17.39
Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute im Plenum schon tagespolitische Meldungen aus den Bundesländern erfahren. Auch ich möchte eingangs meiner Wortmeldung als Kärntner Bundesrat, aber auch im Namen meines Salzburger Kollegen David Egger hier in der Länderkammer abseits der Tagesordnung auf die dramatische Lage in unseren Bundesländern Bezug nehmen.
Seit mehreren Wochen versetzen uns im gesamten Bundesgebiet Wetterwarnungen fast täglich in Angst und Schrecken – mit nachfolgenden massiven Schäden an Hab und Gut, insbesondere in der Landwirtschaft.
Gestern hat es besonders unsere Bundesländer Kärnten, Salzburg und teilweise auch Oberösterreich getroffen. Aufgrund von heftigen Unwettern mit schweren großräumigen Überflutungen, Hangrutschungen, Schäden an Gebäuden und Muren wüteten diese Unwetter in der Nacht auf heute im Bereich Villach, Villach-Land, am Ossiacher See, im Gegendtal und im Bereich Tamsweg. So musste heute in Tamsweg und im Gegendtal Zivilschutzalarm ausgerufen werden. Dieser ist immer noch aufrecht.
In der Gemeinde Treffen wurden Personen vermisst, Rettungskräfte kamen in den Morgenstunden wegen neuerlicher Gewitter kaum voran. Leider konnte eine vermisste Person nur mehr tot geborgen werden. Die zweite Person ist vor Kurzem erfreulicherweise noch lebend gerettet worden.
In der Gemeinde Treffen ist das Ortsgebiet völlig überflutet und Dutzende Häuser wurden beschädigt. Arriach ist noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Die Schäden sind enorm. Das Bundesheer wurde zur Hilfe angefordert, 100 Mann sind dort im Einsatz.
Ich möchte den Betroffenen im Katastrophengebiet unser Beileid und Mitgefühl ausdrücken und wünsche viel Kraft für die Aufräum- und Aufbauarbeiten. An dieser Stelle aber auch einen herzlichen Dank an die vor Ort pausenlos im Einsatz stehenden Einsatzkräfte, die, wie es der für Katastrophenschutz zuständige Landesrat Daniel Fellner ausdrückt, Sensationelles leisten. (Allgemeiner Beifall.)
An dieser Stelle noch ganz kurz ein Abriss, damit man sich vielleicht im Kopf ein bisschen ein Bild machen kann: In Kärnten hat es so ein Ereignis seit 100 Jahren nicht gegeben. Die Teuchenstraße ist auf 2 Kilometern nicht mehr existent, und auch die Treffener Bundesstraße ist auf einer Länge von 300 Metern weggerissen. Man kann sich in den Medien Bilder anschauen. Es ist erschreckend, und ich hoffe, dass den Betroffenen vom Land und vom Bund auch bald die entsprechende Hilfe zuteilkommt.
Doch nun zurück zur Tagesordnung, zum Tagesordnungspunkt 11, Änderung des Epidemiegesetzes 1950 und des COVID-19-Maßnahmengesetzes: Was bedeutet das inhaltlich? – Sie, Herr Bundesminister, können damit zukünftig per Verordnung festlegen, dass kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen nicht mehr abgesondert werden, sondern bestimmten Verkehrsbeschränkungen unterliegen.
Ebenso wird die Elga GmbH aufgefordert, Erinnerungsschreiben zur Auffrischungsimpfung zu versenden, und dies unabhängig davon, ob die Person auch tatsächlich geimpft ist oder überhaupt geimpft werden darf. Leider wurden diese Änderungen wieder kurzfristig und ohne Begutachtung beschlossen. Weder die Elga GmbH noch die Länder wurden davon in Kenntnis gesetzt, und wieder einmal wurden datenschutzrechtliche Folgen vorab nicht geklärt – wieder ein Beispiel dafür, aus dem Chaos der letzten zwei Jahre nichts dazugelernt zu haben.
Herr Bundesminister, wir begrüßen nun eben in unserer Runde die zweite Coronasommerwelle 2022. BA.4 und BA.5, die Omikronsubvarianten, treiben bei tropischen Temperaturen gerade jetzt die Infektionszahlen in die Höhe der Fünfstelligkeit. Heute waren es über 12 500. Gleichzeitig zeigt die Statistik, dass von den über 20 000 bisher mit oder an Corona Verstorbenen ein Großteil der Altersgruppe der über 65-Jährigen zuzuzählen ist. Dies betrifft gerade jene Altersgruppe, welche wir zu Beginn der Pandemie eigentlich schützen wollten.
Wir stehen heute am Beginn einer neuen Welle, und wie Sie, Herr Bundesminister, selbst im Nationalrat festgestellt haben, werden wir im Herbst und in weiter folgenden Wellen mit Infektionszahlen zu rechnen haben, die die derzeitigen noch weit übersteigen.
Maßnahmen gibt es kaum mehr. Der Schutz der eigenen Gesundheit wurde mittlerweile zur Privatsache erklärt. Herr Bundesminister, ich erinnere mich noch an Ihre Worte hier im Parlament, dass Sie nicht dieselben Fehler wie Ihre Vorgänger machen möchten. Ich zitiere Sie aus Ihrer Wortmeldung im Nationalrat, Herr Bundesminister: „Lernen, mit dem Virus zu leben, Vorsicht walten lassen und so wenig Einschränkungen wie möglich verhängen.“
Ihre Empfehlung an die sogenannte vulnerable Gruppe der über 65-Jährigen ist jene, sich mit dem vierten Stich abzusichern. Laut Experten ist der angepasste Impfstoff derzeit jedoch noch nicht verfügbar. Biontech/Pfizer und Moderna weisen darauf hin, dass erst im Herbst mit dem Einsatz dieses wirksamen Impfstoffes zu rechnen ist. Dass diese Welle uns nun erreicht hat, war seit Wochen abzusehen. Leider sieht es so aus, dass auch das Pandemiemanagement in dieser Republik recht vulnerabel ist.
Zu TOP 13: Der Verfassungsgerichtshof hat im Dezember 2019 die Bestimmungen über den Eignungstest für die in die Organe der Sozialversicherungsträger zu entsendenden VertreterInnen der Dienstnehmer und Dienstgeber als verfassungswidrig erklärt. Angeblich konnten coronabedingt nicht alle Informationsveranstaltungen vollständig abgehalten werden. Somit soll die im Übergangsrecht vorgesehene Frist bis 31.12.2022 verlängert werden. – Herr Bundesminister, es ist eigentlich erschreckend, dass Urteile des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2019 nach zweieinhalb Jahren noch nicht vollständig umgesetzt sind. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass diese Regierung Verwaltung nicht kann.
In den Sozialversicherungssätzen wurde die rechtliche Basis für die Sonderregelung betreffend die Vergütung von Covid-19-Heilmitteln in den öffentlichen Apotheken vorgesehen. Dabei wurde ein Pauschalbetrag von 15 Euro pro abgegebenem Heilmittel festgelegt. Diese Regelung soll nun rückwirkend mit 21.3.2022 auf ärztliche Hausapotheken ausgedehnt werden und die geltende Regelung bis 31.12.2022 verlängert werden.
Warum dabei für Hausapotheken und öffentliche Apotheken die gleiche Vergütung erfolgt, ist für uns nicht nachvollziehbar, da der Aufwand in den Hausapotheken wesentlich geringer ist. Die Begründung im Ausschuss durch die Fachbeamten, die 15 Euro würden eh 50 : 50 zwischen Großhandel und Apotheken aufgeteilt, macht das nicht gerade nachvollziehbarer. Warum bei der Impfregelung für den niedergelassenen Bereich eine Verlängerung nur bis 31.12.2022 beschlossen wird, ist für uns auch nicht verständlich, da ja davon auszugehen ist, dass auch nach dem 1.1.2023 Impfungen im niedergelassenen Bereich durchgeführt werden.
Aus den angeführten Gründen stimmen wir diesen beiden Tagesordnungspunkten nicht zu.
Betreffend den Tagesordnungspunkt 12 halte ich mich kurz: Dies ist eine absolut sinnvolle Maßnahme. Nicht nur wir, auch die Experten des Ministeriums befürworten dabei eine Dauerlösung und keine Befristung. Wir stimmen diesem Punkt jedoch zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.48
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.