Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 194

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Mitglied des Verfassungsausschusses – herangetragen wurden, eine intensive Diskussion; unter anderem auch über jene Punkte, die mein Gesetzesantrag enthält, nämlich die Möglichkeit der Volksanwaltschaft, Gesetzesanträge an den Nationalrat zu richten, um dadurch im Falle gravierender legistischer Mißstände, die von der Volksanwaltschaft aufgrund ihrer Erfahrung und ihrer Tätigkeit registriert und von ihr erkannt werden, den Nationalrat – ich möchte es drastisch formulieren – zwingen zu können, sich mit den Anregungen, die die Volksanwaltschaft jährlich bringt, auseinanderzusetzen. Diese Anregungen sind auf vielen Seiten – zumindest zwischen 20 und 30 Seiten – in den jährlichen Berichten der Volksanwaltschaft zu finden, und sie sind bis jetzt im wesentlichen völlig ungehört geblieben. Das ist ein Punkt meines Antrages und auch des Briefes, den die Volksanwaltschaft an uns und an Sie gerichtet hat.

Der zweite Punkt betrifft die Möglichkeit der Teilnahme der Mitglieder der Volksanwaltschaft, also der Volksanwälte, an den Sitzungen des Nationalrates. Jetzt ist das nur in sehr beschränktem Umfang möglich, nämlich nur dann, wenn ihre eigenen Berichte im Verfassungsausschuß behandelt werden beziehungsweise bei jenen Budgetkapiteln, die die Volksanwaltschaft direkt betreffen.

Der Antrag der Grünen sieht vor, daß die Mitglieder der Volksanwaltschaft als ein Organ des Nationalrates prinzipiell an den Beratungen des Nationalrates und natürlich seiner Ausschüsse teilnehmen können. Wir könnten uns auch vorstellen, da Ausnahmen zu machen, beispielsweise bei Untersuchungsausschüssen und beim Ständigen Unterausschuß des Hauptausschusses. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft würden in einem solchen Falle den Mitgliedern der Bundesregierung gleichgestellt, die ja auch das Recht zur Teilnahme haben.

Ich meine, daß das ein sehr gangbarer Weg wäre, wie seitens der Volksanwälte auf den Nationalrat effektiver eingewirkt werden könnte, um die festgestellten Mißstände auch tatsächlich dort vorzubringen, wo sie vorgebracht gehören. Unseren Erfahrungen nach sind eben nur ein Teil dessen, was die Volksanwaltschaft bei ihren Prüfungen zutage fördert, Mißstände der Verwaltung, der andere Teil stellt legistische Unzulänglichkeiten dar.

Das ist – ganz kurz gefaßt – der Inhalt unseres Antrages. Ich meine, daß wir schon bei der nächsten Plenarsitzung Gelegenheit haben werden, uns mit diesem Thema, und zwar bei der Debatte über den 20. Bericht der Volksanwaltschaft, wieder zu beschäftigen. – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Mag. Barmüller und Dr. Kier. )

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

22.20

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Beim Antrag 625/A der Abgeordneten Stoisits wird es zum Finale des Sitzungstages zwischen SPÖ und Grünen keine Harmonie geben, denn hinter diesem Antrag verbirgt sich eigentlich eine grundlegende Änderung der österreichischen Bundesverfassung, ein völliger Systembruch. Laut diesem Antrag sollen nämlich Gesetzesvorschläge, meine Damen und Herren, nicht "nur" – nur unter Anführungszeichen – Abgeordnete des Nationalrates und des Bundesrates sowie die Bundesregierung vorbringen können, sondern auch die Volksanwaltschaft, ein Organ des Nationalrates.

Meine Damen und Herren! Wenn man die Begründung liest, so läßt sich da schon ein eigenartiges Demokratieverständnis erkennen. Da heißt es nämlich: Die Volksanwaltschaft soll den Nationalrat zwingen. – Erlauben Sie mir im Rahmen der ersten Lesung eine etwas drastische Formulierung dazu: Da beginnt ja wirklich der Schwanz mit dem Hund zu wedeln. Das entspricht nicht meinem Verfassungsverständnis und auch nicht dem der SPÖ-Fraktion.

Im übrigen erweist man damit der Volksanwaltschaft einen Bärendienst – um in der Sprache der Tierwelt zu bleiben –, denn laut einem Schreiben vom 19. Jänner 1998 – also ganz aktuell – will die Volksanwaltschaft so etwas gar nicht. Ich zitiere: Sie wünscht sich Prüfkompetenz für aus


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