09.52

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Guten Morgen! Hinsichtlich der Namensverwechslung: Kein Problem, Herr Präsident! Ich habe nicht geheiratet, ich habe es auch nicht vor. An dieser Stelle aber herzliche Gratulation an all unsere Bräute und Bräutigame – es waren doch einige! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Nun zu unserer Aktuellen Stunde: Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleg:innen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich bin schon ein bisschen erstaunt, denn das Thema der Aktuellen Stunde haben doch Sie festgelegt, Herr Minister, und sicher nicht wir. Aktuell gäbe es nämlich andere Dinge, die jetzt viel brisanter wären, die wir jetzt angehen müssten – so viel dazu.

Wir haben nun schon einiges zum Thema Lieferketten, Lieferkettenforschung gehört. (Unruhe im Saal.) Ich möchte dieses Thema - - Herr Kollege Steiner (Bundesrat Steiner: Bitte!), wenn wir uns jetzt wieder konzentrieren könnten – danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Ersatzwahlkommissionskandidatin!) – Ja, passt schon.

Ich möchte mich jetzt auf die menschliche Seite konzentrieren. Das T-Shirt, der Kaffee: Das sind alles Produkte, die wir tagtäglich in Verwendung haben, die wir tagtäglich konsumieren. Bis dieses T-Shirt und dieser Kaffee bei uns ankommen, haben diese Dinge meist Tausende Kilometer zurückgelegt. Auch 2023 basiert die Herstellung dieser Dinge immer noch auf ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen entlang der globalen Lieferkette. Freiwillig schützen Konzerne Menschenrechte und Umweltstandards nämlich nicht.

Ja, Lieferketten müssen eindeutig menschlicher werden, das ist ganz klar unser Kaffee, und auch die Ausbeutung unserer Umwelt muss gestoppt werden. Das EU-Parlament hat am 1. Juni seine Position zum Lieferkettengesetz festgelegt und in seiner Plenarsitzung für ein EU-weites Lieferkettengesetz gestimmt. Dieses stellt einen großen Meilenstein dar und läutet einen Paradigmenwechsel ein, der dringend notwendig ist, denn Konsumenten und Konsumentinnen können nur selten nachvollziehen, unter welchen Umständen ein Produkt hergestellt wurde, Unternehmen wissen das aber sehr wohl, und daher verlangen wir von ihnen vollständige Transparenz.

Sie müssen uns künftig garantieren, dass entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette bei jedem einzelnen Schritt vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt Arbeits- und Menschenrechte genauso wie Umweltschutzvorschriften eingehalten werden. Somit können sie sich nicht weiter hinter Subunternehmen oder Briefkastenfirmen verstecken.

Umso entsetzter bin ich eigentlich, dass die Europäische Volkspartei dieses Gesetzesvorhaben beinahe zu Fall gebracht hätte. Als Burgenländerin bin ich erschüttert, nicht weil ich Burgenländerin bin - - (Rufe bei der FPÖ: Das auch noch! Das glaub’ ich! – Bundesrat Kornhäusl: Das kann ich mir vorstellen!) – Also wenn ich einer Partei angehören würde, in der ein medizinisch nicht versierter Vorsitzender ein Pferdeentwurmungsmittel gegen Corona empfiehlt (Rufe bei der FPÖ: Ja, ja!), dann würde ich meinen Mund halten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Dass eine Bundesrätin sich hierherstellt und so einen Blödsinn redet, das ist unter aller Kritik!)

Als Burgenländerin, als Österreicherin, als Europäerin bin ich erschüttert, dass die ÖVP und der burgenländische Parteichef und EU-Abgeordnete Christian Sagartz die Interessen der Wirtschaft über jene von Kindern stellen (Bundesrat Spanring: So wenig Ahnung vom Leben! So wenig Ahnung!), denn die ÖVP hat sich mit Ausnahme von Othmar Karas – und man muss ihm hoch anrechnen, dass er sich der Stimme enthalten hat und somit zumindest ein Zeichen innerhalb seiner Fraktion gesetzt hat – gegen dieses Lieferkettengesetz ausgesprochen.

Wer sich gegen das Lieferkettengesetz ausspricht, nimmt Kinderarbeit weiterhin wissentlich in Kauf. Die ÖVP stellt die Interessen der Wirtschaft über jene von Kindern. Wie können Sie immer wieder so menschenfeindlich handeln? Ich werde das wirklich nicht verstehen.

Wir setzen bei der nächsten Sitzung im burgenländischen Landtag ein Zeichen. (Bundesrat Buchmann: Ist der Doskozil wieder da?) Der Antrag „Kinderarbeit stoppen: Lieferkettengesetz jetzt!“ wird am 29. Juni debattiert werden.

Ein nationales Lieferkettengesetz wäre ein wichtiger Schritt, um Kinderarbeit aus österreichischen und allen anderen Warenregalen zu verbannen. Ein besonderes Augenmerk muss vor allem auf Kinder und ihre Rechte gelegt werden. Diese Kinder sind in globalen Lieferketten unsichtbar. Das kann es nicht sein.

Sie, Herr Minister Kocher, haben sich bei der Abstimmung über die allgemeine Ausrichtung der EU-Richtlinie am 1. Dezember 2022 der Stimme enthalten. Meine Botschaft an Sie: Schluss mit der Ausbeutung von Mensch und Umwelt!

Herr Kollege Buchmann: Schauen Sie bitte auf unsere Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen! – Die vergisst die ÖVP leider immer wieder. Diese kämpfen tagtäglich ums Überleben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Buchmann: Sie hat ja gerade gesagt, die Kollegin, die sind nicht betroffen!)

9.57

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler. – Bitte sehr.