11.40

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Zuseher zu Hause vor den Bildschir­men! Diese Rede meines Vorredners aus der Steiermark hat jetzt eindrucksvoll be­wiesen, wie unwohl sich die ÖVP bei diesem Beschluss, den sie heute hier mittragen will, fühlt. In weiten Teilen deiner Rede hast du unser ursprüngliches Gesetz, das wir gemeinsam in der Regierung beschlossen haben, verteidigt, und um die Kehrtwendung jetzt abzufedern, wollt ihr einen Entschließungsantrag einbringen, auf den ich noch zu sprechen komme.

Ihr habt euch einfach getäuscht, meine Damen und Herren! Euer Kalkül ist nicht auf­gegangen. Ihr habt die Hoffnung gehabt, dass der Verfassungsgerichtshof die Rege­lung aufheben wird und ihr dann sagen könnt – so getreu nach dem Motto: wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass –: Wir können ja nichts dafür, die Gerichte haben entschieden! – Das ist aber nicht aufgegangen. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die SPÖ hat mit ihrer Klage – durch die rote Wiener Landesregierung einge­bracht – eine gehörige Niederlage eingefahren. Kollege Steiner hat es ja bereits sehr pointiert und eindrucksvoll geschildert: Der Verfassungsgerichtshof hat genau unsere Argumentation bestätigt: Es obliegt dem Gesetzgeber, den Freiheitsgewinn gegen mögliche negative Auswirkungen – in diesem Fall auf die Gesundheit – abzuwägen. Das Abwägen von Freiheitsinteressen des einen gegen die Schutzbedürftigkeit der anderen ist also Aufgabe des Parlaments.

Ich will die gesundheitlichen Gefahren durch das Rauchen nicht in Abrede stellen. Ich selber war nie Raucher. Es gibt Studien über die Gefährlichkeit von Berufen – es geht ja in dieser Begründung sehr häufig um die Angestellten dort, um den Arbeitnehmer­schutz (Bundesrat Schennach: Richtig!) –, und die Top 5 der gefährlichsten Berufe sind: Gerüstbauer, Dachdecker, Bergleute – das betrifft mich persönlich –, Pflasterer, Fleisch- und Wurstwarenhersteller. (Bundesrätin Schumann: Pflasterer ... Arbeitszeit­er­weiterung!) Kommt deswegen irgendjemand in logischer Konsequenz eurer ver­queren Argumentation auf die Idee, Dächer zu verbieten, weil der Beruf des Dach­deckers so gefährlich ist? (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben in Österreich Gott sei Dank das Prinzip der freien Berufs- und Arbeits­platzwahl. Niemand wird gezwungen, als Barkeeper in einem Raucherlokal zu arbeiten (Bundesrat Weber: Ja, ja, die sind ja selber schuld! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), genauso wenig wie jemand gezwungen wird, einen fetten Schweinsbraten zu essen – der soll ja auch recht ungesund sein, und vom Alkohol will ich gar nicht reden. Durch den Alkohol werden Menschen, Existenzen, Familien zerstört, er ist mindestens gleich gefährlich wie das Rauchen. Ich bedanke mich beim Herrn Präsidenten – er ist momentan nicht anwesend –, der uns heute offensichtlich zu seinem Amtsantritt ein bisschen Alkohol geschenkt hat – so viel zu eurer Glaubwürdigkeit, zu eurer Argu­mentationslinie. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren, wollen diese Freiheit beschränken und die Bürger bevormunden. Von Rot und Grün sind wir das ja schon gewohnt; warum die ÖVP da jetzt plötzlich so begeistert mitmacht, ist mir etwas schleierhaft. (Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.)

Noch kryptischer wird das in Anbetracht der massiven wirtschaftlichen Schädigung, die die Gastronomie erleidet. Kollege Steiner hat das ja bereits wirklich sehr plastisch und drastisch geschildert. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Da herrscht in den Zeit­schriften immer ein großes Jammern und Wehklagen über das Wirtesterben, da müsse etwas dagegen unternommen werden, aber anstatt dass ihr hergeht und Entlastungs­maßnahmen für die Wirte ins Auge fasst und beschließt, Bürokratie abschafft, Vor­schriften entrümpelt und den Wirten die Arbeit erleichtert (Bundesrat Samt: Das tun wir jetzt!), versetzt ihr in geradezu genüsslicher Manier mit diesem Gesetz noch einer weiteren Vielzahl von Betrieben den Todesstoß.

Das, meine Damen und Herren, nenne ich wirklich Wirtschaftskompetenz vonseiten der ÖVP. (Bundesrat Steiner – auf Bundesrätin Zwazl weisend –: Die Präsidentin von der Wirtschaftskammer ist auch wieder da!) Euer Wirtschaftskammerpräsident Mahrer hat kurz aufgeheult und hat Entschädigungen verlangt; darum ist es bisher ruhig geblieben, bis jetzt dieser Entschließungsantrag gekommen ist, man möge doch die Wirte, die im guten Glauben auf die Gesetzeslage eine Menge Geld in Trennungen und vor allem in die teuren Entlüftungsanlagen investiert haben, aus Steuermitteln wieder entlasten.

Warum seid ihr denn da vor einer Woche im Nationalrat noch nicht draufgekommen? Warum seid ihr nicht draufgekommen, als ihr dieses Gesetz im Nationalrat beschlos­sen habt? Ich bin also schon auch grundsätzlich dafür, dass die Wirte entschädigt ge­hören, weil sie nichts dafürkönnen (Bundesrat Samt: Sie gehören von der ÖVP ent­schädigt!); ich hätte aber ein etwas anderes Modell dafür: Das soll die ÖVP bezahlen und nicht der Steuerzahler! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Weber. – Rufe bei der FPÖ: Ja! Genau! – Bundesrat Steiner: Anstatt dem Familienfest!)

Das dürfte Ihnen ja ein Leichtes sein: Da die Parteispenden jetzt ohnehin nicht mehr in dem gewohnten Ausmaß möglich sind, könnt ihr vielleicht eure Gönner überreden, dass sie direkt ein bisschen was an die betroffenen Wirte überweisen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ÖVP weiß in diesem Zusammenhang ja wirklich nicht, was sie tut. Jetzt kommt sie überfallsartig mit einem Entschließungsantrag, weil sie draufkommt, dass das vielleicht doch nicht so gut ist, vor allem in Wahlkampfzeiten. (Zwischenruf des Bundesrates Buchmann.) Den Vogel bei dem Ganzen abgeschossen hat aber wohl eure Grazer Nationalrätin Martina Kaufmann, die vor einer Woche im Nationalrat diesem Gesetz ohne Wenn und Aber zugestimmt hat, und gestern liest man in einer steirischen Gratiszeitschrift, der „Woche“, dass sie Ausnahmeregelungen für die Nachtgastro­no­mie fordert. Sie befürchtet Belastungen der Anrainer, zitiert dabei das Beispiel des Grazer Univiertels. (Bundesrat Samt: Hört! Hört! – Heiterkeit des Bundesrates Steiner. – Bundesrätin Mühlwerth: Na geh!) Da hätte sie eigentlich früher draufkommen können, genauso wie ihr mit eurem Entschließungsantrag. Ihr hättet uns in dieser Angele­genheit nur ein bisschen mehr zuhören müssen! Dann erdreistet sich diese Frau Kolle­gin aus dem Nationalrat auch noch, zu behaupten, wir und die SPÖ würden diese Ausnahmeregelung blockieren. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Denn sie wissen nicht, was sie tun: Dieser Satz kann wohl als Synonym für die Haltung der ÖVP in dieser Frage gelten. Die Wähler werden hoffentlich wissen, was sie zu tun haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Volkspartei führt das Wort Volk in ihrem Namen, aber sie verrät weite Teile des Volkes. (Bundesrätin Wagner: Na geh!) Wir führen das Wort Freiheit in unserem Namen und wir kämpfen für die Freiheit unserer Bürger und treten für sie ein, und das werden wir auch weiterhin tun. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

11.49

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. Ich erteile ihm dieses.