BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 100

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er­befreiung –, natürlich auch die Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen und der Gerichtsbarkeit.

Aber die Organisation, im Gegensatz zu anderen internationalen Organisationen, verpflichtet sich erst gar nicht, diese Privilegien nicht zu missbrauchen, sie stellt ja nur in Aussicht, dass sie diese vielleicht einmal nicht missbrauchen wird. Das ist eigentlich schon sehr bezeichnend und sehr typisch für die Vertreter und die Politik dieses Landes. Und es verwundert mich nicht, denn ich bin einer der wenigen, wenn nicht sogar der Einzige hier in diesem Raum, der in diesem Land praktische Erfahrungen machen konnte.

Ich bin Zeuge geworden, wie einem Kollegen von mir bei der Einreise das Gold­kettchen mit einem Kreuz vom Hals gerissen wurde. Ich bin Zeuge geworden, wie die Mutawwa – das sind die Religionswächter – in Einkaufszentren auch die westlichen Frauen bedrängten und dazu zwangen, dass sie eine adäquate Kopfbedeckung tragen.

Ich habe einen Kollegen, der – weil sein Freund eine Besprechung hatte, die etwas länger dauerte – die Ehefrau dieses Freundes zum Friseurtermin gebracht hat; beide haben dann einige Tage wegen Prostitution und Zuhälterei im Gefängnis verbracht. Nur der strategischen Bedeutung eines Projektes ist es zu verdanken, dass die Betref­fenden schlussendlich relativ glimpflich mit einem „Exit only“-Stempel im Pass auf Nimmerwiedersehen nach Hause geschickt wurden.

Ich hätte auch die Gelegenheit gehabt, an öffentlichen Hinrichtungen, Auspeitschungen und Amputationen am Freitag teilzunehmen, habe diese Gelegenheit aber nicht ergriffen.

Privilegien also sollen wir hier beschließen für ein Land, an dem gemessen die viel geprügelte, international geprügelte Islamische Republik Iran ja geradezu ein Hort von Demokratie und Toleranz ist. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) – Ich kenne beide; im Vergleich dazu: Ja.

Das Land wird von den Wahhabiten, einer erz- und ultrakonservativen und dogma­tischen Richtung des sunnitischen Islam, beherrscht. Sie nehmen für sich in Anspruch, den Islam authentisch zu vertreten; auch die Taliban-Ideologie weist große Ähnlichkeit auf, und Salafisten ist im Prinzip eine Bezeichnung für nicht saudi-arabische Wahhabiten, die der Rechtslehre des Salafismus anhängen.

Der deutsche Verfassungsschutz kommt zu dem Schluss, dass das von Salafisten verbreitete Gedankengut den Nährboden für eine islamische Radikalisierung bildet und dass fast alle in Deutschland identifizierten terroristischen Netzwerkstrukturen und Einzelpersonen salafistisch geprägt sind.

Saudi-Arabien ist auch sehr eifrig im Missionieren. Von diesem Land ausgesendete Hassprediger sind darauf aus, auch deutsche Konvertiten zum Wahhabismus und zum Terrorismus zu erziehen, aus ihrer Sicht quasi zu bekehren. Die Gegenleistung für diverse Waffenlieferungen Deutschlands – die Panzer haben sie ja gut brauchen können, um beispielsweise die Bürgerrechtsbewegungen in Bahrain im Keime zu er­sticken – war die Gratisverteilung von 300 000 Koran-Exemplaren in Deutschland – was eigentlich im Sinne des Islam ein Sakrileg darstellt, weil es eine Entweihung des heiligen Buches ist, wenn dieses unkontrolliert verteilt wird.

Auch alle 9/11-Attentäter waren Salafisten. Bekanntermaßen haben die USA in der Folge den Afghanistan-Feldzug begonnen, dabei aber leider übersehen, dass 9/11 kein afghanisches, sondern ein saudi-arabisches Unternehmen war. Osama bin Laden, der ja selbst Saudi war, hat zwar Zuflucht in Afghanistan gefunden, aber von dort aus war er sicher nicht in der Lage, dies zu steuern. Das waren in den USA gut etablierte


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