der Kette nicht. Die Frage der Verantwortung ist aber nicht sozial zu lösen, sondern im Kompetenzbereich.

Meine Damen und Herren! Jedes Gesetz kann sich nur approximativ einer Vollkommenheit nähern. Diese Gesetzesnovelle ist eine Verbesserung, und deshalb stimmen wir Freiheitlichen ihr auch zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Ing. Mathias Reichhold das Wort. – Bitte.

15.16

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hoher Bundesrat! Ich glaube, das ist ein sehr wichtiges und ein sehr komplexes Thema, das hier diskutiert wird. Ich möchte zu einigen der hier aufgeworfenen Punkte Stellung nehmen, um darüber Klarheit zu schaffen.


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