Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 19

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Im Zuge des gegenständlichen Tagesordnungspunktes befassen wir uns mit einer Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Die Änderung oder, besser gesagt, die Repara­tur wurde notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. März 2002 Teile des § 53a ASVG als verfassungswidrig aufgehoben hat. (Bundesrat Gasteiger: Einen Pfusch habt ihr gebaut! Gib es zu!)

Die Grundidee der nun aufgehobenen Regelung war positiv und wurde auch vom Verfassungs­gerichtshof nicht in Frage gestellt. In sozialpartnerschaftlichem Konsens sollten die Dienstgeber über Sozialversicherungsbeiträge in die Pflicht genommen werden, um Missbrauch bei Arbeits­verhältnissen mit geringfügig Beschäftigten hintanzuhalten. Der Verfassungsgerichtshof bean­standete lediglich, dass die Kompetenztatbestände für die an und für sich gut gemeinte Rege­lung weder im Sozialversicherungswesen noch im Abgabewesen Deckung fänden. Die nun vorliegende Regelung sieht eine pauschalierte Abgabe für Dienstgeber geringfügig Beschäftig­ter vor, die dem Sozialversicherungszweck Pensionsversicherung, Krankenversicherung zuge­ordnet wird. Damit wird einerseits dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes formalrechtlich entsprochen und andererseits die ursprüngliche Idee nicht aus dem Auge verloren.

Tatsache ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich die Arbeitswelt in einer wirk­lich rasanten Entwicklung befindet, die sich durch immer härter werdenden Wettbewerb aus­zeichnet. Der Einfallsreichtum der Unternehmen in Richtung Kostensenkung ist damit sehr ver­ständlich, aber – das gebe ich zu – nicht immer akzeptabel. Langfristig gesehen hilft man aus meiner Sicht den Unternehmungen, wenn man verhindert, dass aus Gründen kurzfristiger Kostenreduktion geringfügig Beschäftigte Teil- und Vollzeitbeschäftigte ersetzen. Geordnete Arbeitsverhältnisse und damit auch zufriedene Mitarbeiter sind aus meiner Sicht unabdingbar für optimale Arbeitsleistung und auch für eine positive Wirtschaftsentwicklung. In diesem Sinne findet dieser Tagesordnungspunkt die freiheitliche Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.53


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.

12.53


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Gratulation, Herr Vizekanzler, zu diesem sensationellen argumentativen Slalom. Sie haben hier etwas argumentiert, das eigentlich kaum argumentierbar ist, aber Sie haben gezeigt, dass Sie ein guter Slalomläufer sind, und haben uns hier einen Slalom vorgelegt, der aber nicht gewertet wird, Herr Minister! Er wird nicht gewertet, er ist sozusagen außer Konkurrenz. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei der SPÖ.)

Tatsache ist, dass es ein Reparaturgesetz ist. Zweite Tatsache ist, dass der Herr Bundespräsi­dent nach der Nationalratswahl eine provisorische Bundesregierung angelobt hat. Weitere Tat­sache ist, dass es bis zur Bildung der neuen Bundesregierung Sitzungen des Nationalrates gegeben hat. Es gab also genug Zeit, um einer Verpflichtung, die durch den Verfassungsge­richtshof dem Parlament auferlegt wurde, auch nachzukommen.

Wenn Sie nun sagen, wir mussten abwarten, bis wir eine Regierung hatten, und jetzt kommt das in der Form und in der Schnelligkeit, dann muss ich dem entgegenhalten: Das ist unrichtig! Diese Frist war nicht gestern, war nicht vorgestern, war nicht erst seit einer Woche bekannt.

Frau Kollegin Giesinger! Sie haben es dem Herrn Minister und jenen, die es gemacht haben, heute ins Stammbuch geschrieben. Sie haben gesagt: Die Gesetze müssen gründlich durch­dacht werden. Sie haben also massive Kritik an jenen geübt, die dieses Gesetz ausgearbeitet haben, das vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. (Bundesrat Konecny: Die Initiativ­anträge waren nicht schlecht!)

Im Herzen verstehe ich die Kritik der SPÖ. Wir werden trotzdem dieser Reparatur zustimmen, weil es notwendig ist, dass etwas geschieht, dass diese Frist auch eingehalten wird. Allerdings


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