Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 168

anderes – eingetreten ist, könnte gelten, daß keine Berufskrankheit vorliegt. Auch das wäre ein gangbarer Weg. (Abg. Öllinger: Macht einen Antrag!)

Meine Damen und Herren! Sie sehen, das ist eine gar nicht einfache Materie. Im Zuge oberstgerichtlicher Entscheidungen wurde wiederholt ganz deutlich gesagt, daß die Entscheidungen bisher eher nicht im Sinne der Arbeitnehmer getroffen wurden.

Als Beispiel habe ich hier eine oberstgerichtliche Entscheidung aus dem Jahr 1987, in der es heißt: "Ob eine Krankheit als Berufskrankheit gemäß § 77 Abs. 2 ASVG gilt, kann nicht als Vorfrage im sozialgerichtlichen Verfahren geprüft werden." – Das ist eine ganz eindeutige Aussage.

Eine zweite Entscheidung aus 1988 lautet: "Die Anerkennung auch anderer Krankheiten als der bereits in Anlage 1 erfaßten ist nur durch den Träger der Unfallversicherung möglich."

Meine Damen und Herren! Im Zuge der 32. ASVG-Novelle 1976 haben wir schon einmal diese Generalklausel, allerdings in der zitierten eingeschränkten Form, diskutiert und auch festgelegt. Es ist in der letzten Zeit auch eine Reihe weiterer Krankheiten dem Bild der Berufskrankheiten nähergerückt. Strittig sind zum Beispiel Sehnenscheidenerkrankungen sowie Erkrankungen der Wirbelsäule.

Ich finde, es war richtig, daß die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Unfallversicherungsanstalt ersucht hat, die Problematik der Aufnahme berufsbedingter Wirbelsäulenschäden und Sehnenscheidenerkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten bis Ende 1999 einer fundierten Prüfung zu unterziehen. Ich denke, wenn diese Unterlagen vorliegen, dann können wir im Ausschuß auch entsprechend darüber beraten und gegebenenfalls eine Gesetzesänderung durchführen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

19.09

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag, der von Herrn Kollegen Öllinger und Freunden eingebracht wurde, hat sicherlich keinen besonderen Seltenheitswert. Wir haben uns mit diesem Thema schon in mehreren Sozialausschußsitzungen beschäftigt. Zugegeben, wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sich auch auf diesem Gebiet laufend Veränderungen ergeben, gleichzeitig können wir aber auch darauf verweisen, daß wir gerade im Arbeitnehmerschutz nicht nur modern, sondern aktuell und problembezogen vorgehen. Es ist im großen und ganzen, wie ich meine, ein sehr gutes Gesetz, mit dem wir uns hier auseinanderzusetzen haben.

Die Berufskrankheitenliste ist gesetzlich genormt. Sie ist zwar, was die Zahl der ausgewiesenen Krankheiten anlangt, sicherlich nicht so breit angelegt wie die diesbezügliche Richtlinie der Europäischen Union, es besteht aber keinerlei Verpflichtung, diese Richtlinie einzuhalten.

Darüber hinaus möchte ich auch sehr deutlich feststellen, daß wir mit unserer Berufskrankheitenliste auf unseren Arbeitsmarkt, auf unsere Wirtschaft, auf unsere Ansprüche, aber auch auf unsere Besonderheiten und Gefährdungen Bezug nehmen, während die Europäische Union in ihren Richtlinien auf die Weite und Breite der Union und auf die Gefährdungspotentiale aller Mitgliedsländer in hohem Maße Bezug nimmt.

Herr Kollege Öllinger hat davon gesprochen, daß die Generalklausel, die wir haben, seiner Ansicht nach eher eine Art Spezialklausel darstellt. – Herr Kollege Öllinger! Ich sehe das ganz anders. Wir haben eine korrekte Auflistung der Berufskrankheiten, und darüber hinaus ist die Möglichkeit gegeben, daß das Ministerium in Einzelfällen, nämlich dann, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit 50 Prozent und mehr beträgt und wenn man ermessen kann, daß diese Schädigung ausschließlich aufgrund der beruflichen Tätigkeit entstanden ist, in einem Genehmigungsverfahren zustimmen kann. Ich finde, daß das vorerst ausreicht.


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