19.38

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Tourismus, in der Tourismuswirtschaft ist die Stimmung gekippt. Ich habe da (auf sein Manuskript deutend) geschrieben, sie ist am Kippen, aber sie ist gekippt, denn wenn man die Zeitungen und die Fachzeitschriften hernimmt, sieht man: Am 16. November hat der Fachverband Hotellerie der Wirtschaftskammer Öster­reich scharfe Kritik an dieser Regierung geübt. So gesehen trägt der Virus Schwarz-Grün.

Dr. Kornhäusl hat heute gesagt, dass wir Sozialdemokraten nicht alles wissen und nicht alles können. Was wir aber sehen, Herr Kollege, ist, dass sich Österreich in einem neuer­lichen Lockdown für Ungeimpfte und Geimpfte befindet, und wir können nicht abschät­zen, wann das zu Ende geht. Ich glaube auch nicht, dass das am 12. Dezember der Fall sein wird. Da müssten wir aber schon eine Glaskugel haben.

Diese Maßnahmen – darüber zu sprechen, ob wir die Impfpflicht einführen und ob diese katastrophale Coronasituation, in der sich unser Land befindet, mit jenen Maßnahmen, die bis jetzt gesetzt worden sind, in weiterer Folge für uns doch so unausweichlich ist – hat die internationale Presse ja kommentiert. Das ist ganz interessant, darüber ist heute auch einmal ganz kurz gesprochen worden. Als „Bankrotterklärung“ und „Ausdruck völ­liger Ratlosigkeit“ der Regierung bei uns in Österreich hat es etwa die „Neue Zürcher Zeitung“, eine Schweizer Zeitung, um nur ein Beispiel zu nennen, bezeichnet.

Das ist sicherlich keine herausragende Situation, wie wir dargestellt werden. Nein, das wollen wir alle nicht. Deshalb gilt es jetzt, vieles zu tun, um gemeinsam in die richtige Richtung zu kommen. Auch dass wir mit den Infektionszahlen an der Weltspitze liegen, ist heute schon gesagt worden, und dass wir gezwungen sind, in den Kliniken in weiterer Folge womöglich Maßnahmen zu setzen, die wir alle nicht wollen.

Das sind Fragen, die wir dieser Regierung stellen und die sie sich auch gefallen lassen muss, denn noch vor wenigen Wochen wurde von der Regierungsseite die Pandemie eigentlich für beendet erklärt. Was mich an dieser gesamten Situation so ärgert, ist – um jetzt nicht noch einmal zu formulieren, was schon gesagt worden ist –, dass man im Sommer mit einer Riesenkampagne mit folgendem Inhalt aufgestanden ist – seien es jetzt Plakataktionen, seien es Inserate –: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft: Endlich wieder“ frei, endlich wieder „miteinander.“

Das war natürlich eine Geschichte, die man erzählen wollte. Es ist heute auch schon gesagt worden, dass hinsichtlich Marketing dort scheinbar Profis am Werk sind. Das ist nach hinten losgegangen, werte Kolleginnen und Kollegen, weil das Ganze so monoton vom Bundeskanzler, vom neuen Bundeskanzler, auch von Bundesministerin Köstinger und allen Ministerinnen und Ministern verbreitet worden ist. Ich frage mich wirklich: Was hat diese Aktion gekostet? – Das werden wir sicher noch einmal hinterfragen. – Was hat diese PR-Aktion gekostet, die in die falsche Richtung gegangen ist, weil der damalige Bundeskanzler Kurz und die Seinen damit einen permanenten Wahlkampfmodus aufge­zogen haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben damit einen permanenten Wahlkampfmodus aufgezogen, ohne klare Strate­gien zu kommunizieren, möglichst übersichtliche, überschaubare Regeln zu schaffen und mit überzeugenden Kampagnen für eine Steigerung der Impfbereitschaft zu sorgen. Wenn alles Geld, das da für persönliche Interessen ausgegeben wurde  um Wahlkampf bis nach Oberösterreich, wo Wahlen waren, zu führen , für die Impfbereitschaft einge­setzt worden wäre, würden wir heute vielleicht über andere Dinge diskutieren und nicht hier stehen, um alles, was danebengegangen ist, zu beleuchten.

Es ist erstaunlich, mit welcher Konsequenz die Warnungen von ExpertInnen ignoriert wurden, wie wissenschaftliche Expertisen sogar lächerlich gemacht worden sind. Kolle­ge David Egger hat es schon gesagt: Landeshauptmann Haslauer hat sich da besonders hervorgetan und den Lockdown als eine abstruse Idee der Virologen bezeichnet. (Bun­desrätin Zwazl: Das stimmt ja gar nicht! Was tun wir?) – Ja, es ist einfach so gewesen, es hilft ja nichts! (Bundesrätin Zwazl: Ja, aber jetzt müssen wir in die Zukunft schauen!) – Ja, natürlich schauen wir in die Zukunft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Kollegin Zwazl, ich würde ja auch gerne in die Zukunft schauen, wenn diese so rosig wäre, wie wir uns das vorstellen oder wie ihr euch das vorstellt! Ihr habt uns in der Vergangenheit aber auch am Weg liegen lassen, ihr habt uns nicht informiert, ihr habt uns teilweise vorgeführt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie auch immer – ist halt so, ihr seid in der Regierung –, die Situation hat sich jetzt insofern geändert, dass wir versuchen, diese Versäumnisse, für die ihr verantwortlich seid, heute an dieser Stelle nachzuweisen. Diese glatten Versäumnisse – das türkis-grüne Totalversagen beim Coronamanagement – sind einfach so deutlich, dass man sie den Menschen vor Augen führen muss. Mir fällt immer wieder dieser Spruch ein, er geht mir nicht aus dem Kopf: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft“. – Das ist leider Gottes so paradox, wenn man das jetzt im Rückblick betrachtet. Wie gesagt wäre das Geld besser eingesetzt gewesen, wenn man sich um Impfkampagnen bemüht hätte.

Was aber die Tourismuswirtschaft anbelangt – das ist ein Teil davon, über den ich kurz reden will –, so trifft es diese jetzt besonders hart. Ich hoffe nicht, dass unser klassisches Tourismusland nach Ischgl nun neuerlich den Ruf des Coronahotspots Europas be­kommt. Das hat sich die Tourismuswirtschaft nicht verdient. Die Reisewarnungen, die derzeit abgegeben werden, vor allem in Deutschland, sind eigentlich katastrophal für uns. Wenn man sich im touristischen Bereich die Stornowelle – ich rede jetzt nur von Weihnachten, nicht von der gesamten Wintersaison – anschaut, dann stellt man fest: Sie liegt zwischen 50 und 80 Prozent. Man muss dabei eines noch bedenken – wir reden ja vom Winter –: In Südtirol und in Frankreich sind die Inzidenzen deutlich niedriger als bei uns in Österreich. Das heißt, die Menschen, die Urlauber aus den Herkunftsländern, werden an uns vorbeifahren und unsere Bundesländer zumindest zu Weihnachten nicht besuchen.

Ich muss wirklich sagen – und das ärgert mich schon auch –, dass Frau Bundesminister Köstinger daran eine große Schuld trägt, weil sie sich im Laufe der Zeit immer an diese Politik gehalten hat, bis zum Schluss zu verteidigen, wie gut es uns geht, aber nicht an den Tourismus gedacht hat, daran, dass diesem jetzt in dieser Situation, so kurz vor Weihnachten, unter Umständen großer Schaden zugefügt wird.

Anstatt sich um die Tourismusangelegenheiten zu kümmern – das haben wir heute auch gehört, ich habe mir das noch einmal herausgeschrieben –, hat sie die Stadt Wien – (erheitert) es ist wirklich zum Lachen –, diese strengen Maßnahmen vom Herrn Landes­hauptmann beziehungsweise Bürgermeister angekreidet und es so hingestellt, dass er Verwirrung stiftet; das ist eigentlich so absurd. Rückblickend sehen wir jetzt, dass alles, was da gemacht worden ist, in die positive Richtung gegangen ist.

Wir wissen auch, dass sie, um abzulenken, letzte Woche kurzfristig eine Pressekonfe­renz gegeben hat, bei der sie gesagt hat: Das ist ein guter Tag für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich! – Gerade das war ein Tag, an dem die Intensivmediziner darauf hingewiesen haben, welche Problematik es gibt. Man hat wieder versucht, vom Thema abzulenken, und das ist eigentlich die Katastrophe an dieser Situation.

Wenn ich mir anschaue, wie der Herr Bundeskanzler den Gesundheitsminister bezüglich der Nachtgastronomie korrigiert hat: Da ist sie sofort aufgesprungen und hat mit fest­gestellt, sie halte überhaupt nichts von der Wortmeldung des Gesundheitsministers, und sie sehe das im Grunde genommen ganz anders. Sie hat sich also in Dinge eingemischt, die sie im Grunde genommen gar nichts angehen, und hat die Tourismuswirtschaft ein­fach vergessen, denn da hätte man sehr viele andere Dinge machen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wollte eigentlich nur noch kurz etwas zum Thema Hotellerie sagen; ein Sprecher der Kärntner Gastrobetriebe ist richtig zornig und wütend und hat einfach noch einmal dargestellt, was alles schiefgelaufen ist. Dieser Zorn und die Wut und die vielen Sorgen bei den Kärntner Wirten haben dazu geführt, dass man wirklich noch einmal darauf hin­gewiesen hat. Hoffentlich setzt der Herr Finanzminister das dann schlussendlich um: Kurzarbeit, die Nettoersatzrate von 100 Prozent, die 5 Prozent Umsatzsteuer und so weiter – das alles ist gefordert worden. Wovor er noch gewarnt hat – das ist sicher nicht von der Hand zu weisen –: dass es unter Umständen eine Schattengastronomie gibt, die in Partykellern stattfindet. Wir hoffen, dass das nicht der Fall ist, ausschauen tut es teil­weise so; so habe ich das zumindest gehört.

Ich glaube, dass die Regierung unter den Bundeskanzlern Kurz und Schallenberg die Bevölkerung zu lange getäuscht und sie in falscher Sicherheit gewiegt hat. Die man­gelnde Vorbereitung, das Verordnungs- und Richtlinienchaos und die widersprüchliche Kommunikation der Regierung haben zur vierten Welle mit diesen hohen Infektionszah­len geführt. Wir wissen, dass die Krankenhäuser und die Intensivstationen voll sind, dass Österreich wieder voll im Bann der Coronapandemie ist.

Die uneinige Regierung ist mit sich selbst beschäftigt, und andere wichtige Themen drin­gen kaum durch: Das Budget – letzte Woche wurde es hier herinnen diskutiert – ist kaum durchgedrungen, außer man hat es im Fernsehen gesehen; in der Zeitung hat man nicht viel darüber gelesen. Die Weltklimakonferenz hat vor zwei Wochen stattgefunden. Wer hat etwas über die Weltklimakonferenz gehört oder gelesen, außer dass die Chinesen mit den Amerikanern verhandelt haben? Sie haben nicht betreffend die Klimakonferenz verhandelt, sondern sie haben sich in anderen Bereichen telefonisch gefunden. Und es redet kein Mensch über die wachsende Armut der Bevölkerung. Das ist ja wohl wirklich das Schlimmste! Heute ist es an dieser Stelle oft zum Thema gemacht worden, von allen, die in diesem Raum sitzen. Wenn ich mir anschaue, dass vor allem einkommensschwa­che Haushalte unter dieser Krise leiden – unter den Mietkosten, die erhöht worden sind, unter den Energiekosten, die auf sie zukommen –: Was werden denn diese Menschen machen, wenn wir ihnen in Zukunft nicht helfen?

Wir werden uns dessen verstärkt annehmen müssen! Wir werden uns dessen so an­nehmen müssen, wie wir uns um die Wirtschaft angenommen haben. Da haben wir die Körperschaftsteuer gesenkt (Beifall bei der SPÖ), die irgendwann einmal, im Jah­re 2023, glaube ich, von 25 auf 23 Prozent gesenkt wird. Wir haben die Investitionsprä­mie eingeführt – 14 Prozent. Das ist alles gut und richtig, natürlich sollen die Unterneh­mer das haben, aber denken wir bei dieser Gelegenheit in diesen Pandemiezeiten bitte auch an die Ärmsten der Armen: Denen muss auch geholfen werden!

Zum Schluss noch: Die Kollegen von den Freiheitlichen kann ich nicht einfach so außer Acht lassen. Dr. Kornhäusl hat es eh gesagt: Also das mit eurem Wurmmittel (Bundesrat Schennach: Pferdewurmmittel!), das ist für mich unverständlich. (Bundesrat Steiner: Kennst dich nicht aus!) Kollege Kornhäusl hat es gut berichtet. (Bundesrat Spanring: Tu einmal recherchieren, bevor du jetzt was Falsches sagst! Tu vorher recherchieren! Sag dann was!) – Nein, ich brauche nichts zu recherchieren, ich brauche nur das wiederzu­geben (Bundesrat Spanring: ... was in der Zeitung steht!), was Herr Kickl oft genug ge­sagt hat: dass die Menschen das verwenden sollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wo das hingeführt hat, im Übermaß, wissen wir: Zwei sind gestorben. Das wissen wir, es sind zwei gest- - (Bundesrat Spanring: Stimmt ja nicht!) – Ah so, nicht gestorben? Was dann? (Bundesrat Steiner: Wir haben’s gleich! – Bundesrat Spanring: Ja, es stimmt einfach nicht!) – Also es stimmt nicht? (Bundesrat Spanring: Nein, ich kann mit Schlaf­table- -! Schau, die Dosis macht das Gift, das wirst ja wohl wissen!) – Okay, wie auch immer, ich kann es auch nur aus der Zeitung berichten. (Bundesrat Spanring: Ja, genau! – Bundesrat Steiner: Ja, super! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich war ja nicht dabei, ich war genauso wenig dabei (Bundesrat Spanring: Dann informier dich ...!), wie wenn ihr darüber redet, ob Menschen geimpft werden sollten oder nicht geimpft werden sollten.

Tatsache ist, dass in den Zeitungen wiedergegeben worden ist – nicht nur in einer, son­dern in vielen anderen auch –, dass zwei Menschen in Oberösterreich an einem Über­maß dieses Mittels gestorben sind. (Bundesrat Spanring: Eine Familie in Oberöster­reich! Fakenews!) – Eine Familie, ja, wie auch immer. (Zwischenruf bei der FPÖ. – Bun­desrat Spanring: Es stimmt, es steht in der Zeitung, ist leider falsch!) – Ich weiß, dass euch das nicht gefällt. (Bundesrat Spanring: Nein, das stimmt! Es ist in den Zeitungen gestanden, aber es ist falsch!) – Mich würde interessieren, ob sich der Chef selbst auch mit diesem Zeug behandelt. (Bundesrat Spanring: Das weiß ich nicht!) – Okay, wie auch immer.

Es ist so, wie es ist. Man sollte in dieser Pandemie angesichts dieser Grauslichkeiten nicht versuchen, den Menschen zu erzählen, dass es irgendetwas gibt, das ihnen hilft – Ivermectin, wie auch immer.

Das ist ja nicht das Einzige, und das will ich euch auch sagen: Ich habe bei der De­monstration, die am Samstag stattgefunden hat, mitbekommen, wie sich der Generalse­kretär, Herr Michael Schnedlitz, dort verhalten hat: dass er so stolz ist, dass er jetzt in seinem Heimatland reden darf (Bundesrat Steiner: Das war nicht der Schnedlitz! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser); nicht als Parlamentarier, sondern als Bürger (Bundesrat Steiner: Ja!), hat er gesagt – ich zitiere –: „Ich bin hundertmal lieber bei euch als bei denen“ – bei euch, bei uns – „im Parlament“. – Das hat er den Zuhörern zugerufen. (Beifall bei der FPÖ.) – „Sie sind eine Handvoll Politiker, ihr seid das Volk.“ – Sie sind eine Handvoll Politiker, ihr seid das Volk! Am Monatsende hole ich aber schon im Parlament den fünfstelligen Betrag, den ich im gesamten Monat verdient habe, ab! Also so kann es doch bitte nicht sein! (Bundesrat Spanring: Ich bin vierstellig! Wenn du fünfstellig bist ...! – Ruf bei der FPÖ: Musst roter Bundesrat werden!) Das ist nicht nur scheinheilig, das ist nicht der richtige Ansatz.

Ich kann es nur noch einmal zusammenfassend feststellen: Angesichts der derzeitigen Situation und allem, was wir heute gehört haben, kann und muss von einem Generalver­sagen – insbesondere der Regierung – auf allen Ebenen gesprochen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

19.56

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte.