Bundesrat Stenographisches Protokoll 709. Sitzung / Seite 95

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

beitrag von der Lohnsteuer absetzen kann, andere Spenden an Vereine im sozialen Bereich oder im Entwicklungshilfebereich jedoch nicht! Das ist für mich keine Gerech­tigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Dann komme ich noch zur „Erhöhung der Kaufkraft“. Diese müsste, um wirklich effi­zient zu sein, vor allem die kleinsten und niedrigsten Einkommen betreffen – auch dar­über wurde heute schon einiges berichtet. Es gibt bereits jetzt 2 Millionen Österreiche­rInnen, die keine Lohnsteuer zahlen; diese werden nach der Steuerreform auch nicht mehr Geld und auch nicht mehr Kaufkraft haben als jetzt. Es gäbe die Möglichkeit der Negativbesteuerung, aber die ist offensichtlich übersehen beziehungsweise nur zu einem kleinen Teil einbezogen worden.

Ich habe mich auch über die Aussage, dass diese Steuerreform den Frauen zugute käme, gewundert, habe wieder in den Unterlagen gesucht und auch etwas gefunden: Es gibt eine Berechnung, in der die Gewinne aus der Steuerreform für Arbeiterinnen und Arbeiter beziehungsweise für Angestellte, männlich und weiblich, gegenüberge­stellt werden. In eine Dissertation würde diese Berechnung nicht passen, denn es sind nur einfach der Durchschnittsverdienst eines Arbeiters und einer Arbeiterin gegenüber­gestellt. Daraus kann man doch nicht schließen, dass unter allen ArbeiterInnen und Angestellten im Allgemeinen die Frauen davon profitieren, sondern es ist einfach der Durchschnittssatz. Und das ist meiner Meinung nach keine genaue Berechnung. Schon jetzt zahlen sehr viele ArbeiterInnen und Angestellte, vor allem Frauen, keine Lohnsteuer, was bei dieser Art von Berechnung völlig unter den Tisch fällt.

Zur Finanzierung dieser Steuerreform. Wie schon berichtet, steht im heutigen „Stan­dard“, dass der Finanzminister weitere 8,7 Milliarden € einsparen muss, damit er seine Ziele bis 2010 erreichen kann. Wo und wie er diese Summe einsparen wird, ist noch nicht bekannt, das wird wahrscheinlich erst nach der nächsten Nationalratswahl bekannt werden, die ja hier offensichtlich zu den wichtigen Wahlen zählt.

Sie nennen das Ganze immer wieder die „größte Steuerreform aller Zeiten“ bezie­hungsweise die „größte Steuerreform in dieser Republik“. Vom Volumen her ist sie vielleicht eine sehr große Steuerreform, es kommt aber nicht immer auf die Größe an. Meiner Ansicht nach sollte das Geld auch vernünftig eingesetzt werden. Von einem vernünftigen Einsatz und einem vernünftigen Umverteilen ist bei dieser Steuerreform jedoch nichts zu sehen!

Und auch dass dieser Wurf ein großer Wurf sein soll, Herr Kollege Bieringer – er ist jetzt nicht im Saal –, ich habe auf diese Aussage gewartet; es hätte sonst sicherlich jemand anderer gesagt. Dieser Wurf wird vielen noch auf den Kopf fallen! (Beifall bei den Grünen, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

15.06

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Ing. Haller. – Bitte.

 


15.07

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen Bundesräte! Es wurde heute schon sehr viel polemisiert. Aber es ist eindeutig, dass sich Europa verändert hat. Europäische Staaten haben wunderbare soziale Einrichtungen. Ich glaube, darüber sind wir uns einig – einzigartige auf dieser Welt sogar. Aber die Entwicklung geht weiter, leider viel zu rasant für uns alle.

Globalisierung, Liberalisierung, veraltete Bevölkerungsstrukturen, weniger Wertschöp­fung, der Übergang von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft, all das bringt die europäischen Länder unter Druck. Das herrliche Modell der Sozialstaaten Europas,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite