10.35

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Her­ren! Wir diskutieren das Pflanzenschutzmittelgesetz und dessen Änderung. Der Titel ist sehr harmlos. Dahinter steckt eine sehr emotionale Debatte. Es ist dies der Antrag auf ein Totalverbot von Glyphosat in Österreich – ein Thema, das sehr öffentlichkeits­wirk­sam ist, ein Thema, das sehr populistisch, aber auch sehr losgelöst von Zahlen und Fakten diskutiert wird, und ein Thema, das von den NGOs auch sehr stark getrieben wird.

Vielleicht zu den Zahlen und Fakten: Glyphosat ist ein Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Phosphate, nicht-selektiv, das heißt, es trennt nicht zwischen ein- und zweikeimblättrigen Pflanzen, sondern alle Pflanzen, die mit diesem Mittel in Berührung kommen, sterben ab. Das heißt, es ist im Vergleich zu anderen Herbiziden mit einer geringen Mobilität behaftet, von kurzer Lebensdauer und auch von niedrigerer Toxi­zität. Das können Sie bei Wikipedia nachlesen. (Bundesrätin Mühlwerth: Na, Wiki­pedia - -! – Bundesrat Krusche: Das ist keine wissenschaftliche Quelle!)

In Österreich wird Glyphosat nicht auf Pflanzen ausgebracht, die der Nahrungsmittel­pro­duktion dienen. Das ist in Österreich nicht vorgesehen und auch nicht erlaubt. Die Landwirtschaft verwendet es zum Schutz vor Abschwemmung, vor Bodenerosion, um Böden zu stabilisieren und den Pflanzenbewuchs dort zu erhalten, um letztlich die Be­arbeitung der Böden zu reduzieren und damit auch den Humusaufbau zu verbessern.

Seit 2015 gibt es eine verschärfte Diskussion. Diese gibt es deswegen, weil die Inter­nationale Agentur für Krebsforschung publiziert hat, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend ist. Wahrscheinlich krebserregend ist eine Kategorie, in die auch diese Wurst fällt (eine Hartwurst in die Höhe haltend), die ist auch wahrscheinlich krebs­erregend, und Fleisch ist auch wahrscheinlich krebserregend. Da gibt es sehr, sehr viele Stoffe und eine lange Liste. (Bundesrätin Mühlwerth: Das Schnitzel! – Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die Weltgesundheitsorganisation, die U.S. EPA, die Health Canada und die Europäische Chemikalienagentur haben (Bundesrat Stögmüller: ... Lobby!) – ja, ja – diesen Stoff als nicht krebserregend defi­niert. – So viel zu den Zahlen und Fakten.

Die Österreichische Volkspartei hat deswegen auch einen Antrag gestellt, um einen Beitrag zur Reduktion dahin gehend zu leisten, dass Glyphosat im privaten Bereich, im Haushalt, in Gärten, auf Kinderspielplätzen, in öffentlichen Parks, in sensiblen Bereichen nicht angewendet werden soll. In der Landwirtschaft wird es von Bauern und Men­schen, die auch dafür ausgebildet wurden, angewendet.

Es gab dazu auch eine entsprechende Machbarkeitsstudie. Diese Studie wurde vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und von den österreichischen Bundesländern bei der Universität für Bodenkultur und der Agentur für Ernährungs­sicherheit in Auftrag gegeben, den beiden bedeutenden Institutionen, die sich mit die­sem Thema beschäftigen. Ich glaube, wir können diesen Institutionen auch trauen. Das Ergebnis dieser Machbarkeitsstudie betreffend Ausstieg aus Glyphosat, nämlich wie man aus der Anwendung von Glyphosat aussteigen kann, hat gezeigt, dass dieser Ausstieg zum einen unionsrechtswidrig ist, also auf rechtlicher Basis mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar ist, dass es kein erhöhtes Risiko im Zusam­menhang mit diesem Wirkstoff im Vergleich zu anderen Herbiziden gibt, dass dieses nicht abgeleitet werden kann, dass damit auch keine Gefahr für die menschliche Ge­sundheit davon ausgeht, dass vieles beprobt wurde, dass 92 Prozent der Proben keine Rückstände aufgewiesen haben, und dass es auch keine Belege dafür gibt, dass Glyphosat die Artenvielfalt reduziert.

Es ist für uns als Österreichische Volkspartei enttäuschend, dass hier eben nicht fak­tenbasiert diskutiert wird – emotionale Diskussionen sind gut, aber irgendwann sollte man sich von der Emotion wieder zu den Fakten bewegen –, dass der Initiativantrag, den die Volkspartei eingebracht hat, keine Mehrheit findet. Der, den wir jetzt disku­tieren, findet eine, und es enttäuscht mich, dass dieser populistische Antrag gegen Berufskollegen innerhalb der Landwirtschaft seitens der Freiheitlichen Partei mitge­tragen wird.

Dass die SPÖ den Antrag eingebracht hat und unterstützt, verstehe ich, weil es auch ein Antrag gegen die österreichische Landwirtschaft ist. (Bundesrätin Schumann: Nein! Nein! – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) – Und da sind wir momentan sehr gut unterwegs, Frau Fraktionsvorsitzende: gentechnikfrei – ein Antrag der sozi­alistischen Fraktion –, Tiertransport – ein Antrag der sozialistischen Fraktion –, Tier­wohl – ein Antrag der sozialdemokratischen – weil Sie das so gerne hören – Fraktion. Das sind durchaus Anträge, die gegen eine Berufsgruppe, gegen eine Klientel gehen, und damit machen Sie negative Klientelpolitik. Das möchte ich hier auch gesagt haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wir haben eine sehr spannende Diskussion im Ausschuss geführt – (in Richtung Bun­desrat Schabhüttl) der Kollege lächelt schon –, und bei dieser Diskussion ist auch klar geworden, wie weit manchmal die fachlichen Kompetenzen reichen. Der Kollege im Nationalrat, Kollege Preiner, der auch Mitglied des Bundesrates war, hat in seiner Rede im Nationalrat gesagt: „Es gibt Alternativen in der Anwendung“ von Glyphosat, „nämlich im Bereich der mechanischen Anwendung, auch im Bereich der thermischen Anwendung, aber auch im Bereich der biologischen Möglichkeiten, Mittel, die biolo­gisch abbaubar sind und genau dieselben Wirkungen haben wie Glyphosat, aber mit dem Unterschied, dass sie nicht giftig sind, weder für Menschen noch für Tiere.“ – Ich bin seit 20 Jahren Biobauer und habe noch kein einziges solches Herbizid gefunden, das auf dem Markt wäre, und Kollege Preiner kann auch keines nennen. Das wäre so ähnlich, als würde ich wissen, dass es ein tolles Mittel gegen Krebs gibt, aber nicht sage, wie es heißt.

Ich hätte von Herrn Preiner gerne gewusst, wie das Mittel heißt, das biologisch abbau­bar ist – Name, Wirkstoff, alles das. (Bundesrat Schabhüttl: Ich habe seine Nummer, falls du sie brauchst!) Ja, da haben wir schon ganz lustige Diskussionen in dem Sinn geführt. (Bundesrätin Schumann: Nein, nicht lustig!) Kollege Novak hat mir erklärt, dass er Fotos kennt, wonach Pflanzen, die mit Glyphosat behandelt wurden, doppelt so hoch sind wie Pflanzen, die nicht mit Glyphosat behandelt worden sind. – Das kann ich mir bei einem Totalherbizid nicht vorstellen, das funktioniert so nicht. Darum bitte ich eben darum, die Diskussion fachlicher zu führen.

Kollege Schabhüttl, du hast, nachdem der Experte die Auskunft nicht so erteilt hat, wie du sie dir gewünscht hast, noch den Experten im Ausschuss attackiert. Ich glaube, das ist nicht so wirklich gut. Du wirst jetzt aber herauskommen und mir den Unterschied zwischen einem Herbizid und einem Pestizid erklären, und dann haben wir deine fachliche Kompetenz. (Bundesrätin Mühlwerth: Kollege Schabhüttl kennt sich auch aus!)

Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, diesen Beschluss an den Nationalrat zurückzu­ver­weisen, damit man darüber nachdenkt, ob es nicht bessere und vernünftigere Lösungen gäbe. – In diesem Sinne danke ich. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Nicht vergessen: Würstel mitnehmen!)

10.44

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Schabhüttl. Ich erteile es ihm.