Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 100

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Ebene, auf der auch Raubmörder verurteilt werden, werden in 2 000 oder mehr Verfahren im Jahr Leute verurteilt, die im geschäftlichen Leben Schiffbruch erlitten haben. In der Regel ist bereits alles außer dem, was sie auf dem Leib haben, versteigert worden, sie haben Verluste erlitten und werden bis an ihr Lebensende dem Exekutor alles abliefern müssen, was sie nahezu allenfalls verdienen. Dann stehen sie aber auch noch vor Gericht.

In sündteuren Prozessen, die nie ohne ein oder zwei Sachverständige abgehen, die mindestens 50 000 S, aber manchmal auch 500 000 S an Gebühren kosten – und die immer der Staat bezahlt, weil die Kosten beim betroffenen Verurteilten uneinbringlich sind –, bekommen diese Leute je nach Laune des Richters zwischen drei oder vier Monaten bedingt als Strafe. Durch diese Verfahren werden die Strukturen der Strafjustiz verstopft, da sie vor ein und demselben Gericht in ein und demselben Saal stehen und grundsätzlich nach dem selben Gesetz wie der "berühmte" Raubmörder – wenn auch nach anderen Bestimmungen desselben – behandelt werden.

Ich weiß, der eine steht vor dem Geschworenensenat und der andere nicht, aber es ist grundsätzlich dasselbe, nur mit entsprechenden Facetten. Und solange sich die Justiz nicht dazu aufrafft, einen grundsätzlichen Wandel in dieser Frage vorzunehmen, werden wir dort bleiben, wo wir heute sind.

Damit bin ich bereits am Ende meiner Ausführungen. Es wird dabei bleiben, daß wir in der Strafjustiz zuwenig differenzieren, daß wir einerseits die wirkliche Schwerkriminalität zu wenig energisch, zu wenig nachhaltig und für den Bürger unbefriedigend behandeln, sodaß der Eindruck entsteht, der eine oder andere werde tatsächlich mit Samthandschuhen angefaßt, und daß das zu Lasten der Sicherheit gehe, und andererseits gibt es jene, bei denen man sich fragt, ob sie überhaupt vor Gericht gehören oder nicht vielleicht eher vor die Gewerbebehörde oder ähnliche Einrichtungen; mit denen wird viel zu radikal und viel zu streng umgegangen.

Meine Damen und Herren! Diese grundsätzlichen Vorstellungen möchte ich, wenn es um die Frage geht, ob die Justiz heutzutage noch eine "gute Firma" ist, anbringen. Meiner Überzeugung nach ist sie es, sie läßt aber Wünsche offen. Diese Wünsche werden von Jahr zu Jahr deutlicher bemerkbar, und wir müssen alle zusammen an ihrer Erfüllung arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Ich erteile ihr das Wort.

16.00

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Werte Kollegen und Besucher des Hohen Hauses! Das Budgetkapitel Justiz ... (Abg. Dr. Gredler: Wen meinen Sie? – Abg. Dr. Fuhrmann: Auch die Kolleginnen !) Auch die Kolleginnen! Ich bitte um Verzeihung. Es ist für mich natürlich selbstverständlich, auch die Damen, die zurzeit zahlenmäßig sehr gut vertreten sind, nicht unbegrüßt zu lassen. (Abg. Mag. Stoisits und Abg. Dr. Gredler: Danke! – Abg. Böhacker: Besucherinnen !) Und die Besucherinnen selbstverständlich auch! Es sind nämlich auch Besucherinnen anwesend. (Abg. Steibl: Laß dich nicht durcheinanderbringen!)

Aber nun weg vom Geplänkel hin zum Budgetkapitel Justiz: Sowohl im Ausschuß als auch im ersten Debattenbeitrag wurde das Kapitel Justiz nicht so sehr zahlenmäßig, sondern justizpolitisch diskutiert. (Abg. Dr. Graf: Welcher Ausschuß? Es tagt ja keiner mehr! Heuer hat noch keiner stattgefunden! Das ist die Budgetrede vom Vorjahr!) Da also die Zahlen nicht im Vordergrund stehen, ziehe ich daraus den Schluß, daß bezüglich der Verteilung der Mittel breiter Konsens herrscht – nicht zuletzt auch mit den betroffenen Beamten, denn ich bin zuversichtlich, daß der erzielte Kompromiß bei den Gehaltsverhandlungen akzeptiert wird. Daß bei den Justizbeschäftigten – oder überhaupt im Justizapparat insgesamt – alles in Ordnung ist, hat nicht nur Kollege Ofner bereits ausgeführt, auch ich orte eine allgemeine Zufriedenheit, nicht nur intern, sondern auch bei der Bevölkerung.


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