Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden und Sie haben immer wieder auch darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass Familien und Eltern bei der Art der Betreuung ihrer Kinder eine Wahlfreiheit haben. Deswegen verstehe ich es immer wieder nicht, dass, obwohl Sie sich dazu bekennen, es sozusagen erkennen, dass die Familien das wollen, trotzdem von der Regierung nach wie vor gerade in diesem Bereich, dass man Kinder selbst zu Hause betreuen kann, so wenig getan wird. Deshalb meine Frage:

1938/M-BR/2023

„Welche Schritte werden Sie setzen, damit das ‚Berndorfer Modell‘, um Wahl­freiheit zu schaffen, österreichweit angeboten wird?“

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Vielen Dank für die Frage. Ich kann mich nur wie­derholen: Ich sehe das anders als Sie. Ich glaube, gerade im europäischen Vergleich tun wir da sehr, sehr viel, nämlich mit der Unterstützung durch die Familienleistungen, die wir in vielfacher Weise ausrollen, gerade um auch die Kinderbetreuung zu Hause zu ermöglichen beziehungsweise auch da finanziell zu unterstützen.

Es gibt das Kinderbetreuungsgeld, es gibt den Familienzeitbonus. Wir haben jetzt eine großzügige Valorisierung des Kinderbetreuungsgeldes vorgenommen, die meines Erachtens längst überfällig war. Wir haben die Anrechnung der Kinder­erziehungszeiten in der Pensionsversicherung, wir haben das Recht auf Elternteilzeit, den arbeitsrechtlichen Anspruch auf Elternteilzeit. (Bundesrätin Schumann: Die Anrechnung haben aber nicht Sie gemacht! Die Anrechnung der Kindererziehungszeiten!) – Das alles ist ein gutes System, das sich über die vielen Jahre aufgebaut hat, das ich unterstütze, das ich richtig und wichtig finde, um eben diese Wahlfreiheit zu stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Günter Kovacs: Ist eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Sie haben jetzt wieder erwähnt, dass Sie davon überzeugt sind, dass die Unterstützung, die den Familien derzeit zuteilwird, vor allem wenn es um die häusliche Betreuung geht, mehr als ausreichend ist. Dann frage ich Sie:

Warum empfinden Sie 14,53 Euro in der Pauschalvariante des Kinderbetreu­ungsgeldes als ausreichend, während der Tagsatz für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zwischen 98 und 110 Euro beträgt? (Beifall bei der FPÖ.)

Präsident Günter Kovacs: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich möchte mir ja eigentlich keine Worte in den Mund legen lassen. Ich habe gesagt, dass wir in Österreich, insbesondere im Vergleich innerhalb der Europäischen Union, ein sehr gutes Modell haben, um Familien zu betreuen. Nicht umsonst sind wir auf Platz drei bei den finanziellen Familienleistungen innerhalb Europas.

Wie wir aber auch im letzten Jahr gesehen haben, sind wir immer bemüht, auch weitere Unterstützungsmaßnahmen zu treffen. Wir haben jetzt die Valorisierung der gesamten Familienleistungen auf den Weg gebracht. Wir investieren 1 Milliarde Euro zusätzlich in die Kinderbetreuung. Wir werden uns natürlich auch genau ansehen, wo wir noch weitere Entbürokratisierungen vornehmen können. Beispielsweise haben wir jetzt genau beim Familienzeitbonus eine Gesetzesänderung neu eingebracht, wonach das Geld, das man im Familienzeit­bonus während des Papamonats bekommt, nicht mehr am Ende vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen beziehungsweise darauf angerechnet wird.

All das sind Dinge, mit denen wir zeigen wollen: Wir wollen die Wahlfreiheit, wir wollen, dass Familien das Lebensmodell wählen können, das sie möchten, und wir setzen mit Unterstützungsmaßnahmen vor allem auf den Wert der Familie und auf den Wert der Kinder, denn diese sind das wichtigste Gut, das wir in unserem Land haben. (Bundesrat Steiner: Das ist keine Antwort! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Ich darf inzwischen die Gruppe zwei aus dem Bundesrealgymnasium Feldkirch bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen im Bundesratssitzungssaal auch an euch! (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Johanna Miesenberger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Bundesministerin, Sie haben heute schon mehrmals die neue 15a-Vereinbarung, die im letzten Jahr zwischen Bund und Ländern beschlossen wurde, erwähnt. Sie ermöglicht ja den Ländern und Gemeinden viele zusätzliche Maßnahmen und Angebote, zum Beispiel stehen in Oberösterreich bis 2027 jährlich 35 Millionen Euro dafür zur Verfügung.

Meine Frage ist: Welche Schwerpunkte im Bereich der Elementarpädagogik sind im Rahmen dieser Vereinbarung bis 2027 angedacht?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Danke.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man mit dieser 15a-Vereinbarung auf strategische Weichenstellungen setzt. Wir haben uns daher besonders darauf konzentriert, dass wir ein flexibles, flächendeckendes und ganzjähriges Betreuungsangebot für unter Dreijährige unterstützen, in altersgerechten elementarpädagogischen Einrichtungen, weil wir bei den über Dreijährigen ja schon eine sehr hohe Besuchsquote haben. Da sehen wir: Wir brauchen ein flächendeckendes Angebot für die unter Dreijährigen.

Was wir getan haben, ist, die Verlängerung und Flexibilisierung der Öffnungs­zeiten, sodass sie eben mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern konform gehen können, zu einer Grundvoraussetzung für die Förderung zu machen. (Bundesrätin Hahn: ... Niederösterreich ...!) Das heißt, wir wollen besonders Einrichtungen stärken, die 40 Stunden, jedenfalls 40 Stunden pro Woche offen haben, und das auch über 50 Wochen im Jahr, sodass man in den Sommerbetreuungszeiten nicht wieder in Schwierigkeiten kommt. (Bundesrätin Schumann: 40, ja, das wird helfen, genau! Dann darf ich halt nicht in die Arbeit fahren!)

Was wir auch tun, ist, dass wir besonders in die Bildungssprache Deutsch investieren. Das heißt, die 15a-Vereinbarung enthält auch Mittel zur sprach­lichen Frühförderung. Auch das ist wichtig, weil wir früher investieren statt später reparieren wollen, insbesondere bei Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache haben.

Und weil Sie gerade Oberösterreich angesprochen haben, möchte ich zusätzlich noch erwähnen, dass ich denke: Es ist wichtig für den Ausbau der Kinder­betreuung, dass wir Geld für die Infrastruktur zur Verfügung stellen, wir brauchen aber auch die Pädagoginnen und Pädagogen für die Umsetzung. (Bundesrätin Schumann: Ist auch Bundeskompetenz!) Das ist der zentrale Schlüssel, und da wissen wir, dass das nicht so leicht ist. Deshalb begrüße ich Initiativen von Bun­desländern wie Oberösterreich (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), das Einstiegsgehalt für Pädagoginnen und Pädagogen zu erhöhen. Auf gut 2 800 Euro hat die zuständige Landesrätin Christine Haberlander jetzt das Einstiegsgehalt der Pädagoginnen und Pädagogen erhöht. (Bundesrätin Schumann: ... Betreuungsquote! – Weitere Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Hahn.) Ich denke, das ist gut, richtig und wichtig für den Ausbau der elementar­pädagogischen Einrichtungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Günter Kovacs: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Mag.a Sandra Gerdenitsch zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Guten Morgen, Frau Ministerin! Meine Frage passt eigentlich ganz gut zu dem, was Sie vorhin bezüglich 40 Stunden pro Woche und 50 Wochen im Jahr geöffneter Elementar­pädagogikeinrichtungen gesagt haben:

Werden Sie jene Bundesländer, die eben die ganzjährige, ganztägige Kinder­betreuung gratis und flächendeckend eingeführt haben, um dem Beispiel von Burgenland zu folgen, fördern, um österreichweit gute Voraussetzungen für Kinder und deren Familien zu schaffen, und wie genau wollen Sie das tun? Vergessen wir hierbei auch Wien und Kärnten nicht!

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich verstehe die Intention, das Ziel, das ich auch teile. Ich möchte dennoch noch einmal darauf hinweisen – das ist hier schließlich die Bundesländerkammer –, dass die verfassungsrechtliche Kompetenz für die Kinderbetreuung bei den Bundesländern liegt, nicht beim Bund! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das heißt, wir können auch verfassungsrechtlich nur Incentives für den Ausbau setzen, nicht aber für die Umsetzung.

Was wir aber getan haben, ist, dass wir bei der Bund-Länder-Vereinbarung an die sogenannte VIF-Konformität anknüpfen, das heißt, es muss eben das Kinderbetreuungsangebot mit einer Vollbeschäftigung von Eltern vereinbar sein – dort investiert der Bund in die Infrastruktur. So können wir auch einen Beitrag dazu leisten; aber ja, das Angebot ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, denn es ist eine Zuständigkeit der Bundesländer. (Bundesrätin Gerdenitsch: Das ist schon richtig! Vielen Dank!)

Präsident Günter Kovacs: Zu einer Zusatzfrage ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber zu Wort gemeldet. – Bitte um Ihre Frage.

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Sehr geehrte Frau Ministerin! Bundeskanzler Nehammer hat ja in seiner Rede zur Lage der Nation auch angekündigt, dass die Kinderbetreuung umgebaut werden soll; deswegen meine Frage: Welche Schritte werden Sie setzen, um die von Kanzler Nehammer garantierte Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr umzusetzen?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich unterstütze den Vorstoß von unserem Bun­des­kanzler, das Kinderbetreuungsangebot bis 2030 deutlich weiter auszubauen. Wir haben da mit der 15a-Vereinbarung und mit der Erhöhung der Budgetmittel für die Bundesländer auch gute Schritte gesetzt, und selbstverständlich, glaube ich, braucht es auch unterschiedliche und flexiblere Modelle – in Unternehmen, bei Tagesmüttern, es gibt ja unterschiedliche Betreuungsangebote, die wir uns gemeinsam mit den Bundesländern genau ansehen.

Wir werden natürlich in meinem Ressort auch einen Schwerpunkt setzen, wie wir in Zukunft, auch nach Vollendung der 15a-Vereinbarung, weiter verstärkt in die Kinderbetreuung investieren können. Das ist ein Strategieprozess, dessen wir uns jetzt annehmen.

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Wir gelangen nun bereits zur 8. Anfrage: 1935/M-BR/2023. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Barbara Tausch, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte, Frau Bundesrätin.