16.27

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Werte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Wir erleben derzeit einen temporären Stillstand der gesamten Gesellschaft. Der Normalzustand ist außer Kraft gesetzt. Die Epidemie bietet somit die Chance, die Schönheit jener Selbstver­ständlichkeiten zu erkennen, mit denen wir sonst leben: öffentliche Plätze, Restau­rants, Kaffeehäuser, Kinos, Festivals, Straßen- und U-Bahn, die Schulen und die Op­tionen des Reisens. Es ist das Erkennen von Freiheiten, die derzeit nicht mehr gelebt werden können: keine Fußballspiele, Popkonzerte, Jubiläen, Messen, Preisverleihun­gen, Konferenzen. Wir sehen, was wir im Getriebe nicht zu sehen pflegen: manche Un­nötigkeiten.

Wir erfahren das Wanken einer gesicherten Welt, eine Bedrohung, mit der wir erst müssen umgehen lernen. Wenn ansonsten der Tod in diese gesicherte Welt herein­bricht, etwa durch Terror, ist zwar das Entsetzen groß, doch man kann die Schuldigen benennen und auf Sicherheitskräfte vertrauen. Im Coronafall gilt das nicht. Es ist niemand schuld. Ende der Machbarkeit: Es ist eine andere Spezies, die uns angreift, nämlich Viren, die zu unserem Schaden selbst überleben wollen. Wir wollen aber über­leben.

Dank der Bundesregierung, die ein großartiges, auch international beachtetes Krisen­management an den Tag legte und legt, können und müssen wir uns nach dem wich­tigsten Gut, der Gesundheit, dem Thema Arbeit widmen. Arbeit ist nach der Mas­low’schen Bedürfnispyramide kein Grundbedürfnis, für manche überhaupt kein Bedürf­nis. Nach den Grundbedürfnissen kommen ja die Sicherheit – ein ganz wesentlicher Faktor, den wir jetzt tagtäglich auch spüren (Bundesrat Rösch: Essen! Trinken!) –, der soziale Kontakt – das soziale Wesen, das jetzt eingeschränkt wird –, die Anerkennung und die Selbstverwirklichung, die in diesen Tagen natürlich ganz unwesentlich er­scheint.

Arbeit ist nach der christlichen Soziallehre Sinnerfüllung und gleichzeitig auch eine Not­wendigkeit, sich und seinen Angehörigen sowie für die gesamte Volkswirtschaft durch ein monetäres Einkommen einen je nach Gegebenheit möglichen Lebensstandard zu sichern. Die Bundesregierung will und wird in dieser schwierigen Zeit so viele Arbeits­plätze wie möglich sichern. Daher werden für die bereits angesprochene Kurzarbeit bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – besonderer Dank auch dafür! Man sieht auch, wie gut dieser Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Arbeit – sprich den Ge­werkschaften, Arbeiterkammer und auch Wirtschaftskammer – funktioniert, wenn wir es auch wollen.

Das neue Coronakurzzeitarbeitsmodell wird – wie wir bereits gehört haben – allen Un­ternehmen zugänglich sein, unabhängig von der Größe und der Branche. Die Abwick­lung wird vereinfacht, und die Betriebe haben im neuen Modell auch die Möglichkeit, die Arbeitszeit über längere Perioden innerhalb dieses Durchrechnungszeitraums bis auf null zu senken. Das Coronakurzzeitarbeitsmodell ist ein weiteres sinnvolles und wichtiges Instrument in dieser Krise. Seitens des AMS wird ja an einer raschen und professionellen Umsetzung gearbeitet. – Herzlichen Dank, Frau Minister!

Wichtig ist, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen bleiben und nach der Krise auch sofort wieder weiterarbeiten können. Zum ersten Mal haben die Unter­nehmen auch die Möglichkeit, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gänzlich nach Hau­se gehen zu lassen, gleichzeitig aber im Unternehmen weiter zu beschäftigen. Bisher gab es ja sonst nur die Möglichkeit der Arbeitslosigkeit.

Gestatten Sie mir schon auch, ein paar Sätze betreffend die ältere Generation kundzu­tun: Die Seniorinnen und Senioren stehen voll und ganz hinter den Schutzmaßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus. Sie sind richtig und wichtig. Die Besorgnis vor allem bei älteren Menschen – es betrifft eben einen Großteil dieser Gruppe – ist ja nicht verwunderlich, immerhin sind Senioren auch bei der saisonalen Grippe besonders gefährdet. Ich habe aber auch nicht nur junge Menschen in Parkan­lagen liegen und sitzen gesehen, sondern auch einige ältere Personen. Da möchte ich schon appellieren, das in den nächsten Tagen nicht zu tun, auch nicht die sicher sehr angenehmen Seniorennachmittage – es sind ja meistens keine Abende, es sind Nach­mittage – zu besuchen, diese sozialen Kontakte zurückzunehmen und vielleicht auf ei­ne spätere Zeit zu verlegen.

Es ist unsere Aufgabe, dieser eben besonders gefährdeten Gruppe mit gutem Beispiel voranzugehen. Das dient nicht nur dem eigenen Schutz, sondern dem Schutz aller. In einer Ausnahmesituation wie dieser müssen wir alle gemeinsam füreinander Verant­wortung tragen und vor allem auch füreinander da sein.

Ein Dank an alle, die beruflich, aber auch ehrenamtlich – da denke ich an die vielen Einsatzorganisationen, die ja weitestgehend ehrenamtlich besetzt sind – dazu beitra­gen, dass das öffentliche Leben, dass dieser Bereich, den wir für selbstverständlich er­achtet haben, auch in Zukunft zumindest halbwegs funktioniert. Die Personenbetreu­ung im Bundesland Niederösterreich wurde angesprochen: Bei uns in der Steiermark ist dies natürlich auch gewährleistet. Hier sind auch alle Maßnahmen getroffen worden, die zu treffen sind.

Auch von meiner Seite wünsche ich Ihnen und uns alles Gute, damit wir diese Krise – vor allem, was wichtig ist: gesund – überleben. – Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

16.34

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile es ihr.