16.52

Bundesrat David Egger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen zu Hause! Frau Kollegin Holzner, ich muss Ihnen gra­tulieren, dass Sie bei Ihnen in der Gemeinde auf der Insel der Seligen leben. Das finde ich sehr, sehr schön, das freut mich.

Man muss aber auch die Scheuklappen ein bisschen öffnen und sich einmal überlegen, warum denn die Hälfte der Gemeinden das Geld nicht abholt. Weil sie es nicht abholen können, lieber Herr Bundesminister, denn es müssen 50 Prozent an Eigenmitteln inves­tiert werden! (Bundesrätin Zeidler-Beck: Warum ... keine Eigenmittel?) Es gibt genü­gend Gemeinden – ich kenne die persönlich aus Salzburg –, die diese Eigenmittel nicht haben, liebe Kollegin. (Bundesrätin Zeidler-Beck: Warum haben sie keine Eigenmittel? Warum?)

Zurück zu Ihrer Frage, ob wir Taxifahren oder nicht: Ich habe während der Schulzeit und während des Studiums schon viele Jobs gemacht, aber Taxifahren war nicht dabei.

Es gibt Ausgleichsgemeinden, die nicht so finanzstark sind und die keinen Kredit be­kommen. Es ist ganz einfach, wenn man sich in der Kommunalpolitik auskennt, dann hat man auch ganz schnell die Antworten darauf. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Kollege Lackner, erklären Sie mir einfach einmal die regionale Wertschöpfungskette! Wenn die Gemeinden das Geld gar nicht abholen können, dann können sie es nämlich bei den regionalen Bauunternehmen, bei den Dachdeckern nicht investieren, wenn sie den Kindergarten oder die Krabbelstube bauen.

Nun aber zurück zum eigentlichen Thema: Was hört man aus den Gemeinden im ganzen Bundesland? – Bei mir zu Hause in Salzburg bin ich viel unterwegs im ländlichen Raum und rede nicht nur mit SPÖ-Bürgermeistern, ich rede auch mit ganz vielen ÖVP-Bürgermeistern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines deckt sich, da sind wir uns alle einig: Die größte Einnahmequelle bricht weg. Auf der einen Seite haben die Gemeinden keine Planungssicherheit – das erzählen mir alle Ortschefs rundherum –, sie wissen auch nicht, mit welchen Einnahmen sie nächstes Jahr rechnen können. Sind es 8, sind es 10, sind es 16 Prozent der Einnahmen – aus Tourismusgemeinden hört man sogar, dass es beinahe 20 Prozent sind –, die ausfallen? Da stellt sich die Frage, mit welchen Zahlen schlussendlich kalkuliert werden soll. Das wird einem als Ortschef auch nicht so einfach gemacht.

Da stellt sich die Frage: Soll man neue Projekte starten? Wie soll man die finanzieren? Viele Projekte, wichtige Investitionen werden auf die lange Bank geschoben. Dann tut man so, als würden die Gemeinden das Geld unterm Kopfpolster horten. – Nein, die würden das ja in innovative Projekte oder in Gehsteige, in Schulen, in die Infrastruktur, in die Kanal- und Wasserversorgung reinstecken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem die kleinen Gemeinden – Frau Kollegin, ich habe mich in Salzburg persönlich davon überzeugt, denn ich bin viel draußen unterwegs –, die finanzschwachen Gemeinden tun sich extrem schwer. 50 Pro­zent der Kosten werden zugeschossen, wenn man 50 Prozent an Eigenmitteln zur Verfügung hat. Horchen Sie einmal in die Gemeinden rein, reden Sie einmal mit den Ortschefs, das würde ich Ihnen sehr, sehr ans Herz legen! 0,0 Prozent des BIP – da muss ich ehrlich fragen: Wo ist denn da wirklich die Krisenbewältigung durch das KIP? Das ist meine Frage an Sie, Herr Minister.

Eine Anekdote möchte ich nicht vergessen: Die Projekte müssen mindestens bis 2021 eingereicht werden, ansonsten bekommt die Gemeinde gar nichts von dem von Ihnen geschnürten Paket.

Ich würde dieses von Ihnen geschnürte Paket an der Stelle einfach einmal als Rohr­krepierer bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie verhindern nicht nur den Fortschritt in den Gemeinden, Sie verhindern auch die Wertschöpfungskette, von der wir heute schon gehört haben, denn wenn die Gemeinden das Geld nicht investieren können, ja, dann leiden auch alle Unternehmen und UnternehmerInnen in der Region darunter, die für die sicheren Arbeitsplätze unserer Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in der Region, im ländlichen Raum draußen sorgen.

Ja, es wäre doch sinnvoller, ein wirklich klares, unkompliziertes Investitionspaket zu schnüren und nicht im Gießkannenprinzip drüberzugießen, Milliarden zu verschenken, die in irgendwelche Löcher versinken. Nur eine einzige Milliarde bekommen unsere Gemeinden. Die Kollegin hat es selber schon unterstrichen: Über 2 Milliarden Euro werden abgehen, und da kommt noch mehr dazu – nicht nur die Bundesertragsanteile, die Kommunalsteuer, die Steuern, die Gebühren, da kommt noch so ein Brocken auf die Gemeinden zu, und die haben echt schon alle den Gürtel enger geschnallt.

Da möchte ich ein Beispiel aus dem Krankenhaus Zell am See geben: Die haben corona­bedingt natürlich Betten freihalten müssen – selbstverständlich! –, um die Versorgungs­sicherheit zu garantieren. Jetzt bekommen sie von Ihnen nur 80 Prozent, auf 1 Million Euro bleibt das Krankenhaus Zell am See sitzen. Da ist wieder das Land gezwungen, einzuspringen, vielleicht geht da ja etwas, oder die Kommune selbst muss 1 Million Euro mehr aufbringen – 1 Million Euro mehr, die sie in Kinderbetreuung, in Projekte, in Kinder­gärten, in Betreuungsplätze, in den Ausbau von Schule hätte stecken können!

Ja, es sind die Gemeinden, da sind wir uns alle einig, die für die Lebensqualität vor Ort sorgen. Die Gemeinden sind die regionalen Wirtschaftsmotoren. Mit wem führt denn die Gemeinde das Projekt durch, wenn sie baut? Mit dem Baumeister, mit dem Dach­decker, mit dem Elektriker aus der Region, und dort sind die sicheren Arbeitsplätze der fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Was aber ist jetzt passiert? – Sie zwingen die Gemeinden, wichtige Investitionen in die Infrastruktur, in Straßen, egal wohin, zu verschieben, aufzuschieben, abzubrechen. Ein Beispiel aus meiner Heimat­gemeinde: Auch wir haben eine wichtige Turnsaalsanierung verschieben müssen – am Ende des Jahres wird bei uns ein Minus von 1 Million Euro stehen –, davon hätten die Kinder, die Jugendlichen und auch die Vereine profitiert.

Sie zwingen die Gemeinden, die Last der verminderten Einnahmen auf den Schultern der Bürgerinnen und Bürger abzuladen. Wie wird das passieren? Eine Gebüh­ren­erhöhung wird kommen. Sie zwingen die Gemeinden dazu. Wen wird das denn beson­ders treffen, frage ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren? Genau die, die eh schon wenig verdienen, und die, die in einer der größten Wirtschaftskrisen unseres Landes vielleicht sogar ihren Job verloren haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie den Gemeinden das Geld nicht geben werden, steuern wir dieses Land noch tiefer in die Krise hinein, als es ohnehin schon ist. Gemeinden brauchen das, was die Familien brauchen, was die jungen Menschen brauchen, was die Unternehmen, die Unternehmer brauchen: Sie brauchen schnelle und rasche Hilfe.

Für Salzburg muss ich noch eines klarstellen: Die 50 Millionen Euro, von denen heute in den Salzburger Medien geschrieben wird, dieses Geld – das muss man korrekterweise auch dazusagen – wäre den Gemeinden ja so und so zugestanden, das sind GAF-Mittel, um das auch gleich zu berichtigen. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler, die eine Zeitung in die Höhe hält.) Da brauchen wir frisches Geld, denn diese 50 Millio­nen Euro sind keine zusätzliche Finanzspritze, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Haben nicht alle Experten durch die Bank vor und während der Krise schon gesagt, dass eben 2,2 Milliarden Euro abgehen werden? Dann ist doch 1 Million Euro eine Verhöh­nung unserer Gemeinden. Wir vonseiten der SPÖ haben immer schon ein entsprechend großes Unterstützungspaket gefordert: 250 Euro pro Einwohnerin und pro Einwohner. Es macht mich persönlich sehr betroffen, dass die Bundesregierung das den Sommer über verschlafen zu haben scheint. Weil da vorhin gerade wieder Zeitungen hochge­hal­ten worden sind: Dazu kommen dann noch jeden Tag Schlagzeilen, wo wieder Jobs verloren gegangen sind, Schlagzeilen zur Jugendarbeitslosigkeit.

Liebe KollegInnen Lackner und Zwazl, in Salzburg, liegen wir zurzeit – ich habe es mir noch schnell schicken lassen – bei den unter 25-Jährigen bei über 2 000 Arbeitslosen, das sind über 36 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Damit die Gemeinden das Zepter direkt in die Hand nehmen können, um als Jobmotor in der Region zu agieren, müssen wir sie dabei unterstützen, zusätzliche Lehrstellen zu schaffen. Das geht nur mit einer richtigen Unterstützungsoffensive, wie sie die SPÖ-Bürgermeisterinnen und -Bürger­meister in einem offenen Brief an die Bundesregierung gefordert haben, für die vielen jungen Leute, die im Ort bleiben wollen, die nicht wegziehen wollen, die sich im Ort etwas aufbauen wollen, die zu Hause bleiben wollen. Dazu gehört aber auch günstiges Wohnen, denn man muss sich das Leben dort leisten können. Die geben das Geld dann auch in der Gemeinde wieder aus, beim Bäcker, im Gasthaus oder im Schuhgeschäft.

Gut und schön, dass die Salzburger Festspiele eine Finanzspritze bekommen; das kann ich als SPÖ-Chef in Salzburg nur unterstützen. Nur eines wünsche ich mir, und das möchte ich an dieser Stelle noch einmal deponieren: Man kann nur hoffen, dass viele regionale Betriebe zum Zug kommen, gerade um die Arbeitsplätze der fleißigen Leis­tungsträgerinnen und Leistungsträger in unserem schönen Bundesland abzusichern. Ich hoffe, dass es diese Arbeitsplätze dann beim Projektstart 2025 überhaupt noch geben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile ihm dieses.