Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 27

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13.30


Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Trotz des mit großer Leidenschaft vorgetragenen Vortrages meines Vorredners über Mediation haben wir es beim vorliegenden Zivilrechts-Mediations-Gesetz mit der Schaffung eines rechtlichen Rahmens für die Mediation zu tun, welche im Interesse der Klientel, aber auch – und das ist der springende Punkt – im Interesse fachlich ausgebildeter und qualifizierter Mediatoren eine sichere Grundlage für die Nutzung einer erfolgreichen Methode außergerichtlicher Konfliktregelung in Zivilrechtssachen gewähr­leisten soll. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In den letzten Jahren hat sich in Österreich die Mediation neben der Psychotherapie zu einem eigenen Beruf entwickelt. Sie findet erfolgreiche Anwendung in verschiedenen Feldern wie im Sozialbereich, im Schul- und Bildungsbereich, auch – das nehme ich an, Herr Dr. Böhm, da Sie das auch in Ihren Vorlesungen so bringen – in der Wirtschaft als Methode für eine bewährte Unternehmenspolitik, vor allem im klassischen Kernbereich, in Nachbarschafts- und Umwelt­konflikten sowie bei gerichtlichen Angelegenheiten und behördlichen Stellen.

Wie ich vor wenigen Minuten den Aussagen von Herrn Vizekanzler Mag. Haupt habe entneh­men können, hat die Mediation auch Einzug in die Politik in Österreich gehalten; zumindest sieht er die Rolle des Herrn Bundespräsidenten beim „Runden Tisch“ als die eines Mediators. Ich kann es dem Herrn Vizekanzler nicht persönlich sagen, aber er sollte schon auch wissen, dass ein Mediationsprozess nur dann erfolgreich verlaufen kann, wenn alle betroffenen und handelnden Personen auch bereit sind, sich auf einen Mediationsprozess einzulassen. (Bun­desrat Schennach: Wollen! Sie müssen wollen!) Ohne die Bereitschaft, ebendiesen Prozess zu durchlaufen, ist Mediation kaum als positive und erfolgreiche Konfliktregelung möglich. Das sollte sich vielleicht auch der Herr Bundeskanzler zu Herzen nehmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine kürzlich von Herrn Staatssekretär Dr. Waneck ge­machte Aussage anlässlich der für 6. Mai angekündigten Protestbewegungen zurückweisen: Wenn ein österreichischer Politiker in einem Land, das zu den Vorzeigeländern eines demokra­tischen Staatsgefüges zählt, mögliche Streiks in Verbindung mit einer Gefahr für Menschen­leben bringt, so missachtet er nicht nur das Recht des Volkes, sondern disqualifiziert sich auch selbst als Politiker!

Obwohl Mediatoren immer wieder über gute Erfolge ihrer Arbeit berichten, verrichten sie ihre Tätigkeit auch in Österreich noch weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Der Tätigkeit der Mediatoren wird – wie auch in vielen anderen sozialen Handlungsfeldern – vielfach mit Skepsis begegnet, und es wird wenig Vertrauen in ihre Nützlichkeit gesetzt. In Unkenntnis der Grundlagen der Mediation, ihrer Anwendungsfelder, Abläufe und Erfolge sehen sich Mediatoren aber oftmals auch mit übertriebenen Erwartungen an ihre Leistungsfähigkeit konfrontiert. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn auch die Erfahrung der missbräuchlichen Verwendung von Mediation gemacht, einerseits in Form der Anmaßung – in meinem Bereich hauptsächlich von Rechtsanwälten –, Mediation ohne fundierte Ausbildung anbieten zu können, andererseits durch nicht sachgerecht angewandte und unprofessionell durchgeführte Mediation von schlecht ausgebildeten Mediatoren.

Ich begrüße daher das vorliegende Gesetz und sehe es als taugliches Mittel an, Mediation nicht nur der Öffentlichkeit bekannt zu machen, sondern durch einen entsprechenden rechtlichen Rahmen auch eine Qualitätssicherung und -entwicklung in den Fragen der Ausbildung und An­wendung zu gewährleisten. Wie mein Vorredner bereits erwähnt hat, ist im Strafrecht Mediation in Form des außergerichtlichen Tatausgleiches schon seit vielen Jahren rechtlich verankert. Das vorliegende Gesetz schafft nun eine sichere rechtliche Grundlage für die qualifizierte Nutzung von Mediation zur Lösung von Konflikten, für deren Entscheidung an sich die ordent­lichen Zivilgerichte zuständig sind.

In diesem Bereich zählen die Scheidungen sicherlich zu den schwierigsten Konfliktfeldern. Im Jahr 1994 wurde Mediation als Pilotprojekt bei Trennung und Scheidung von Eltern an den


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