Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 97

im Sinn der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität in Europa bestrebt, die EU-Beitrittsbemühungen der mittel- und osteuropäischen Staaten unter Wahrung unserer eigenen Interessen zu unterstützen. Diese Erweiterung als Kernpunkt der fortschreitenden Integration Europas bietet die beste Gewähr, um den Frieden auf dem Kontinent und die Stabilität in den künftigen neuen Mitgliedsländern der Union zu stärken und den Gefahren des Nationalismus, der zum Zweiten Weltkrieg und seinen schrecklichen Folgen geführt hat, unter denen auch die Heimatvertriebenen sehr leiden, wirksam entgegenzutreten.

Ich meine und sage Ihnen das ganz offen: Die Heimatvertriebenen sind die Gruppe, die von allen Opfern des Nationalsozialismus am längsten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unter den Folgen dieser Schreckensherrschaft zu leiden gehabt hat. Zehntausende wurden getötet, Hunderttausende wurden enteignet, Millionen vertrieben. Unrecht wird auch nicht durch den Ablauf der Zeit plötzlich zum Recht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher sollten wir alles tun, um die Aufarbeitung der Geschichte in diesen Ländern zu ermöglichen und nicht zu erschweren, genauso wie auch wir aus eigenem und nicht aufgrund von Druck von außen zu unserer eigenen Aufarbeitung der österreichischen Geschichte gefunden haben. Die Heimatvertriebenen in Österreich brauchen unsere Solidarität und unseren Einsatz: Am besten ist ihnen damit gedient, wenn wir die Tür zum EU-Beitritt auch für diese mitteleuropäischen Länder öffnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Denn damit haben sie die Möglichkeit, Grund und Boden in ihrer ehemaligen Heimat wieder zu erwerben. Sie haben die Möglichkeit, wieder in ihre Heimat zu ziehen, wenn sie dies wollen. Sie haben die Möglichkeit, Firmen aufzubauen. Sie können all das tun, was heute nicht so einfach ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch völlig falsch, was Sie da sagen!)

Die von den Freiheitlichen immer wieder verlangten Junktims ihrer Forderungen mit der EU-Erweiterung würden gerade jenen nationalistischen Kräften in den Beitrittskandidatenländern helfen, die den Anliegen der Heimatvertriebenen und der Minderheiten am ablehnendsten gegenüberstehen. Die Nationalisten in der Tschechischen Republik und wohl auch in Slowenien würden diese Sprache wahrscheinlich dankbar aufgreifen, um sich einer Integration in eine europäische Rechtsordnung am nachhaltigsten entgegenzustellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Sinn schließe ich. Ich glaube, daß die schrittweisen Bemühungen um Europäisierung der Menschenrechte und der Rechtsordnungen in diesen Ländern viel besser sind als die Brachialpolitik, die offensichtlich andere wollen. Ich stehe für letztere nicht zur Verfügung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Jedem Klub steht eine Redezeit von 25 Minuten zur Verfügung. Einzelredezeitbeschränkung: 10 Minuten.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.40

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Landsleute (in Richtung Zuschauergalerie) hier im Hause! Herr Minister, es ist fast erschreckend, wenn man in diesem Zusammenhang Ihre Worte hier im Hause hört. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nach all dem, wie Sie hier und heute zu diesen menschenrechtlichen Problemen Stellung genommen haben, glaube ich fast wirklich, daß Sie der Advokat der Tschechischen Republik sind, aber nicht jener der Heimatvertriebenen, der Heimatvertriebenen, die unsere Landsleute, die unsere Wähler sind und für die wir natürlich Verantwortung tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Minister, haben gesagt, daß sich die Frage stellt, welcher Weg zum Ziel führt. (Bewegung auf der Galerie. – Abg. Rosemarie Bauer: Die gehen schon! Es reicht ihnen!) Da gebe ich Ihnen recht: Das ist die entscheidende Frage. Man muß einmal ganz klar und eindeutig fest


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