Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 170

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Herr Klubobmann Khol! Wenn ich heute einem Gesetz zustimmen muß (Abg. Dr. Khol: Wieso "müssen"? Haben Sie Klubzwang?), das vorsieht, daß Berufsschullehrer in anderen Bundesländern eingesetzt werden müssen, wenn sie in ihrem eigenen Bundesland ihrer vollen Lehrverpflichtung nicht mehr nachkommen können, da es in den Schulen an Schülern und Lehrlingen fehlt, dann muß doch an diesem System irgend etwas faul sein. (Abg. Kopf: Trotz steigender Lehrlingszahlen? Das kann nur ein regionales Problem sein bei steigenden Lehrlingszahlen!) Das ist eine Bankrotterklärung des ÖVP-Bildungssystems und eine Bankrotterklärung der Arbeitsmarktpolitik, meine Damen und Herren! Sie zäumen das Pferd von der falschen Seite auf. (Abg. Dr. Khol: Er wird Sie nicht lieben! Sie haben zuwenig nachgedacht!)

Allein in Oberösterreich gibt es 1 800 junge Menschen, die einen Lehrplatz suchen. Offiziell sind es 700 – das weiß ich schon. 600 wurden in "Überbrückungsschulen", so etwa in berufsbildenden Schulen, in den ersten Klassen untergebracht. Diese wurden weiter in die Schule geschickt. Es gibt auch noch 500 weitere, die einen Polytechnischen Lehrgang besuchen, obwohl sie ihre Schulpflicht schon absolviert haben. Es sind also insgesamt 1 800 junge Menschen, und bundesweit ist die Zahl noch viel höher.

Meine Damen und Herren! Das muß Ihnen doch zu denken geben! Wenn die Lehrpläne in den Berufsschulen gemäß den Erfordernissen gestaltet werden, wenn gleichzeitig die Inhalte der Lehrlingsausbildung der Zeit angepaßt werden, braucht man sich keine Sorgen zu machen, ob später Berufsschullehrer in anderen Bundesländern eingesetzt werden müssen, um sie ihrer vollen Lehrverpflichtung nachkommen zu lassen.

Frau Bundesminister! Es ist tatsächlich so, daß sich die Schulpolitik der ÖVP der letzten Jahre verheerend ausgewirkt hat. Sie haben beispielsweise die Hauptschule zur Restschule verkommen lassen, während die AHS überquellen. Auf der anderen Seite suchen Lehrbetriebe Lehrlinge, finden aber keine qualifizierten. All das ist der Auswuchs der Schulpolitik der ÖVP der letzten Jahre. Deshalb sage ich folgendes: Dieser Gesetzentwurf, der es ermöglicht, daß die Lehrer fast gezwungen werden, in anderen Bundesländern zu unterrichten, damit sie ihrer vollen Lehrverpflichtung nachkommen können, ist und bleibt eine Bankrotterklärung des ÖVP-Bildungs- und Unterrichtssystems. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schaffenrath: Das stimmt ja gar nicht, Frau Kollegin!)

20.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.33

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich nehme kurz zum Schulzeitgesetz Stellung. Inhaltlich ist an und für sich schon alles gesagt worden, aber ich möchte gerne sozusagen in die Urzeiten der Semesterferien zurückblicken. Sie hießen damals Energieferien. Der Grund war folgender: Man wollte Energie sparen, und im Bewußtsein der Menschen sind es heute noch immer Energieferien und nicht Semesterferien. – Das tut aber nichts zur Sache.

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, daß, als es die ersten Energieferien gab, natürlich die Wirtschaft auch daran interessiert war, für sich zusätzlich ein gewisses Potential lukrieren zu können. Ich erinnere mich genau – ich war damals noch nicht hier im Hause, sondern aktiver Lehrer und beobachtete das alles ganz exakt –, daß es seitens der Wirtschaft hieß: Selbstverständlich wird es während der Energieferien bei den üblichen Preisen bleiben. – Skepsis war damals angesagt, und diese ganze Sache hat sich natürlich anders entwickelt.

Ich stelle das nur fest; ich will das nicht unbedingt kritisieren. Aber es ist Tatsache, daß die im Volksmund noch immer als "Energieferien" bezeichneten Semesterferien heutzutage auch einen wichtigen fremdenverkehrswirtschaftlichen Faktor in unserem Lande darstellen. Daher befürworte ich – und wir von der SPÖ werden dem selbstverständlich zustimmen –, daß es eine weitere Möglichkeit der Flexibilisierung bei der Terminierung der Semesterferien gibt.


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