Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 83

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Wertet man aber all das bloß als präventive Regelung, um den Ernstfall gerade zu vermeiden – das hoffe ich –, so stellt sich schon auch die Frage, ob dieses rechts­politische Ziel nicht auch verfassungs- und menschenrechtskonform erreichbar wäre, etwa durch ausreichende ärztliche und psychologische Betreuung und durch Ver­mei­dung von isolierender Einzelhaft. Im Verbund mit nicht hungerstreikenden Mithäft­lingen und guter Verpflegung lässt sich die Gefahr suizidgefährdeter einzelner Schub­häftlinge wenn schon nicht ausschließen, so doch wohl zweifellos erheblich reduzieren.

Was ist mein Resümee zum letzten Punkt? Mit den Kollegen von der Sozialdemo­kratischen Partei, die ja sonst dieser Vorlage zweifellos nicht zustimmen würden, gehe ich daher davon aus, das Gesetz ist so auslegbar, dass es auf Grund der Neuregelung zu keiner menschenrechts- und insofern auch verfassungswidrigen Maßnahme kommen kann und wird. Unter dieser Voraussetzung – ich betone: nur unter ihr – stimme ich daher ebenso wie meine Fraktion dem vorliegenden Gesetzesvorhaben zu. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.27


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Prokop. – Bitte.

 


13.27.22

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich darf ganz kurz auf ein paar Punkte eingehen und vor allem auch grundsätzlich noch einmal zu diesem Fremdenrechtspaket einige Worte sagen.

Als ich am 22. Dezember 2004 angelobt wurde, habe ich damals zwei Schwerpunkte definiert, die die Arbeit in dieser Legislaturperiode und besonders in diesem Jahr deutlich kennzeichnen werden. Das war zum einen die Schaffung einer modernen einheitlichen Polizei und zum anderen ein wirkungsvolles und zugleich menschlicheres und menschliches Asylsystem, eingebettet in entsprechende fremdenrechtliche Rah­men.

Ich hoffe, dass wir das, was nunmehr Gesetz wird, was wir auf breiter Basis erarbeitet haben, auch tatsächlich so umsetzen können, wie es gedacht und erarbeitet wurde. Seit 1. Juli 2005 haben wir eine neue Polizei. Es ist uns somit gelungen, die größte Modernisierung der Exekutive in der Geschichte durchzuziehen. Nunmehr befinden sich das neue Asylgesetz, das neue Fremdenpolizeigesetz, das neue Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz in der Enddiskussionsphase.

Diese Gesetzeswerke sind nicht im stillen Kämmerlein entstanden, sondern es hat eine breite Diskussion stattgefunden. Sie sind auch kein theoretisches Konzept; wir haben es auch heute in den Redebeiträgen gehört.

Wir haben die bestehenden Abläufe in allen Bereichen des Vollzugs analysiert. Wir haben eine ganze Zahl von Praktikern, auch aus den NGOs, mit ihren Verbes­serungs­vorschlägen einbezogen. Wir haben vor allem großartige Rechtsexperten bei der Erarbeitung dieses Gesetzes laufend kontaktiert. Schließlich – und dafür bin ich sehr dankbar – hat es eine offene und breite Diskussion mit den Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien gegeben. Ich glaube, dass somit ein Gesetzeswerk ent­standen ist, das wir auch herzeigen können.

Es gibt nunmehr einen breiten Konsens über die notwendigen Zielsetzungen im Bereich Asyl und Migration. Er geht wirklich quer durch die Parteien, quer durch die Organisationen und quer durch die Experten.

Der Konsens lautet einfach, dass wir Hilfe dort geben wollen und geben müssen, wo Hilfe notwendig ist, dass wir einen Stopp dort gebieten, wo es um Missbrauch des


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