Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Welche Verbesserungen in Bezug auf die Grund- und Menschenrechte bringt der Vertrag von Lissabon?
Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Eine ganz wesentliche Verbesserung und, als jemand, der sich eigentlich schon viele Jahrzehnte mit Menschenrechten befasst hat, kann ich sagen, geradezu die Verwirklichung eines Traumes ist, dass sich diese Europäische Union, diese Europäische Gemeinschaft nunmehr einen Grundrechtekatalog gegeben hat. Das ist ein verbindlicher Grundrechtekatalog, der dem Einzelnen durchaus auch etwas bringt, und zwar im Verhältnis des einzelnen Bürgers, der einzelnen Bürgerin gegenüber den Organen der Europäischen Union.
Das Neue an diesem System ist, dass sich der Einzelne nicht so wie bisher nur über Umwege und indirekt über den Europäischen Gerichtshof auch über Fragen, die die Organe – zum Beispiel die Kommission – betroffen haben, über Grundrechte, absprechen kann, sondern, dass nunmehr auch die Verpflichtung besteht, dass sich die Organe an die Grundrechte – und zwar sowohl an die Grundrechte im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch an neue, zum Teil auch programmatische Grundrechte – halten müssen und der Einzelne sich beschweren und auch Rechtsmittel ergreifen kann.
Die Verbindlichkeit der Grundrechtecharta ist ein ganz wesentlicher Fortschritt für die Europäische Union und schließt eine empfindliche Lücke. Außerdem wird die Grundrechtecharta, beziehungsweise der Vertrag, die Möglichkeit geben, dass die Union als Union der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt, womit eine klar ersichtliche, eindeutige Verbesserung der Situation gegeben sein wird.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kemperle, bitte.
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär, es gibt im Zuge der bisherigen und laufenden Ratifizierung des Vertrages von Lissabon seitens einiger Mitgliedstaaten immer wieder Themen, die heiß diskutiert werden und sich einzelstaatlich ebenfalls als Knackpunkt ergeben, die sich also als Gefahr für die Ratifizierung auftun.
Auch in Österreich gibt es starke Bedenken – beziehungsweise wird der Vertrag von Lissabon ziemlich kritisch beäugt – zum Beispiel hinsichtlich militärischer Auslandseinsätze im Rahmen der GASP, welche nicht an ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gebunden sind, oder des bestehen bleibenden Einstimmigkeitsprinzips in der Steuerpolitik, welches unserer Meinung nach einen Steuerwettlauf nach unten mit sich bringt.
Ist daher gedacht, Europa in Richtung eines Mehr an sozialem Europa, das auch demokratischer, verständlicher und handlungsfähiger wird in seiner Entwicklung, in Richtung Sozialunion, zu unterstützen und wird es eventuell auch für Österreich ein Zusatzprotokoll geben – so wie andere Staaten bereits mit einem Zusatzprotokoll versehen sind, beziehungsweise auch mit Neutralitätsvorbehalten in diesem Zusatzprotokoll – oder ein Sozialprotokoll im Sinne der Selbstverpflichtung der europäischen Mitgliedstaaten?
Vizepräsident Jürgen Weiss: Das war jetzt eine lange Frage, aber immerhin ein einziger Satz. – Bitte. (Allgemeine Heiterkeit.)
Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Proportional zur Frage müsste ich jetzt
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