Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 180

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Eine letzte Bemerkung: Der Kollege Weilharter hat namens der Regierungsfraktionen einen Entschließungsantrag eingebracht. In der Zwischenkriegszeit hat der bekannte tschechische Satiriker Karel Čapek eine Partei gegründet, der er den schönen Titel gegeben hat: Partei für den begrenzten Fortschritt im Rahmen der Gesetze.

Ich habe nicht gewusst, dass diese Partei noch heute besteht oder auch im österrei­chischen Bundesrat vertreten ist und Anträge stellen kann. Das ist ein typischer Antrag dieses begrenzten Fortschritts im Rahmen der Gesetze. Nun sind wir Sozialdemo­kraten selbstverständlich der Meinung, dass Gesetze – beziehungsweise in diesem Fall die Universaldienstverordnung – einzuhalten sind.

Es würde unserem Moralempfinden widersprechen, gegen einen Antrag zu stimmen, der ein gesetzeskonformes Verhalten der Post AG verlangt. Wir werden daher diesem Antrag selbstverständlich zustimmen, auch wenn wir meinen, dass er auf einem Bein daherkommt.

Selbst der Herr Staatssekretär hat in seinem Bericht über die Pläne des Herrn Bundes­ministers gemeint, man arbeite an einer neuen, schärferen Fassung der Universal­dienstverordnung. Sehen Sie, und genau das ist es, was wir in unserem Entschlie­ßungsantrag verlangen. Ich verkünde Ihnen mit großer Freude, dass wir diesem Antrag gerne zustimmen werden. Nun sind wir nicht auf dem politischen Jahrmarkt, aber ich würde mich freuen, wenn Sie das wechselweise auch tun könnten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.33

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun der Herr Staatssekretär. – Bitte.

 


20.33

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ganz kurz einige Klarstellungen: Ich habe Verständnis dafür, dass bei diesem Thema natür­lich auch versucht wird, Schuldzuweisungen vorzunehmen, Emotionen zu schüren und Verunsicherung zu verbreiten. Ich sage Ihnen aber: Lassen wir die Kirche im Dorf (Bundesrat Konecny: Um die geht es ja heute nicht!) und versuchen wir nicht, den wirtschaftlichen Sachverstand völlig auszuschalten. (Bundesrätin Bachner: Solange wir sie nicht zusperren! – Bundesrat Molzbichler: Solange wir nicht die Kirche zusper­ren!)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Molzbichler! Zwischenrufe sind nur vom Platz aus gestattet.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Ich habe allerdings wirklich manchmal den Ein­druck, dass zentrales Motto ihrer Argumentation ist, den wirtschaftlichen Sachverstand auszuschalten und die politische und gesellschaftliche Realität nicht zur Kenntnis neh­men zu wollen.

Haben Sie denn noch nicht bemerkt, dass sich die Struktur der Postdienstleistungen in den letzten zehn Jahren dramatisch verändert hat, dass wir heute nicht mehr so wie in den fünfziger und sechziger Jahren von Postämtern und Postdienstleistungen reden können? Wissen Sie denn nicht, dass 70 oder 80 Prozent des Geschäftsverkehrs heute zum Beispiel über E-Mail durchgeführt werden und der Großteil dieser Leistun­gen bei der Post längst weggefallen ist? (Bundesrat Molzbichler: Auch die Pakete?)

Wissen Sie denn nicht, dass wir in der Paketzulieferung und -auslieferung den Markt längst liberalisiert haben und in diesem Bereich auch in Österreich große internationale Konzerne auf dem Markt sind? Haben Sie nicht realisiert, dass auch in Österreich auf


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