17.39
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die Ausbildungspflicht für Jugendliche, also für Menschen bis zu einem Alter von 18 Jahren, wurde 2016 – meine Vorrednerin hat es schon gesagt – noch unter der SPÖ-ÖVP-Koalition beschlossen, und zwar mit dem Ziel, dass junge Menschen nach dem Pflichtschulabschluss jedenfalls noch eine Ausbildung abschließen, also dass sie, wenn sie weder in die Schule gehen können noch eine Lehrstelle haben, zumindest eine andere Ausbildung bekommen. Wir haben im Ausschuss erfahren, dass heuer bis Oktober ungefähr 3 800 Jugendliche von dieser Betreuungsmaßnahme erfasst waren und jetzt natürlich auch noch sind.
Mit 15, 16, 17 Jahren ist es generell nicht so leicht. Alle, die Jugendliche in diesem Alter kennen, wissen das. In diesem Alter zu wissen, was man will, was man werden will, ist schon schwer genug, und dann ist noch das heurige Jahr mitzubedenken. Selbst wenn man weiß, was man will, heißt das noch nicht, dass man auch die Möglichkeit findet, das zu verwirklichen und umzusetzen. Es zeigt sich umso mehr in der Krise, wie wichtig ein Ausbildungsabschluss, ein Schulabschluss, ein Berufsabschluss ist, denn wir haben gelernt: Je höher der Abschluss, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, aufgrund der aktuellen Krise den Job zu verlieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Das heißt, das Ziel muss immer sein, dass junge Menschen eine Ausbildung abschließen können, am besten eine konkrete Berufsausbildung. Der Fachkräftemangel – auch das wissen wir – ist enorm, wir können also alle gut ausgebildeten jungen Menschen gut gebrauchen.
Die Schulen müssen im Zusammenhang mit dieser Ausbildungspflicht melden, wenn eine Schülerin, ein Schüler am Standort abgemeldet oder angemeldet wird. Das ist wichtig für den Überblick, dass man einfach auch weiß, wie viele Plätze in anderen Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden müssen, wie viele es braucht. Recht schockiert hat mich trotzdem der Wert – auch das haben wir gestern im Ausschuss erfahren –, nämlich dass ein Viertel bis ein Drittel der Jugendlichen trotz aller Bemühungen nicht erreichbar ist. Das sind doch viele Hundert junge Menschen, von denen wir nicht wissen: Wie geht es ihnen? Was machen sie? Was werden sie aus ihrem jungen Leben machen?
Die Ausbildungspflicht ist nach wie vor eine sehr, sehr wichtige und gute Errungenschaft, und es gibt nun Nachbesserungen. Nach einigen Jahren gemachter Erfahrungen wird das nun sozusagen optimiert, was den bürokratischen Aufwand – meine Kollegin hat es schon gesagt – und was den Datenschutz betrifft. Es ist natürlich in Ordnung, dass man diese Dinge nachbessert, dem stimmen wir auch zu.
Frau Ministerin, wo aber aktuell wirklich der Hut brennt, das ist die Jugendarbeitslosigkeit. Da muss man sagen, dass man mit diesen Reparatürchen, die wir nun beim Ausbildungspflichtgesetz vornehmen, natürlich nicht das Auslangen findet. Diese kommen nicht bei den Jugendlichen an, die unsere Unterstützung jetzt so dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ.) Da braucht es eindeutig mehr. Es braucht größere Konzepte, es braucht weitreichendere Maßnahmen, die die jungen Menschen spüren, von denen sie in ihrem Alltag auch etwas merken. Wir haben aktuell um 26 Prozent mehr arbeitslose Jugendliche als noch vor einem Jahr, wir reden von 40 000 jungen Menschen, die betroffen sind. Frau Kollegin Holzner, ich bin mir nicht sicher, ob diese zufrieden sind, wenn man sagt: Auch früher war es schlecht!, das hilft diesen jungen Menschen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir brauchen konkrete Programme mit Zielen, mit Maßnahmen und mit konkreten Budgets. Jeder Tag, der verstreicht, an dem man zuwartet, ist ein verlorener Tag. Es geht um junge Menschen, die ihr Berufsleben vor sich haben. Es gilt nicht, zu sagen, es war leider auch früher einmal eine schlechte Zeit.
Junge Menschen befinden sich in einem Lebensabschnitt, in dem sie sozialisiert werden, in dem sie ihre Identität finden, und die Ausbildung und die Bildung spielen dabei eine extrem wichtige Rolle. Wir wissen auch aus langjährigen Erfahrungen, dass Arbeitslosigkeit in der Biografie sozusagen Narben hinterlässt, in der Wissenschaft heißt das scarring effects. Diese bewirken im späteren Leben, dass es zu einer geringeren Lebens- und Arbeitszufriedenheit, auch zu einem schlechteren Gesundheitszustand und zu geringeren Einkommenschancen kommt, und es kann auch zu einem erhöhten Arbeitslosigkeitsrisiko führen. Das heißt, man befindet sich in einem Teufelskreis. Je früher man Erfahrungen mit der Arbeitslosigkeit macht, desto größer ist das Risiko, in einem Teufelskreis gefangen zu werden.
Das ist die individuelle Ebene, aber auch aus volkswirtschaftlicher Sicht muss man sagen, dass wir uns diese Folgen von Jugendarbeitslosigkeit auf Dauer nicht leisten sollten, denn die Kosten der Nichtintegration von Jugendlichen ins Ausbildungs- und ins Beschäftigungssystem betragen allein in Österreich viele, viele Millionen Euro pro Jahr. Es wird also deutlich, dass eine konsequente Unterstützung des Staates und der Regierung für diese jungen Menschen, für diese Zielgruppe unerlässlich ist, um diesen jungen Menschen eine Perspektive zu geben, aber auch um uns als Land vor den Folgekosten zu bewahren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.45
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort.