Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.10

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic, was ich Ihnen vorwerfe, ist, daß Sie zwar mit einer anderen Waffe, aber vom Endergebnis her gleich nur auf das Polarisieren aus sind. (Abg. Dr. Petrovic: Ich habe keine Waffe! Nie gehabt!)

Ich hoffe, es stört Sie nicht, Frau Kollegin Petrovic, daß mit mir ein Sozialdemokrat am Rednerpult steht, der keine Frau ist. Ich hoffe, Sie billigen mir zu – auch wenn ich kein ausgebildeter Jurist bin –, so viel gesundes Rechtsverständnis zu besitzen, daß ich mich an dieser Debatte beteiligen kann. Zum zweiten möchte ich meine Meinung deshalb einbringen, weil ich einer derjenigen bin, die das erlebt haben, was so viele leider heute noch erleben müssen.

Ich war im Jahre 1956 ein Flüchtling aus Ungarn und habe diese Situation als Kind, das gerade die erste Klasse Volksschule in Ungarn begonnen hat, erlebt. Ich könnte die schillerndsten Geschichten darüber erzählen, wie es mir, meiner Schwester und der gesamten Familie dabei gegangen ist! Es fällt mir dann mitunter sehr schwer, einfach nur zu nicken, wenn ich höre, wie toll Österreich damals diese Flüchtlinge aufgenommen habe, denn mir fallen sehr viele anderslautende Geschichten dazu ein. Deshalb fällt es mir auch schwer, in dieser Debatte die Ehrlichkeit herauszulösen, denn es geht nicht darum, ob ich mit dem rechten oder linken Ansatz argumentiere, schon gar nicht darum, ob ich mit der "Mitte" argumentiere, denn, lieber Paul Kiss, wenn du die Mitte bist, dann hat diese Mitte eine satte Bandbreite! (Abg. Kiss: Da ist aber der Schlögl auch!)

Daher sage ich folgendes: Es geht nicht um schwarz, es geht nicht um weiß, es geht nicht um rechts, es geht nicht um links, sondern es geht um die Richtung der Asylpolitik! (Abg. Dr. Petrovic: Das ist das Problem!) Und die Richtung, die das Parlament gemeinsam mit dem Minister vorgibt, ist die richtige. Sie ist zielorientiert, menschenorientiert, schicksalsorientiert und von der Tatsache getragen, daß es unverantwortlich wäre, einfach zu sagen: Jeder kann kommen, alle Argumente werden gewürdigt, wir lassen alle Menschenströme in unser Land. (Abg. Dr. Petrovic: Wer sagt denn das?) Das läuft aber immer darauf hinaus, Frau Kollegin Petrovic, denn in jenem Augenblick, in dem Sie – berechtigterweise! – Einzelschicksale darstellen, muß ich Ihnen sagen: Egal, ob wir allen Tür und Tor öffnen wollen oder nicht (Abg. Dr. Petrovic: Wer hat das gesagt?), letztendlich werden wir immer beim Einzelschicksal landen, es wird immer ein ganz besonderes Schicksal sein, das uns vorgelegt wird. (Abg. Dr. Petrovic: Dann sprechen Sie zu diesen Beispielen! Wie würden Sie urteilen im Fall der Familie S.?)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic! Wir sehen die einzig sinnvolle Vorgangsweise darin, zu sagen: Prüfen wir und versuchen wir, unter dem Gesichtspunkt der Menschlichkeit all jenen zu helfen, die Hilfe brauchen. (Abg. Dr. Petrovic: Glauben Sie, daß die Kosovo-Albaner Ihre Hilfe brauchen? Glauben Sie das?) Minister Schlögl hat in diesem Hause bereits mehrfach ein Bekenntnis dazu abgelegt, daß er sich schützend vor jene Menschen stellt, die in Österreich auch Schutz bekommen können, ihnen wird er den Zugang verschaffen! (Abg. Dr. Petrovic: Glauben Sie, daß Frau S. keine Hilfe braucht?) Das ist die richtige Politik, und diese Politik vertreten wir mit Minister Schlögl, Frau Petrovic! (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei geht es nicht darum, zu fragen, was einige Gruppen dankenswerterweise leisten (Abg. Dr. Petrovic: Glauben Sie, daß die Kosovo-Albaner keine Hilfe brauchen?) – gerade die NGOs tun hier sehr viel –, sondern es geht darum, was wir diesen ermöglichen. Und wir ermöglichen diesen Gruppen mit unserem Rechtsrahmen und auch mit finanziellen Mitteln, den Menschen so zur Seite zu stehen, daß sie die Einzelschicksale, auf die es letztlich ankommt, betreuen können.

Ich würde mir für den weiteren Verlauf der Debatte wünschen, daß wir nicht in Schwarzweißmalerei verfallen, sondern so argumentieren, daß jeder, auch die Zuhörer, wahrnehmen kann, daß wir uns bemühen, aber nicht alles zu schaffen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15


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