Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 36

müssen das tun, was wir können, um die Folgen dieses Unrechtes zu tilgen, um die Folgen dieses Unrechtes zu lindern. (Beifall bei der ÖVP. – Abgeordnete von den Grünen verteilen das Buch "Die Auslöschung. Der Fall Thorsch" von Hubertus Czernin an alle Abgeordneten.)

Meine Damen und Herren von der grünen Fraktion! Frau Moser, Frau Stoisits und Herr Öllinger! Es geht jetzt um ein sehr ernstes Thema, und ich stelle fest, daß Ihr Aktionismus offensichtlich der Ernsthaftigkeit dieses Themas nicht angemessen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Ganz im Gegenteil! Das ist eine Lektüre, die einem Abgeordneten guttun wird, sie zu lesen! – Die angesprochenen Abgeordneten setzen mit der Verteilung des genannten Buches fort. – Empörung bei der ÖVP. – Abg. Dr. Höchtl: Das ist unerhört! Das ist eine Frechheit!) Darf ich in meiner Rede fortsetzen. Vor allem und für alle ...

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche jetzt die Sitzung für fünf Minuten, denn ich will Herrn Abgeordneten Dr. Khol nicht zumuten, seine Rede zu diesem wichtigen Thema zu halten, während etwas verteilt wird. Ich anerkenne andererseits eine ehrliche Absicht der grünen Fraktion. Ich kenne das Buch, das hier verteilt wird.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 10.14 Uhr unterbrochen und um 10.19 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben eine kurze Aussprache gehabt. Es ist unbestritten, daß in den vergangenen Jahren hin und wieder toleriert wurde, daß etwas verteilt wurde, es ist aber jetzt innerhalb einer Stunde zweimal erfolgt. Es ist ein sehr ernstes Thema, das wir jetzt hier verhandeln. Der Erstredner hat sich gestört gefühlt, und ich verstehe das (Abg. Kiss: Zu Recht, Herr Präsident! Es war eine reine Provokation, da Pakete auszupacken!), und wir haben daher vereinbart, daß vom Präsidium solche Verteilaktionen bis auf weiteres nicht akzeptiert werden. Das ist von allen, die an der Besprechung hier teilgenommen haben, für richtig befunden worden.

Wir werden uns in der Präsidialkonferenz noch gründlich damit auseinandersetzen, damit irgendwelche netten Gesten nicht unterbunden werden, aber alles unterbunden wird, was als eine Störung der Sitzung oder als eine Störung des Redners empfunden werden muß oder zumindest empfunden werden kann. Ich bitte um Verständnis dafür.

Herr Abgeordneter Dr. Khol wird jetzt noch einmal mit seiner Rede beginnen, und ich hoffe, daß gerade diese Debatte in einer Form über die Bühne gehen wird  –  und davon bin ich überzeugt –, mit der sich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses identifizieren können. Danke vielmals.

Herr Abgeordneter Dr. Khol, Sie haben das Wort. – Bitte.

10.20

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich beginne meine Rede zu diesem wichtigen Thema noch einmal. Wir beschäftigen uns heute mit zwei Gesetzen, die das Unrecht lindern sollen, das während des nationalsozialistischen Terrors und danach an Opfern des nationalsozialistischen Regimes begangen wurde.

Meine Damen und Herren! Ich betone: Jeder Generation, auch der unsrigen, ist die Auseinandersetzung mit den Folgen des Holocaust ständig aufgetragen, ist die Auseinandersetzung mit den Folgen des Nationalsozialismus ständig aufgetragen. Und je deutlicher das Unrecht, das Verbrechen wird, umso deutlicher wird auch die Verantwortung. Durch die historische Forschung, durch die Ausbildung und Bildung, die die Menschen an unseren Schulen und unseren hohen Schulen erhalten, steigt das Unrechtsbewußtsein, weil die Verbrechen immer deutlicher zutage treten. Wenn wir heute diese Gesetze beschließen, die gleichsam zwei kleine Schritte sind, werden wir diesem gesteigerten Verantwortungsbewußtsein gerecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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