Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 98

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typ aus technischen Gründen und unter wirtschaftlichen Aspekten praktisch nicht nachrüstbar ist, eine ausführliche Studie der internationalen Expertenkommission belegte dies aus wissenschaftlicher Sicht im Jahr 1995 eindrucksvoll. Das Projekt wurde aufgrund einer Reihe von grundsätzlichen, irreversiblen Sicherheitsdefiziten, etwa das fehlende, nachträglich nicht mehr errichtbare Containment, als inakzeptabel abgelehnt. Warum ist die Bundesregierung von dieser grundsätzlichen Position abgerückt, obwohl faktisch keine Zustandsänderung bei den konstruktiven Sicherheitsdefiziten des Mochovce-Reaktortyps eintreten kann, ja sogar immer neue Mängel und Risikofaktoren bekannt werden?

12. Anhand eines realisierten Referenzprojektes in Bratislava läßt sich ermitteln, daß die Substituierung der 440 MW des Blocks I von Mochovce bei einer Bauzeit von rund 18 Monaten rund 2,5 Milliarden Schilling kosten würde (alleine die Kosten für die Sanierung des Reaktordruckbehälters, durch die noch keine der zuvor bekannten Sicherheitsdefizite des Reaktors behoben wäre, wird mit rund 1 Milliarde angegeben). Aus einer Studie der Energieverwertungsagentur (EVA), die im Dezember 1996 veröffentlicht wurde, geht hervor, daß das ungenutzte Kraft-Wärme-Kopplungs-Potential in der Slowakei bei 1 200 MW, also dem rund dreifachen des Blocks I Mochovce liegt. Wem gegenüber in der Slowakei und auf Ebene der EU hat die Bundesregierung seit der Entscheidung gegen die EBRD/EIB-Finanzierung von Mochovce 1995 diese Fakten in Gesprächen über ein Atomausstiegskonzept dargelegt, und Schritte zur Realisierung dieser Alternativvarianten vorgeschlagen beziehungsweise verhandelt?

13. Welche Konsequenzen für weitere Aktivitäten zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Vorkommnissen im Zusammenhang mit der ebenfalls in den nächsten beiden Jahren drohenden Inbetriebnahme von Block II des KKW Mochovce?

14. Die österreichische Akzeptanz der Inbetriebnahme von Block I des KKW Mochovce infolge (maximal kosmetischer) Sicherheitsnachbesserungen hätte katastrophale Auswirkungen auf die Argumentation gegenüber der Republik Tschechien in Sachen Temelin. Immerhin erfüllt Temelin (bei vielen anderen grundlegenden Defiziten) durch das dort vorhandene Containment ein Sicherheitskriterium, das bei Mochovce nicht erfüllbar ist. Werden Sie gegenüber Tschechien nun ebenfalls die Akzeptanz bestimmter Sicherheitsstandards, und damit letztlich des KKW insgesamt, in den Vordergrund stellen, oder im Sinne der früheren Anti-Atompolitik für die Realisierung eines Alternativprojektes auch im Rahmen der EU-Beitrittsgespräche eintreten?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG verlangt."

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Da die Regierungsbank noch unbesetzt ist, unterbreche ich kurz die Sitzung des Nationalrates. Wir werden dann sogleich mit der Verhandlung der Dringlichen Anfrage beginnen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Frau Abgeordneter Dr. Gabriela Moser als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort, wobei die Redezeit nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Verteidigungsminister! Meine Damen und Herren! 180 Kilometer östlich von hier, von Wien, kann stündlich ein Reaktor in Betrieb genommen, aktiviert werden, der die Bevölkerung sowohl der Slowakei als auch Österreichs bedrohen wird. Es ist das eine Aktion eines souveränen Staates. Wir in Österreich haben keinerlei internationale Handhabe gegen diese Aktivierung der Brennstäbe eines Nachbarstaates. Es betrifft aber sowohl die dorti


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