Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 76

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ich für vollkommen richtig. Das heißt noch lange nicht, daß es deswegen zu einem Diktat von außen kommt.

Lassen Sie mich zum Schluß noch einen Satz sagen: Der Umgang mit diesen Dingen beziehungsweise die Sachlage ist zu ernst, zu problematisch und erzeugt zu viele Konsequenzen und zu viel an Betroffenheit, als daß man leichtfertig, die Wahrheit nicht genau beachtend oder sogar mutwillig verfälschend, damit umgehen sollte. Das ist nicht unser Ziel. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir treten nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Redezeit pro Redner maximal 15 Minuten beträgt.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Ich erteile es ihm.

19.43

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Lukesch: Vieles war falsch!) Es war jetzt sehr viel von Wahrheit und Unwahrheit die Rede. Ich finde, mit diesen Vokabeln sollte man sehr vorsichtig sein. Ich habe es als ein bißchen selbstgerecht empfunden, wie Sie mit dem Vorwurf gegen uns umgegangen sind, wir hätten eine besondere Verpflichtung zur Wahrheit. – Diese würde ich nämlich von Ihnen auch erwarten!

Ich kann mich nicht daran erinnern, daß die Abgeordnete Petrovic behauptet hätte, der akademische Mittelbau würde im Durchschnitt 30, 40 Prozent seines Einkommens einbüßen. – Im Durchschnitt! "Bis zu" steht auch im Text der dringlichen Anfrage. Jeder von uns weiß doch, daß das von Individuum zu Individuum natürlich sehr unterschiedlich sein kann. In erster Linie hängt es einmal davon ab, ob der Betreffende einen Ganztagsposten oder einen Halbtagsposten hat. In zweiter Linie hängt es davon ab, wie viele Stunden remunerierten Lehrauftrag er denn in der Vergangenheit gehabt hat. Dazu braucht man kein großer Mathematiker zu sein, um sich auszurechnen, daß in jenen Fällen, in denen ein halbtagsbeschäftigter Vertragsassistent mit zum Beispiel vier Stunden Lehrverpflichtung – im Extremfall sechs Stunden, was ich nicht begrüße, aber vier Stunden kommen im ersten Studienabschnitt für gewisse Routineübungen durchaus vor – unter den jetzigen Bedingungen auf jenes Ausmaß gekürzt wird, das jetzt vorgesehen ist, er durchaus Einkommenseinbußen in der Größenordnung von 30 Prozent und darüber haben kann.

Das ist einfach eine Art von Wahrheit. Das ist nicht der Durchschnitt, sondern das ist die Realität. Herr Bundesminister! Ich glaube, diese Realität müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen. Anders wäre es ja auch kaum erklärlich, weshalb sich in den letzten zehn Tagen praktisch eine Art Flächenbrand über die Universitäten ausgebreitet hat. Sind das denn alle Vollidioten, die nicht rechnen können? – Dann wäre es ja wirklich schlimm um die österreichischen Universitäten bestellt, wenn nämlich der Mittelbau aus lauter "Koffern" bestünde, die 1 Prozent nicht von 10 Prozent unterscheiden können. Dann würde es stimmen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, Herr Bundesminister! Das ist keine Drohung von mir, nicht daß Sie mich jetzt mißverstehen. Ich bin ja Professor und von dem ganzen – abgesehen von den Prüfungstaxen – kaum betroffen, wie Sie richtig gesagt haben. Aber wenn der Mittelbau ernst macht, dann steht der erste Studienabschnitt in vielen Fakultäten und vielen Universitäten einfach still! Da braucht man gar keine zusätzlichen Zugangsbeschränkungen oder dergleichen. Dann findet der erste Studienabschnitt im wesentlichen nicht statt. – Im zweiten Studienabschnitt ist das Problem in der Regel geringer.

Herr Bundesminister! Sie haben natürlich recht, wenn Sie darauf hinweisen, daß es einen großen Unterschied zwischen remunerierten und nichtremunerierten Lehraufträgen gibt, und zwar jetzt schon. Vollkommen korrekt. Die Fakultäten haben eben im Innenverhältnis versucht, diese Lehraufträge einigermaßen fair auf die Betroffenen zu verteilen. Wenn Sie wollen, können Sie das als ungerecht bezeichnen; eine Frage der Wahrheit ist das in meinen Augen jedoch nicht.


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