18.24

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Auch von meiner Seite alles Gute für die kommende Präsidentschaft! Ich glaube, dass du Niederösterreich gut vertreten wirst. Das hoffe ich, wir sind gemeinsam dabei.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte ZuseherInnen und ZuhörerInnen! Ich spreche heute zum Thema Wohnen. Wohnen ist ein Grundrecht und muss leistbar sein; Wohnen in privaten Mietwohnungen wird jedoch immer mehr zum Luxus.

Laut Statistik Austria sind in Österreich die Mieten von 2008 bis 2016 stark ange­stiegen, und zwar die privaten Mietzinse bei Neuvermietungen um 35 Prozent. Das muss man sich jetzt einmal auf der Zunge zergehen lassen: 35 Prozent, das ist schon sehr, sehr viel!

Mieten sind somit einer der stärksten Preistreiber. Seit 1998 sind die Mieten um 80 Prozent gestiegen, das ist doppelt so hoch wie die Inflationsrate. In einer von der Arbeiterkammer Wien beauftragten Studie des Ifes wurden 500 junge Wienerinnen und Wiener befragt. Im Schnitt wohnen diese in einer 70-Quadratmeter-Wohnung und zahlen dafür kalt – also mit Betriebskosten, Umsatzsteuer, ohne Warmwasser, Strom und Heizung – durchschnittlich 790 Euro im Monat. Das ist enorm viel Geld für junge Menschen.

Im Vergleich beträgt bei den Gemeindewohnungen die Bruttomiete für eine 70-Quadratmeter-Wohnung 540 Euro im Monat, für Genossenschaftswohnungen im Schnitt 600 Euro. Das sind einmal 32 Prozent und einmal 25 Prozent weniger als im privaten Bereich.

Wer weniger verdient, muss den Großteil seines Einkommens allein für die Miete aus­geben. Das ist eine Schieflage, und diese haben wir als gewählte Volksvertreter in Ordnung zu bringen. Der soziale Wohnbau, das sind die Genossenschafts- und die Gemeindewohnungen, hält das Wohnen leistbar. Das sind immerhin 900 000 Woh­nun­gen. Ziel muss es also sein, leistbares Wohnen für die breite Masse sicherzustellen.

Mit der geplanten Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, kurz WGG, von der türkis-blauen Regierung noch vorbereitet und als Initiativantrag der Bautensprecher der Volkspartei und der Freiheitlichen Partei, und zwar von den Nationalräten Singer und Schrangl, im Nationalrat eingebracht, wird dies jedoch nicht sichergestellt. Im Gegenteil! Es kommt sogar zu Verschlechterungen für Mieter. Bis jetzt konnten Mie­terInnen von Genossenschaftswohnungen diese nach zehn Jahren käuflich erwerben. Auf Betreiben der Volkspartei wird diese Frist nun auf fünf Jahre verkürzt: Stichwort: Eigentum ist super, und Wohnungseigentum verhindert Altersarmut!

Unsere Meinung dazu ist eine andere, denn wir sehen keinen Grund für eine Kauf­option nach fünf Jahren. Mieter, die sich nach fünf Jahren eine Wohnung kaufen können, werden in keine Genossenschaftswohnung einziehen, sondern kaufen sich sowieso gleich eine Eigentumswohnung. Das ist unsere Meinung dazu. Außerdem fällt beim Kauf nach fünf Jahren zusätzlich die Umsatzsteuer an, was die Wohnung entsprechend verteuert. Diese Maßnahme als erleichterte Eigentumsbildung zu verkaufen, ist also unserer Meinung unrichtig.

Die Eigentumsoption stellt ein Durchbrechen der Grundprinzipien des WGG dar, nämlich leistbare Wohnungen auf Dauer zur Verfügung zu stellen. Die mit Steuergeld finanzierten verhältnismäßig günstigen Wohnungen werden an Private und Gewerb­liche verkauft, die diese wiederum teurer weitervermieten können. Was Wohnkosten massiv in die Höhe treibt, sind zum Beispiel die sogenannten Vorsorgewohnungen. Die Mieten steigen explosionsartig. Hohe Mieten bedeuten hohe Profite für die Immobilien­wirtschaft und Spekulanten. Grund und Boden sind längst zu einem Spekulationsgut geworden, und das betrifft auch die Gemeinnützigen, die im Wettbewerb mit den pri­vaten Investoren stehen. Die Wohnbaugenossenschaften, auf die Druck ausgeübt wird, dürfen sich nicht an den Mietern schadlos halten.

Positiv sehen wir an der vorgelegten Novelle auf alle Fälle das von der SPÖ schon lange geforderte Verbot der touristischen Kurzzeitvermietung über diese Onlineplatt­formen wie zum Beispiel Airbnb.

Ein Minuspunkt in der Novelle ist die Streichung des § 6 Abs. 1 Z 5 des Konsumen­tenschutzgesetzes. Dieser Paragraf schützte die Mieterinnen und Mieter vor unvor­hergesehenen Mietzinserhöhungen, die Bauvereinigungen werden jetzt von der Pflicht zur transparenten Vertragsgestaltung befreit. Durch diese Änderungen werden die Immobilienunternehmen einseitig und unangemessen bevorzugt.

Wir fordern seitens der SPÖ zum Thema leistbares Wohnen Folgendes: ein neues Universalmietrecht mit klaren, gesetzlich definierten und leistungsbezogenen Zu- und Abschlägen, keine Befristungen, transparent und bundeseinheitlich. Das neue Miet­recht muss für alle Wohnungen gelten, nicht nur für die Altbauten. Es muss Schluss sein mit den unzähligen und ungeregelten Zuschlägen. Zuschläge und Abschläge soll­ten nur gesetzlich geregelt und auch investitionsbezogen möglich sein. 20 Jahre ab Fertigstellung soll auch für diese frei finanzierten Wohnungen das Mietrechtsgesetz mit den Mietzinsgrenzen gelten. Das senkt die Mieten bei ausfinanzierten Wohnungen um durchschnittlich 15 Prozent. Das bedeutet bei einer Miete, wie vorher im Beispiel erwähnt, von knapp 800 Euro Monatsmiete eine Ersparnis von 1 440 Euro im Jahr. Das ist ein toller Urlaub!

Es soll strenge Strafen für Mietwucher geben, wir fordern daher die Einführung eines Verwaltungsstrafbestands Mietwucher. Als Sofortmaßnahme würden wir vorschlagen: Weg mit der Umsatzsteuer von 10 Prozent auf Mieten! Damit sparen sich die Mieter eine Monatsmiete im Jahr. Die Maklerprovision soll vom Besteller bezahlt werden, in den meisten Fällen ist das der Vermieter. Wir wollen die Flächenwidmung sozialer Wohnbau verfassungsrechtlich absichern. Eingeführt werden soll bei der Wohnungs­ge­meinnützigkeit auch der Grundsatz: einmal WGG, immer WGG! Das soll heißen, wer eine geförderte Wohnung als Eigentum erwirbt, darf auch bei einer Vermietung dieser Wohnung nur die günstige WGG-Miete verlangen. Die geförderte Errichtungsweise soll im Grundbuch eingetragen – auch eine wichtige Forderung – und die Vermietung der Wohnung somit auf Dauer preisgeregelt werden.

Weiters ist es uns auch enorm wichtig, dass eine Investitionsoffensive im sozialen Wohnbau gestartet wird. So könnten in etwa 25 000 Wohnungen zusätzlich zur normalen Bauleistung errichtet werden, wenn die Wohnbauinvestitionsbank zinsenfreie Kredite von der Europäischen Investitionsbank weitergeben würde.

Was die gemeinnützige Wohnungswirtschaft wirklich braucht, sind weniger Normen, vereinheitlichte Bauvorschriften, günstiges Bauland vonseiten der öffentlichen Hand und eine verfassungsrechtliche Absicherung der Flächenwidmung sozialer Wohnbau.

Die sozialdemokratische Fraktion kann daher aus den genannten Gründen der Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes nicht zustimmen. – Ich danke für die Auf­merk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.31

Präsident Karl Bader: Bundesrat Mag. Christian Buchmann gelangt als Nächster zu Wort. Ich erteile ihm dieses.