17.02
Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Wesentlicher Inhalt des Verhandlungsgegenstandes ist: Mit dem BGBl Nr. 110/2020 wurde das für die Covid-19-Investitionsprämie für Unternehmen vorgesehene Budget von 2 Milliarden Euro aufgestockt. Die Investitionsprämie wird dabei als allgemeine Maßnahme abgewickelt, ist nicht selektiv und fällt somit nicht in den Anwendungsbereich des EU-Beihilfenrechtes. Die Maßnahme soll daher nicht aufgrund zur Neige gehender Budgetmittel vorzeitig eingestellt werden. Das sehen auch wir positiv. (Bundesrätin Zwazl: Schau, schau!)
Mit Stand 24. November 2020 langten bereits 48 118 Anträge mit einem Investitionsvolumen von ungefähr 21,6 Milliarden Euro bei der Abwicklungsagentur des Wirtschaftsservice – Kurzform AWS – ein. Es ist ein Zuschussvolumen von mehr als 2,24 Milliarden Euro beantragt. In der gestrigen Ausschusssitzung wurden folgende Zahlen bekannt gegeben: 59 000 Anträge, ein Zuschussvolumen von 2,4 Milliarden Euro, welches ein Investitionsvolumen von 22 Milliarden Euro auslösen wird.
Angemerkt sei, dass von Experten zur vorletzten Ausschusssitzung nachträglich in schriftlicher Form übermittelte Unterlagen nicht den Weg von der Vorsitzenden zu allen Fraktionen gefunden haben, obwohl dies zugesagt worden ist. Welch Zufall! Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt, und unglaublicherweise erhielten wir vor circa einer Stunde wie in der gestrigen Ausschusssitzung zugesagt die von Experten vorgetragenen Unterlagen zusätzlich in schriftlicher Form. Als gelernter Niederösterreicher ist man aber so einen Umgang der sogenannten ÖVP mit einem gewohnt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: He, he! – Widerspruch bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Kurz die Anträge nach Kategorie: 49 Prozent Standard, 29 Prozent Ökologisierung und 22 Prozent Digitalisierung. Anträge nach Unternehmensgröße: 64,8 Prozent Kleinstunternehmen, 18,2 Prozent Kleinunternehmen, 9,5 Prozent Mittelunternehmen und 7,5 Prozent Großunternehmen. (Bundesrat Schreuder: Was ist daran falsch?)
Zielverfehlung lautete zum Beispiel die vernichtende Kritik der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in ihrer Stellungnahme. Das Gesetz strotze nur so von unbestimmten und auslegungsbedürftigen Gesetzesbegriffen. Mit der Abwicklung würden nicht die Finanzämter, sondern das AWS beauftragt. Wieder einmal müsse die Finanz sensible Daten der Steuerpflichtigen außer Haus geben. Das sei Irrsinn und fördere wieder einmal mehr die Bürokratie. Nur eine Abarbeitung der Investitionsprämienanträge durch die Finanzämter sei vernünftig, und zwar in Form einer steuerlichen Investitionsförderung in engster Anlehnung an die Forschungsprämie mit Rechtsanspruch und Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Wirtschaftsministerin degradiert Unternehmer aber wieder einmal zu Bittstellern ohne Rechtsschutzmöglichkeiten, und für die Abwicklung dieses Bürokratieirrsinns verlangt das AWS auch noch ein Honorar von 20 Millionen Euro.
Derzeit kann das AWS keine Genehmigungen mehr aussprechen, da, wie vorhin berichtet, die Budgetmittel bereits erschöpft sind. (Bundesrat Köck: Das ist doch okay!) Im Sinne der beihilfenrechtlichen Qualifizierung als allgemeine Maßnahme ist es daher angezeigt, Budgetmittel in Höhe von maximal 3 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, sprich um eine weitere Milliarde aufzustocken.
Wichtig wäre auch, Frau Wirtschaftsminister, dass endlich eine Nachfolgeregelung für die am 31.12.2020 auslaufende Breitbandausbau-, sprich BBA-2020-Förderung fertiggestellt und beschlossen wird. Auch in diesem Punkt ist die türkis-grüne Bundesregierung säumig. Viele sehr notwendige Projekte liegen auf Eis. Wann, Frau Minister, kommen die BBA-2030-Förderkarte und die dazugehörigen Rahmenbedingungen, Fördersätze, Ausbaurichtlinien ins Plenum? Gerade jetzt, aber auch in Zukunft ist ein funktionierendes, ausreichend schnelles Internet für unseren Wirtschaftsstandort entscheidend und sichert viele Arbeitsplätze.
Ein kurzes Wort zur Wirtschaftskammer Österreich, die ja – meiner Meinung nach hätte sie das insgesamt nicht tun sollen – für die Auszahlung sämtlicher Zuschüsse und Förderungen, die zu spät, gar nicht oder wie auch immer angekommen sind, verantwortlich war. Sie haben noch am 17. April 2020 verkündet, dass sie sich daran beteiligen werden, indem sie weniger Gelder von uns Pflichtmitgliedern einheben, dass sie darauf verzichten. Irgendwie hat sich das auf die 200 Millionen Euro Grundumlage bezogen. Was ist passiert? – Neulich flattert in allen Unternehmungen in Wien und Niederösterreich ein Brief ins Haus. Sie verzichten mitnichten auf die Grundumlage, sie haben sie nur kurz ausgesetzt. Sie wollen sie jetzt nachbezahlt bekommen. Geht es den Unternehmen denn jetzt besser? – Ich glaube nicht. Geht es der Kammer gut? – Sehr gut.
Deswegen ist es extrem wichtig, dass die freien Wirtschaftsverbände wie der Handelsverband, die Industriellenvereinigung, die Tourismusvereinigung oder der österreichische Gewerbeverein stärker zum Zug kommen, die Pflichtbeiträge eines Tages wirklich reduziert werden und die Grundumlage ausgesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Nun noch kurz zum wesentlichen Inhalt des weiteren Verhandlungsgegenstandes, in dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 geändert werden: Das Anhalten der sogenannten Covid-19-Pandemie macht eine Verlängerung der diesbezüglichen Maßnahmen erforderlich. Damit soll sichergestellt werden, dass Wirtschaftstreuhändern und jenen, die einen Wirtschaftstreuhandberuf anstreben, keine Nachteile aufgrund der Covid-19-Pandemie entstehen.
Der § 239a Abs. 1 enthält die Ermächtigung zur Verlängerung der angeführten Fristen mittels Verordnung durch den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Die Absätze 3 und 5 verlängern die Möglichkeit, mündliche Prüfungen und Eidesabnahmen per Videokonferenz durchzuführen.
Zweiter Punkt: Auch Ziviltechnikern und jenen, die einen Ziviltechnikberuf anstreben, sollen keine Nachteile aufgrund der Covid-19-Pandemie entstehen. Der § 119 Abs. 1 enthält die Ermächtigung zur Verlängerung der angeführten Fristen mittels Verordnung. Die Absätze 2 und 3 verlängern die Möglichkeit, mündliche Prüfungen und Eidesabnahmen per Videokonferenz durchzuführen, das Gleiche im Artikel 3 in der Änderung des Bilanzbuchhaltungsgesetzes. Der § 75 enthält eine Ermächtigung der Frau Bundesminister zur Verlängerung der angeführten Fristen. Ziel der Regelung ist es, sicherzustellen, dass für Personen und Gesellschaften, die einen Bilanzbuchhaltungsberuf ausüben, keine Nachteile aufgrund der Covid-19-Pandemie entstehen.
Durch § 75 Abs. 2 wird die Fortbildungsverpflichtung der Berufsberechtigten für das Kalenderjahr 2021 um die Hälfte reduziert. Diese beträgt für gewöhnlich 30 Lehreinheiten für Bilanzbuchhalter und gewerberechtliche Geschäftsführer für Bilanzbuchhaltung und mindestens je 15 Lehreinheiten für Buchhalter und Personalverrechner beziehungsweise gewerberechtliche Geschäftsführer für Buchhaltung und Personalverrechnung. Diese Lehreinheiten werden durch den Besuch von Seminaren und Workshops erbracht; Selbststudium wird nicht akzeptiert. Da diese Seminare gegenwärtig nicht in ausreichendem Maß angeboten werden, ist eine Reduktion der Fortbildungsverpflichtung gerechtfertigt.
Diese Änderungen sehen wir positiv und werden keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der FPÖ.)
17.10
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.