10.52
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Ich möchte mich Ihren Worten anschließen, dass wir alle versuchen sollten, in unseren Worten der Würde des Hauses zu entsprechen. Ich werde das zumindest in meiner Rede im besten Sinne zu tun versuchen, auch wenn es manchmal etwas schwer fällt, weil mir jetzt auch andere Wörter einfallen würden als die, die ich verwenden werde. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Die kennen wir schon!)
Herr Kollege Steiner, vielleicht nur ganz kurz, da Sie ja gesagt haben, Sie seien nur wegen des Anstands und nicht so gerne hier (Bundesrat Steiner: Zuhören! Sitzengeblieben während der Erklärung!): Sie sind hier, weil der Tiroler Landtag Sie entsandt hat und der Steuerzahler Sie dafür bezahlt. Wenn Sie darunter leiden, hier zu sitzen: Es gibt einen Ersatzkandidaten, gewählt vom Tiroler Landtag, dann lassen Sie doch ihn hierherkommen! (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Das tät euch so passen! – Bundesrat Bernard: Das glaube ich, dass euch das gefallen würde! – Heiterkeit bei der FPÖ.)
Ich habe mir bei den Worten „Hochmut kommt [...] vor dem Fall“ gedacht, ich würde gerne in der Mitte sitzen und dort einen Spiegel hinstellen. Das ist mir nur eingefallen. Eines muss man schon auch sagen: Außer Poltern, rüpelhaftem Verhalten, einer Politik, die ich jetzt einmal Hooliganismus nennen möchte, habe ich keinen einzigen Vorschlag, keine einzige Idee gehört. (Bundesrat Ofner: Ja, da musst du einmal die Anträge sinnerfassend lesen! Anträge sinnerfassend lesen hilft!) Sie haben kritisiert, dass es keine Visionen und keine Zukunftsprojekte gäbe. Ich habe in dieser Erklärung von der Regierungsbank auf jeden Fall mehr Visionen und mehr Zukunftsprojekte gehört als von Ihnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Im Übrigen noch ein Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Es ist die achte Regierungserklärung im Bundesrat. (Heiterkeit des Redners. – Bundesrat Steiner: Der Herr Vizekanzler hat gesagt, die 15.!)
Zu Frau Kollegin Schumann und ihrer Aussage, dass wir keine Entlastung zustande brächten, möchte ich auch noch kurz Stellung nehmen: Der Herr Vizekanzler hat ja eindeutig gesagt, dass wir derzeit das dritte Entlastungspaket verhandeln und dass wir das auf jeden Fall vor dem Sommer einbringen möchten. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich möchte schon auch betonen, dass die ökosoziale Steuerreform, die wir geschafft haben, die größte Entlastung für niedrige Einkommen zuwege gebracht hat, wie es Bundesregierungen auch mit sozialdemokratischer Beteiligung jahrzehntelang nicht geschafft haben. (Beifall bei BundesrätInnen der Grünen.)
Zudem möchte ich die Behauptung, wir würden nichts für Frauen und in der Frauenpolitik machen, zurückweisen, denn die Budgetmittel waren noch nie so hoch wie jetzt. Ich möchte nur beispielsweise das Gewaltpaket nennen, das wir hier schon oft diskutiert haben.
Bevor ich aber die neuen Regierungsmitglieder willkommen heiße, möchte ich mich natürlich auch von den Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck verabschieden und Danke sagen. Ich habe vor allem Kollegin Schramböck persönlich ganz gut kennengelernt, weil ich ja das Thema Digitalisierung bei den Regierungsverhandlungen auch mit ihr verhandeln durfte. Man glaubt ja eigentlich gar nicht, dass das zweieinhalb Jahre her ist. Ich habe das Gefühl, es ist sehr, sehr lange her, weil diese Regierung einfach mit Herausforderungen konfrontiert war, die keine einzige Bundesregierung nach dem Zweiten Weltkrieg bewältigen musste. Das muss man einfach auch einmal in dieser Deutlichkeit sagen.
Eines möchte ich auch sagen, was ich durchaus auch Menschen sage, die ich gut kenne, und das geht an alle Seiten. Es ist ein Thema, das mich schon beschäftigt, seit ich in der Politik bin, das ich, damals noch als Mitarbeiter der späteren Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, erleben durfte: Kritik an Frauen und an Politikerinnen wird anders formuliert als Kritik an männlichen Politikern. Das ist ein Problem, das wir haben. Dem müssen wir uns stellen, denn das finde ich nicht in Ordnung. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Umso mehr möchte ich natürlich die neuen Bundesregierungsmitglieder begrüßen, insbesondere auch die Frauen, die sich genau diesen anderen Zuschreibungen, gegen die man sich auch wehren muss, zusätzlich stellen müssen. Darum finde ich es umso mutiger. Ich habe gerade mit Frau Kollegin Zwazl darüber geredet, ob wir den Job haben wollen würden, und ich denke mir manchmal: Nein! Es ist ein harter Job (Bundesrätin Zwazl: Wir bewerben uns nicht!), den sie in einer Zeit haben, in der so unfassbar vieles passiert – ich habe es schon gesagt –, in der wir mit Herausforderungen konfrontiert sind, die wirklich keine Bundesregierung je hatte: die Klimakrise, die unvermindert in voller Brutalität weitergeht; die Pandemie haben wir hier schon oft genug besprochen; ein Angriffskrieg mitten in Europa, so wie ich es mir nicht vorstellen konnte, dass ich es je einmal erleben muss – seit 2014 übrigens, aber jetzt mit einer Brutalität, die unfassbar ist; und natürlich durch die Verknappung eine Inflation und eine Preissteigerung, die weltweit stattfindet und nicht nur auf Österreich beschränkt ist.
All diese Themen hängen trotzdem zusammen, und so sehr ich weiß, wie wichtig es ist, dass wir in einer Demokratie um die besten Ideen und Konzepte streiten, brauchen wir da schon auch einen Zusammenhalt – das geht von Gemeinden, das geht von Kommunen, das geht von den Bezirksvertretungen zu den Ländern, das geht zum Bund, das geht zu uns in den Bundesrat genauso wie insbesondere auch nach Europa. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Ich sage es noch einmal: Wenn Diskussionen eher auf rüpelhafte und Hooliganismusweise gemacht werden, dann ist das nicht förderlich, dann werden wir diese Krise nicht bewältigen. Kämpfen wir wirklich um die besten Ideen, streiten wir um die besten Ideen! Streit ist etwas Gutes in der Demokratie, aber Streit des Streites wegen zu leben, ist nicht gut für die Demokratie.
Um vielleicht bei den Ministern zu bleiben: Herr Kollege – nein, nicht Herr Kollege, ich bin ja kein Minister (Heiterkeit des Redners) –, Herr Minister Totschnig, herzlich willkommen im Bundesrat! Mein Kollege Andreas Lackner, der ja selbst ein Landwirt ist, wird dann zu diesen Themen noch deutlicher und länger sprechen. Ich kenne mich da nicht so gut aus, ich freue mich aber auf jeden Fall auf die Zusammenarbeit. – Herzlich willkommen!
Herr Minister Kocher, wir kennen uns natürlich schon von hier aus dem Haus. Sie haben jetzt neue Herausforderungen durch die zusammengekommenen Aufgaben Arbeit und Wirtschaft. Sie wissen – auch wir bei den Grünen haben sehr viele Mails bekommen –, dass Wirtschaft und Arbeit zusammen in einem Ministerium sind, wird von vielen kritisch gesehen. Ich habe gehört, dass Sie das begreifen und aufnehmen wollen und auch ganz bewusst danach handeln wollen. Das begrüßen wir. Es sind enorme Herausforderungen, die vor uns stehen – die Klimakrise, der Krieg, die Teuerung, die Inflation –, die natürlich auch in den Bereich Wirtschaft und Arbeit übergehen. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute und freue mich auch in dieser neuen Zusammensetzung auf die Zusammenarbeit!
Auch den Staatssekretärinnen und dem Herrn Staatssekretär, Susanne Kraus-Winkler, Florian Tursky und Claudia Plakolm, wünsche ich mit neuen Aufgaben beziehungsweise als neue Gesichter alles erdenklich Gute!
Frau Kraus-Winkler, Sie kommen ja aus der Wirtschaft, aus der Gastronomie. Was mir in Ihrer Biografie besonders aufgefallen ist, ist, dass Sie auch auf europäischer Ebene in einer Interessenvertretung agiert haben, Sie waren die Präsidentin vom Europäischen Dachverband. Das finde ich eine sehr wichtige Erfahrung, die Sie hier einbringen können, weil gerade diese wirtschaftlichen Themen und Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben, in einem ganz starken Ausmaß auch auf europäischer Ebene zu diskutieren und zu lösen sind.
Da freut es mich sehr, dass Sie sich als Expertin einbringen können, auch wenn natürlich ein Staatssekretariat oder ein Ministerium nicht nur eine Interessenvertretung ist, sondern es dort um den Ausgleich von Interessen geht. Genau das ist aber das Spannende an Ihrer Aufgabe, vor allem auch, weil sich der Klimawandel direkt auf den Tourismus auswirkt. Besonders in einem Winterland wie Österreich ist das ja ein besonders herausforderndes Thema. Auch dafür kann ich Ihnen nur alles Gute wünschen! (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Die Frage der Digitalisierung – das geht auch an Sie, Herr Staatssekretär Tursky – ist ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Das ist auch eine ganz entscheidende wirtschaftliche Frage der Zukunft, aber eben nicht nur eine wirtschaftliche. Da geht es auch um Themen, die ethischer Natur sind. Die Ethik der Digitalisierung wird eine ganz große Herausforderung der Zukunft sein. Man vergisst ja bei all diesen Krisen, dass die Digitalisierung auch so eine enorme neue Herausforderung ist, die eigentlich mit genauso einer Wucht unser Leben verändert. Die Datenschutzfragen, Datensicherheitsfragen und auch die Strategie, welche Rolle Europa in einer globalisierten und digitalisierten Welt einnimmt, werden sehr entscheidende Zukunftsthemen sein.
Frau Staatssekretärin Plakolm möchte ich vor allem jetzt zu Beginn des Pride Month ein Dankeschön ausrichten, dass Sie geholfen haben, der Debatte rund um die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern beim Blutspenden eine neue Richtung und einen neuen Schwung zu geben und wir jetzt endlich eine Mehrheit für dieses Thema haben. Das sage ich ganz bewusst als schwuler Mann: dass es mich sehr freut, dass wir diese Diskriminierung gerade im Pride Month losgeworden sind. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)
In diesem Sinne bedanke ich mich bei Ihnen und wünsche Ihnen allen alles Gute. Es kann nur im Sinne der Republik sein, dass Sie gute Arbeit machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
11.02
Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm das Wort.