15.46

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die über den Livestream zugeschaltet sind! Frau Kollegin Schu­mann, ich habe Ihren Ausführungen natürlich sehr, sehr genau gelauscht, und ja, da haben Sie mit einigen Ausführungen schon recht, vor allem, was diese letzten Monate anbelangt und diese schwere Zeit der Pandemie in den Spitälern, in den Ordinationen und auch darüber hinaus. Das eine oder andere Detail, glaube ich, müsste man aber schon noch konkretisieren und da und dort nachschärfen. Dazu komme ich dann aber noch kurz.

Ich möchte, bevor ich zu meinen Ausführungen komme, wirklich noch einmal einen Dank aussprechen – ich sage immer, man kann nie genug danken, vor allem in Zeiten wie diesen –, vor allem unserem Personal in den Spitälern, in den Pflegeheimen, in den Or­dinationen, allen Ärztinnen und Ärzten, Schwestern und vielen anderen. Es sind da Worte nie genug und Worte reichen oft nicht (Bundesrätin Schartel: Die reichen nicht!), umso mehr begrüße ich aber diesen Bonus, den Korinna Schumann auch angesprochen hat, in der Höhe von 500 Euro für das Gesundheits- und Pflegepersonal. Ich glaube, das ist wirklich eine Wertschätzung, das ist ein schönes Signal und ein wichtiger Schritt, der hier gesetzt wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Thema weiß ich wirklich, wovon ich spre­che. Ich habe von Dienstag auf Mittwoch, also von vorgestern auf gestern, selbst Dienst gehabt, 25 Stunden, und da war alles dabei, was so ein Dienst in der NFA bietet – vom Herzinfarkt über Blutdruckkrisen bis hin zu einem Sonnenbrand. Das habe ich nicht nachvollziehen können, weil es drei Tage durchgeregnet hat, aber es gibt in der Medizin nichts, was es nicht gibt. (Bundesrätin Schartel: Solarium!) Du weißt es, sehr geehrter Herr Bundesminister.

Ich will Ihnen einfach nur kurz erklären, wie so ein Dienst aussieht: Wir Ärztinnen und Ärzte – bei diesem KA-AZG geht es ja in erster Linie um das ärztliche Personal – kom­men in der Früh ins Spital, arbeiten dann, und ab 15, 15.30, 16 Uhr – in Wien aufgrund anderer Dienstzeitlegenden etwas früher – geht der Großteil der Mannschaft nach Hau­se und ein kleiner Teil bleibt als sogenannte Dienstmannschaft im Spital, um Dienst auf der Intensivstation, der Notfallambulanz oder wo auch immer zu versehen. Das ist dieser sogenannte Journaldienst. Das sind 24 Stunden – wenn ich zum Beispiel sage: von Dienstag auf Mittwoch. Da ist jede Stunde eine Arbeitsstunde und das ist auch gut so, das ist auch richtig so. Wenn ich jetzt hergehen und sagen würde: Ich mache von Montag auf Dienstag so einen Dienst und dann vielleicht noch von Donnerstag auf Freitag, dann wären die 48 Stunden erfüllt und ich hätte keine Möglichkeit mehr, noch an dem einen oder anderen Tag im Spital tätig zu sein.

Da komme ich jetzt nämlich zu einer Nachschärfung, Frau Kollegin Schumann, weil Sie immer von den 55 und 60 Stunden gesprochen haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Die Höchstarbeitszeit sind natürlich 48 Stunden. Das ist das, was in der EU-Arbeitszeitrichtlinie steht: 48 Stunden. Wenn aber eine Betriebsvereinbarung vor­herrscht, unterschrieben vom Betriebsratsvorsitzenden und dem Spitalsärztevertreter, und wenn eine individuelle Zustimmung vorliegt – das heißt, ich muss proaktiv als Ärztin oder als Arzt sagen: Ja, ich bin bereit, die eine oder andere Stunde über die 48. Stunde hinaus zu arbeiten –, dann ist es im Augenblick möglich, 55 Stunden zu arbeiten. Ich weiß nicht nur als Arzt, wovon ich da spreche, sondern ich war damals 2014 als Mitglied der Bundeskurienspitze und Vorstandsmitglied der ÖÄK dabei, als wir das mit Rudolf Hundstorfer verhandelt haben – jemand, den ich übrigens sehr geschätzt habe und der immer auf Augenhöhe mit der Ärzteschaft verhandelt hat. Das war natürlich ein ambi­tioniertes Ziel, zu sagen: bis 2018 60 Stunden. Es kam dann die erste Reduktion – du erinnerst dich, Herr Bundesminister – ab 2018 auf 55 Stunden. Diese Hürde haben wir auch gemeinsam genommen, vor allem durch die Mithilfe der Bundesländer. Dann war das Ziel, 2021 auf die 48 Stunden zu kommen.

Ich habe mir die Zahlen und auch die erhobenen Zahlen der Ärztekammer sehr genau angeschaut: Es sind im Augenblick – und da ist Wien gar nicht dabei, weil Wien aufgrund anderer Dienstberechnungen, wie schon erwähnt, das Opt-out nicht benötigt, da kann man gratulieren – 27 Prozent der österreichischen Ärztinnen und Ärzte, die dieses Opt-out überhaupt ziehen. Da sind die Gründe mannigfaltig. Man kann zum Beispiel sagen: Ich bin jung und will ein bisschen mehr machen und will im Spital ein bisschen mehr sehen. Oft ist es in den Sommermonaten, weil man sagt, da kann der eine oder andere länger auf Urlaub gehen.

Was wir jetzt mit diesem Gesetz tun wollen und müssen, ist nichts anderes als das, was damals vereinbart wurde, nämlich bis 2025 zu verlängern, und dann wird eine Reduktion auf 52 Stunden in der Woche eintreten, die dann noch für drei Jahre laufen soll. Ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin Schumann: Es ist am Ende des Tages ein Kompromiss. Es ist ein Kompromiss zwischen auf der einen Seite den Notwendigkeiten und Anforderun­gen, die wir eben in unseren Spitälern haben, und auf der anderen Seite der Arbeitszeit unserer Ärztinnen und Ärzte. Was wir, glaube ich, alle nicht vergessen dürfen, heute hier herinnen, wenn es dann zur Abstimmung kommt: Es geht am Ende des Tages um nicht mehr und nicht weniger als um unser solidarisches Gesundheitssystem und darum, dass die Versorgungssicherheit sichergestellt ist, denn wenn dieser Antrag heute nicht im positiven Sinne verabschiedet wird, sind die Dienstpläne ab Juli in den Müllkübel zu schmeißen. Die Dienste können dann im Juli nicht in der Form, wie sie derzeit geplant sind, abgehalten werden. Da möchte ich dann nicht im Erklärungsnotstand sein. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ich habe in den letzten Tagen und Wochen mit vielen Vertretern aus der Ärztekammer und in der Ärztekammer – das ist das, wo ich herkomme – quer durch ganz Österreich gesprochen. Jetzt ist schon klar: Da ist niemand in Jubel ausgebrochen. Da hat niemand geklatscht und gesagt: Na, super, Gott sei Dank. Es war aber, und das habe ich überall quer durch ganz Österreich geortet, eine Bereitschaft da, diesen Kompromiss mitzutra­gen und es war auch ein Verständnis für die Versorgungsnotwendigkeit da.

Ich möchte auch schon zum Ende kommen und, bevor ich einen Antrag einbringe, noch ein letztes Mal einmahnen, gerade hier für uns im Bundesrat heute: Wir sind die Länder­kammer und gerade als Vertreter der Länderkammer muss ich sagen, dass alle Bundes­länder, auch quer durch alle politischen Couleurs, gefordert haben, dass es diese Rege­lung, wie es sie jetzt gibt, in der einen oder anderen Form noch für ein paar Jahre geben soll (Bundesrat Steiner: Nein, nein, nein, ...! – Zwischenruf bei der SPÖ), weil das für unser solidarisches Gesundheitssystem wichtig ist, weil es für unsere Versorgungswirk­samkeit wichtig ist. Das ändert nichts daran, dass das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist – keine Frage. Wir müssen hart weiterarbeiten, damit die Bedin­gungen besser werden. Wir müssen hart daran arbeiten, dass wir dieses Ziel 2025 mit der nächsten Reduktion dann für die nächsten drei Jahre schaffen. Unser Bundesminis­ter hat das schon angekündigt und da sind wir als Ländervertreter auch entsprechend gefordert.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf zum Ende kommen und einen Antrag stellen:

Antrag

der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen zum Beschluss des Nationalrates vom 20. Mai 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kran­kenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird, in der 926. Sitzung des Bundesrates:

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“

*****

Ich bitte Sie um Ihre diesbezügliche Zustimmung, um unser solidarisches Gesundheits­system weiterhin aufrechterhalten zu können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.55

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung einge­brachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 20. Mai 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenan­stalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.