Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Frau Ministerin!

1939/M-BR/2023

„Welche Maßnahmen werden Sie – abseits von entbehrlichen Debatten um niedrigere Sozialleistungen bei Teilzeitarbeit – setzen, um den hohen Anteil von Frauen, die unfreiwillig bzw. gezwungenermaßen in Teilzeit arbeiten zu senken bzw. die Vollzeiterwerbsquote von Frauen zu erhöhen?“

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Danke, Frau Bundesrätin. Ich glaube, Sie haben es in Ihrer Frage auch schon formuliert: Es ist immer darauf Bedacht zu nehmen, dass die Wahlfreiheit der Familien und in dem Fall eben auch der Frauen erhalten bleibt. Die neuen Studien, die wir haben, zeigen ja, dass rund 88 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren Betreuungspflichten als Grund für die Teilzeitarbeit angeführt haben. Dabei geben acht von zehn Frauen als Motiv an, die Betreuung selbst übernehmen zu wollen.

Das heißt, es ist wichtig, dass wir die Wahlfreiheit erhalten, aber dass wir für jene Frauen, die sich wünschen, früher und in Vollzeit in die Erwerbstätigkeit einzusteigen, das einfach hundertprozentig ermöglichen. Dazu braucht es die Kinderbetreuung, deshalb haben wir uns da in den letzten Jahren massiv gesteigert. Zuletzt haben wir in einer 15a-Vereinbarung 1 Milliarde Euro für die Kinderbetreuung bis zum Jahr 2026 beschlossen. Sie wissen, Kinderbetreu­ung ist Ländersache, aber wir tun als Bundesregierung alles, um den Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben.

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht?

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Sehr viele Teil­zeit­beschäftigungen sind ja auch betriebsbedingt, weil den Frauen gar nichts anderes angeboten wird. Eine Teilzeitbeschäftigte hat mir unlängst gesagt, sie fühle sich wie eine menschliche Manövriermasse. Daher stelle ich auch die Frage zu unfreiwilligen Teilzeitbeschäftigungen: Inwieweit werden Sie auf Betriebe einwirken, verstärkt auch Vollzeitbeschäftigungen anzubieten und dafür zu sorgen, dass eine Stunde Teilzeit auch gleich viel wert ist wie eine Stunde Vollzeit?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sie sprechen da sicherlich ein Thema an, das man jedenfalls adressieren muss. Nur um die Zahlen in ein Zahlenkorsett einzuord­nen: 92 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen tun dies laut Eurostat 2021 nicht aus dem Grund, dass keine Vollzeitstelle gefunden werden könnte. Das heißt aber, wir haben da einen Prozentsatz, der da ist, den Sie ansprechen, der aufgrund der Daten zwar niedriger ist, wo man aber dennoch auf die Betriebe zugehen muss.

Wir tun da zweierlei: Wir haben ein breites Zertifizierungsverfahren für familien­freundliche Unternehmen. Wir zertifizieren mehrere hundert Unternehmen, und es kommen immer wieder neue dazu. Wir sprechen mit diesen natürlich auch ganz zentral über Karrierechancen der Eltern, darüber, wie man nach der Karenz wieder in Vollzeit in den Beruf einsteigen kann.

Wir haben ein ähnliches Zertifizierungsprogramm speziell für Frauen entwickelt, das Equalita-Gütesiegel, bei dem wir uns besonders auf den Wiedereinstieg der Mütter konzentrieren. Es muss selbstverständlich möglich sein, dass Frauen, aber insgesamt Familien – es gibt ja Gott sei Dank auch immer mehr Väter, die in Karenz gehen – auch eine Vollzeittätigkeit ausüben können.

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Alexandra Platzer zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Minister, die Information für die Frauen über die jeweiligen Auswirkungen von Vollzeit und Teilzeit ist unglaublich wichtig, speziell auch für die Mütter. Daher ist meine Frage: Wie ist denn die Umsetzung der geplanten Elternbera­tung im Zuge des elektronischen Eltern-Kind-Passes geplant oder vorge­sehen?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Mir war diese sogenannte Vereinbarkeit bei der Elternberatung ganz zentral. Wir haben den Mutter-Kind-Pass, und als ein Element soll in der Elternberatung eben auch auf die gemeinsame Verantwor­tung in der Erziehung des Kindes, auf die gemeinsame Aufteilung der Sorgearbeit Bedacht genommen werden und das adressiert werden. Gerade wenn man das erste Kind bekommt, stellen sich da viele Fragen: Wie teilt man es sich untereinander auf? Wie tut man? Welche Auswirkungen hat es, wenn die Frauen – es sind jetzt halt primär Frauen – über einen längeren Zeitraum in Karenz gehen, dann später für die Pension? Meistens ist man in dem Moment in einer Situation, in der man noch nicht darüber nachdenkt, umso wichtiger ist es, dass es diesen Prozess gibt, dass Eltern im Rahmen des Mutter-Kind-Passes beraten werden.

Wir erstellen nun gerade gemeinsam mit den Familienberatungsstellen und mit dem Sozial- und Gesundheitsministerium einen Rahmen, wie eine solche Eltern-Kind-Beratung aussehen könnte, was da Platz finden müsste. Und mir ist wie gesagt auch der frauenstärkende Fokus diesbezüglich ganz zentral. Mit den Familienberatungsstellen und dem Koalitionspartner ist ein Stufenplan vereinbart. In diesem Jahr erstellen wir das Konzept, im nächsten Jahr führen wir das freiwillig ein, und dann verankern wir es fix im Mutter-Kind-Pass.

Präsident Günter Kovacs: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Frau Minister! Sie sind jetzt in der Beantwortung der Hauptanfrage darauf eingegangen, dass sich fast 90 Prozent der betroffenen Frauen bewusst für eine Teilzeitstelle entscheiden, weil sie a) ihre Kinder gerne selber betreuen und b) auch die Pflicht übernommen haben, Angehörige zu betreuen. Deshalb ist es für mich umso verwunderlicher, warum eigentlich auch die jetzige Regierung immer wieder am Bedarf und an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei Entscheidungen trifft.

Deshalb meine Zusatzfrage: Werden Sie jemals ernsthafte Maßnahmen setzen, um die unbezahlte Arbeitszeit von Frauen, die entweder ihre Kinder betreuen wollen oder die Pflege von Angehörigen übernehmen, abzugelten, sodass es bei der Pension dadurch zu keinen finanziellen Nachteilen mehr kommt?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Im europäischen Vergleich sind wir unter den top drei der europäischen Länder mit den höchsten Familienleistungen finanzieller Natur. Das heißt – ich würde Ihnen da widersprechen –, dass wir sehr wohl ernsthafte Maßnahmen setzen, um Familien auch bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Dafür gibt es das sogenannte Kinderbetreuungsgeld.

Wir haben im Bereich Pflege – weil Sie das angesprochen haben – gerade mit der Pflegereform jetzt auch den Angehörigenbonus umgesetzt, mit dem wir auch Menschen, die zu Hause Familienangehörige pflegen, mit finanziellen Mitteln unterstützen.

Wir haben Familienleistungen wie die Familienbeihilfe, das Schulstartgeld und beispielsweise auch die Schülerfreifahrt. Wir sind unter den top drei, das können Sie mir glauben.

Ich war jetzt gerade in New York bei der Weltfrauenkonferenz, und dort sprachen mich viele Frauenministerinnen auf unser System an, wie wir Familien unterstützen, die die Kinder zu Hause betreuen, darauf, wie gut wir das tun und wie außerordentlich das ist, und ich bin jedes Mal stolz darauf, dass ich als Familienministerin auf die zahlreichen Maßnahmen verweisen darf, die wir in dem Bereich tätigen.

Präsident Günter Kovacs: Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage. – Bitte sehr.

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir wissen, der Frauenanteil in wirtschaftlichen Führungs­positionen ist leider noch immer relativ gering. Welche Maßnahmen setzen Sie daher, dass die gläserne Decke für Frauen in großen Unternehmen durch­brochen wird?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Tatsächlich sehen wir das in zahlreichen Unter­nehmen. Wir haben eine Studie dazu gemacht und im September 2022 veröf­fentlicht, um uns anzusehen: An welchen Faktoren liegt es?

Das ist ein breites Portfolio: Es geht dabei natürlich um Einkommenschancen. Es geht auch um Zufriedenheit der Mitarbeitenden, die durch die verstärkte Teilhabe von Frauen auch auf Führungsebene gefördert wird. Es zeigt sich, dass Unternehmen, die von Frauen gegründet oder mitgegründet werden, sich wirtschaftlich günstiger entwickeln und natürlich auch in höherem Ausmaß weibliche Führungskräfte haben.

Es gibt unterschiedliche Maßnahmen, die man setzen kann. Ich habe vorhin schon von Maßnahmen der Incentivierung, wie den Gütesiegeln, gesprochen. Es gibt aber auch Maßnahmen, die wir in den staatsnahen Unternehmen durch­führen, nämlich mit der Quote den Frauenanteil in den Aufsichtsgremien zu erhöhen. Wir sehen aktuell im Fortschrittsbericht 2023, dass wir nun eine Frauenquote von 50 Prozent in den Aufsichtsratsgremien erreicht haben, was sehr erfreulich ist.

Sie kennen auch Maßnahmen auf EU-Ebene, die derzeit in Umsetzung sind: die Women-on-Boards-Richtlinie, aber genauso gut auch die Transparencyrichtlinie, die derzeit im Bereich von Bundesminister Kocher liegen.

Ich glaube, es gibt keine One-Size-fits-all-Lösung, um das zu tun. Ich glaube, wir müssen die Mädchen bereits in der Schule stärken. Wir müssen Kinderbetreuung ermöglichen. Wir müssen uns ansehen, wie wir Stereotype durchbrechen. Wir müssen Incentives setzen, und selbstverständlich werden wir auch Maßnahmen, die auf EU-Ebene getroffen werden, die regulativer Natur sind, in Österreich umsetzen.

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank.

Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 1937/M-BR/2023. Ich bitte die Anfrage­stellerin, Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte sehr.