Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 44

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11.09

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich von der Oper in Richtung Parlament begibt, kann man beim äußeren Burgtor eine Inschrift sehen: „Iustitia regnorum fundamentum“. Diese Inschrift wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts dort angebracht. Übersetzt heißt das, dass Gerechtigkeit nur möglich ist, wenn ein ordentliches Fundament durch eine gute Staatsregierung gegeben ist. Heute würde man sagen, weil alles gerne in Englisch ausgesprochen wird: good governance. Und es ist auch von der Frau Bundesministerin ausdrücklich erwähnt worden, dass Österreich hier international gesehen auf einem Spitzenplatz liegt.

„Iustitia“ ist im Lateinischen weiblich, und die Göttin Justitia wird immer als Frauen­gestalt dargestellt; das war in der Antike so, im Römischen Reich. Aber zum Beispiel auch am Alten Rathaus, wo meine kommunalpolitische Heimat ist, wenn man so sagen will, ist – das sieht man, wenn man vor dem Tore steht – auf der linken Säule Justitia dargestellt, mit Blick auf das gegenüberliegende Gebäude, in dem sich der Verfas­sungs- und Verwaltungsgerichtshof befindet. In diesem Fall also blickt Justitia dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Dr. Jabloner, ins Arbeitszimmer.

Justitia ist aber auch abgebildet im Justizpalast, der nicht weit vom Parlament entfernt steht. Und nun hat, um es etwas lyrisch zu sagen, auch eine Dame vom Palais Trautson Besitz ergriffen, und das ist etwas ganz Besonderes, denn das Justiz­ministerium zählt heute so wie auch schon früher immer zu den klassischen Ressorts. Diese Ressorts sind Äußeres, Inneres, Landesverteidigung, Finanzen, Bildung und Justiz. Wenn ich mir das in weiterer Folge zahlenmäßig ansehe, stelle ich fest, dass von diesen sechs klassischen Ressorts heute drei von Damen besetzt sind: das Justizministerium, das Außenministerium und das Bildungsministerium. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

Das bedeutet für die klassischen Ressorts eine 50-Prozent-Besetzung, und ich darf vor allem in Richtung der Linken – links hier im Saal sitzend, meine ich natürlich – sagen, dass das immerhin von einer Mitte-Rechts-Regierung in die Tat umgesetzt worden ist. Wenn ich mich an die letzten Ausführungen der Kollegin Blatnik erinnere, hat sie ja kritisiert, dass in den Landwirtschaftskammern nur Männer sind. (Zwischenruf der Bun­desrätin Blatnik.) In den Arbeiterkammern, wurde dann in der Diskussion klargestellt, sind auch nur Männer in Präsidentenfunktion, hingegen haben wir in der Wirtschafts­kammer unsere Präsidentin Zwazl aus Niederösterreich, und in Wien wird demnächst auch eine Dame die Präsidentschaft in der Wirtschaftskammer Wien übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Durch die Mitte-Rechts-Regierung ist gezeigt worden (Abg. Konecny: Wo ist die Mitte?), dass für qualifizierte Damen die Tür weit offen steht, um auch höchste politische Ämter zu übernehmen. Ich möchte hier unterstreichen und auf diese Signal­wirkung ganz besonders hinweisen, denn im 7. Bezirk, wo sich das Palais Trautson befindet, gibt es einen männlichen Bezirksvorsteher von den Grünen. Eigentlich hätte ich erwartet, dass dort ein weiblicher sitzt. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Fraktion freut sich über die Besetzung im Justizministerium und bietet Unter­stützung für eine sachliche, reformorientierte Zusammenarbeit in jeder Richtung an. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Sie haben in einem – wie soll man sagen? – einerseits sehr resoluten, andererseits kompetenten Vortrag Ihre Projekte vorgestellt. Da ist einiges darunter, und ich will dem Herrn Professor Böhm nicht alles wegnehmen, weil er einer meiner Nachredner ist, aber zwei Dinge haben mich sehr gefreut: Das eine ist, dass


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