RN/16
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Danke sehr, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler, bevor ich zur Hauptfrage komme, möchte ich eine Bemerkung vorausschicken: Herzlichen Dank, dass Sie heute diese Fragestunde machen. Sie bringen dem Bundesrat sein verfassungsgemäßes Recht zum Fragen zurück. Fünf Jahre haben wir darauf warten müssen, weil man es uns vorenthalten hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Widerspruch bei der ÖVP.)
Nun zu meiner Hauptfrage: Wie ist der Zeitplan betreffend Neubesetzung der ORF-Gremien, nachdem es bereits kurz nach Antritt der neuen Bundesregierung gelungen ist, das ORF-Gesetz zu novellieren und auch die Gremien vor einem verfassungswidrigen Zustand zu schützen?
Die schriftlich eingebrachte Anfrage hat folgenden Wortlaut:
„Wie ist der Zeitplan zur Neubesetzung der ORF-Gremien, nachdem es bereits kurz nach Antritt der neuen Bundesregierung gelungen ist, das ORF-Gesetz zu novellieren?“
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Vizekanzler Andreas Babler, MSc: Ja, wir sind gut im Tempo, Herr Bundesrat, weil es notwendig war. Sie kennen die Vorgeschichte, dass wir dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das im Oktober 2023 ergangen und in dem Ende März 2025 als Frist gesetzt worden ist, sehr eilig nachgekommen sind. Das heißt, wir haben sehr schnell umgesetzt, die Gesetzesnovelle ist mit 19. April in Kraft getreten.
Für die Ausschreibung, Bewerbung und Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates und des Publikumsrates sind knappe Fristen vorgesehen, weil die aktuelle Funktionsperiode dieser beiden ORF-Gremien bereits mit 16. Juni endet. Die Bewerbungsfrist für die Stiftungsrätinnen und -räte, die durch die Bundesregierung besetzt werden, hat vor mittlerweile drei Tagen geendet. Am gleichen Tag hat die Frist für Organisationen, sich mit Dreiervorschlägen um einen Sitz im Publikumsrat zu bewerben, geendet. Das betrifft gemäß § 28 des ORF-Gesetzes insgesamt 14 Bereiche, etwa die Bereiche Jugend, ältere Menschen oder Bildung.
Jetzt geht es so weiter, dass die nächste Frist dieser Tage jene im Zusammenhang mit der Bekanntgabe dieser 14 Mitglieder des Stiftungsrates ist. Es hat die Bewerbungsfrist für die genannten Organisationen geendet und in den kommenden Tagen werden die eingelangten Bewerbungen gesichtet. Wir haben vor, dass bereits im Ministerrat am 14. Mai jene Entscheidungen über die Bestellungen der Bundesregierung fallen, die das Gesetz vorgesehen hat. Wir wollen diesen Zeitplan schlussendlich so umsetzen, dass die Einhaltung aller Fristen sichergestellt ist und der Publikumsrat am 5. Juni zusammentreten und neun Mitglieder in den Stiftungsrat entsenden kann – noch rechtzeitig dafür, dass er dann am 17. Juni tatsächlich erstmals fristgerecht tagen kann.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wird eine Zusatzfrage gewünscht?
RN/16.1
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Ja!
Gibt es auch Überlegungen, Stiftungsräte und -rätinnen, was ihre Verantwortung betrifft, ein bisschen näher an Aufsichtsräte oder -rätinnen heranzuführen? Ich beziehe mich auf die Vertraulichkeit, wenn man für ein Unternehmen tätig ist, darauf, nichts Gegenteiliges zu tun – wie das einige Stiftungsräte in Kooperation mit dem Privatfernsehen derzeit machen.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Vizekanzler Andreas Babler, MSc: Die Geschäftsordnung – und damit sein Selbstverständnis – gibt sich der Stiftungsrat selbst. Es ist nicht meine Befugnis, den Stiftungsrat anzuweisen, das würde ich auch nicht machen. Er ist ein eigenständiges Gremium.
Man kann politische Aussagen betreffend die Breite des kulturellen Angebotes des ORF tätigen, aber die Umsetzung obliegt eigentlich dem Gremium an sich. Was wir gemacht haben, ist die Zahl der Mitglieder zu reduzieren, die die Bundesregierung entsendet, und dem Publikumsrat eine stärkere Stimmengewichtung zu geben. (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Besten Dank!) – Gerne.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Bernhard Ruf zu Wort gemeldet. – Bitte um die Zusatzfrage.
RN/16.2
Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Zuletzt hat sich Österreich im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen Gott sei Dank verbessert.
Meine Frage ist: Welchen Beitrag kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten, damit sich Österreich in diesem Index weiter verbessert, damit es sozusagen mit dieser positiven Tendenz weitergeht?
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Vizekanzler Andreas Babler, MSc: Einen ähnlichen wie die gesamte Medienlandschaft. Der ORF ist eines der großen Medienunternehmen dieses Landes, er hat einen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Wie Sie wissen, haben wir uns in der Regierung auch dazu comittet, eine ORF-Reform größeren Ausmaßes unter Infragestellung des Charakters des Öffentlich-Rechtlichen in die Wege zu leiten – also was eigentlich die Anforderung, öffentllich-rechtlich zu sein, bedeutet: Was heißt das für die journalistische Arbeit, für die Nachrichtenberichterstattung? Was heißt das betreffend Miteinbeziehung des Publikums in direkten Formaten?
Das sind die Aufgabenstellungen einer zweiten Reform. Sie werden verstehen, dass ich mich jetzt darauf habe konzentrieren müssen, die Fristen einzuhalten, was die Gremienbesetzung anbelangt, weil es ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes dazu gab.
Genau das, was Sie ansprechen, sind auch die Punkte, die wir in dieser Legislaturperiode noch so schnell wie möglich diskutieren wollen. Da geht es um die Leitlinien des öffentlich-rechtlichen Auftrags, gepaart mit journalistischer Unabhängigkeit. Sie wissen, dass journalistische Unabhängigkeit eines der wichtigsten Kriterien ist. Wir haben das ja auch in den Fördergesetzen so verankert, dass die Unabhängigkeit von Journalist:innen gegeben ist, dass Redaktionsstatuten vorhanden sind, dass adäquate Zeit und Ressourcen für die journalistische Arbeit zur Verfügung stehen.
Das sind nur die Schlagworte dazu, die in solchen Rankings natürlich zum Ausdruck kommen. Wir waren vor zehn Jahren schon einmal unter den Top Ten in diesem Index. Jetzt kann man zwar sagen, wir sind wieder aufgestiegen, meine Zielsetzung ist aber schon, dass wir so schnell wie möglich dorthin zurückkehren, wo wir bereits waren.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat, um die Zusatzfrage.
RN/16.3
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Danke, Frau Vorsitzende! Herr Vizekanzler! Die Nationalratswahl vom 29. September 2024 hat eine ganz klare politische Entscheidung gebracht. Die ÖVP-Grünen-Koalition wurde abgewählt. Trotzdem bleibt die Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrates und damit auch die alte ÖVP-Grünen-Mehrheit in diesem zentralen Gremium unangetastet. Das widerspricht jedem demokratischen Grundverständnis.
Stellen Sie sich nur vor, die FPÖ wäre in Regierungsverantwortung und eine andere Partei, zum Beispiel die SPÖ, müsste monatelang auf ihr Recht auf Mitbestimmung warten. Da würde es einen Aufschrei sondergleichen geben.
Darum meine Frage: Was ist der Grund, warum die längst überfällige Neubestellung des ORF-Stiftungsrates entsprechend den aktuellen Kräfteverhältnissen bisher nicht passiert ist?
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Vizekanzler Andreas Babler, MSc: Die „längst überfällige“ sagen Sie mir? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Acht Monate!) – Acht Monate. Ja, gut, das betrifft nicht unbedingt meine Amtszeit. Ich glaube, Sie werden schwer jemand anderen als die aktuelle Bundesregierung finden, der ein solches Erkenntnis, was die Gremienreform anbelangt, in dieser Geschwindigkeit und auch mit einer solchen gesetzlichen Sicherheit – damit es auch hält – umsetzt.
Abgesehen davon haben Sie einen Informationsvorsprung. Ich kenne die künftige Besetzung namentlich noch nicht, deswegen kann ich auch keine Aussage zu diesen Fragen treffen.
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.
RN/16.4
Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Diese Regierung hat sich ja unter anderem zum Ziel gesetzt, die Medienkompetenz zu heben und damit auch das Verständnis der Jugendlichen für Medien zu stärken. Das ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Desinformation und gegen gezielte Kampagnen gegen unsere liberale Demokratie. Wie sehen da Ihre konkreten Pläne aus und welchen Zeitplan haben Sie dafür?
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Vizekanzler Andreas Babler, MSc: Ich glaube, der wichtige Schritt kam vor einem Jahr von der EU mit dem Digital Services Act. Ich glaube, das ist die Orientierung, die wir in diesem Zusammenhang brauchen. Der schafft einheitliche Verfahren zur schnelleren Bekämpfung, das ist die Grundlage für effektives Ahnden von rechtswidrigen Inhalten wie Hass und Hetze auf Onlineplattformen. – Das ist eine Geschichte.
Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz wurden im justiziellen Bereich bereits vor einiger Zeit wichtige Schritte auf der nationalen Ebene gesetzt. Ich möchte uns miteinander aber nichts vormachen, wir haben da nach wie vor ein Riesenthema. Die Flut an Hassbotschaften, Verhetzung und Verunglimpfung im Internet ist präsenter denn je zuvor. Das heißt, wir brauchen in diesen Fragen alle möglichen Zugänge: Wir brauchen das Zusammenspiel von Digital Services Act und nationalen Gesetzgebungen, aber auch den Dialog mit Jugendarbeiter:innen, den Dialog mit Praxisvertreterinnen und -vertretern, die Expertinnen beim Thema Bekämpfung von Hass und Hetze sind. Dazu gehören noch viele aus den Strafverfolgungsbehörden, die Anwaltschaft, die Richterschaft, Betroffenenorganisationen. Es ist also wirklich ein großes Zusammenwirken vieler Expertinnen und Experten nötig.
Desinformation, muss man sagen, ist nicht immer rechtswidrig, um das auch einmal aufzuklären. Die Frage der Bekämpfung von Hass, Hetze und Radikalisierung sind unsere Schwerpunkte, die wir zusammenführen. (Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]: Vielen Dank!)
Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir kommen nun zur 8. Anfrage, 1965/M-BR/2025. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Margit Göll, um die Verlesung der Anfrage.