Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 93

Ebenfalls aus diesem Grunde vertrete ich die Auffassung, daß ein Großteil der Kritik des Rechnungshof-Sonderberichtes zum Semmering-Basistunnel an die falschen Stellen gerichtet wurde. Die Kritik an der Kostensteigerung ist eben vor allem dem niederösterreichischen Landeshauptmann zuzurechnen.

Würde man die derzeitige Taktik der Tunnelgegner auf die Straßenverkehrspolitik umlegen, wäre dies eine Politik, die für moderne Lastwagen ein hochrangiges, leistungsfähiges Straßennetz ausbaut, wobei jedoch an einer nicht unbedeutenden Stelle der Autobahn quasi durch eine Holzbrücke diese bedeutende Strecke unterbrochen wird, womit man alle Investitionen rundherum abwertet, weil man eben über diese Brücke nur mit geringster Geschwindigkeit und halber Fracht fahren könnte.

Hohes Haus! Der angebliche Widerstand gegen den Semmering-Basistunnel signalisiert meiner Meinung nach de facto nichts anderes als den irrationalen Wunsch, das österreichische Eisenbahnwesen zu einem Museumsbetrieb verkommen zu lassen. Was auf dem Sektor der öffentlichen Straßen selbstverständlich und begrüßenswert ist, nämlich hohe Leistungsfähigkeit, soll der Schiene konsequent verweigert werden.

Wir Sozialdemokraten werden dies zu verhindern wissen. Daher treten wir weiterhin vehement für den Bau des Semmering-Basistunnels ein und nehmen den Rechnungshofbericht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.32

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Es ist schon sehr wohltuend, wenn ein Abgeordneter aus Niederösterreich als Vorredner das Wort ergreift und sich so vehement für den Bau des Tunnels einsetzt. Ich bedanke mich beim Kollegen Robert Sigl. Das ist nämlich eine klare Demonstration der Geschlossenheit der SPÖ in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich werde einige kritische Anmerkungen zu diesem Bericht machen. Ich teile nämlich nicht die Auffassung von Ihnen, Herr Kollege Kukacka, daß Berichte des Rechnungshofes sakrosankt sind (Abg. Mag. Kukacka: Eh nicht!), daß der Rechnungshof unfehlbar ist und daß man nicht diskutieren darf. (Abg. Mag. Kukacka: Das hat niemand behauptet! – Abg. Dr. Khol: Das hat er nicht gesagt!) Dann ist es ja gut, Herr Klubobmann Khol. (Abg. Mag. Kukacka: Dieselben Maßstäbe müßten dann aber auch für den Wirtschaftsminister und für den Verteidigungsminister gelten!) Das gilt auch. (Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir aber bisher noch nie gesehen! Da hat es noch nie ein Wort der Kritik gegeben!) Herr Kollege Kukacka! Das gilt natürlich. (Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir noch nie gehört, wenn es um den Wirtschaftsminister oder den Verteidigungsminister gegangen ist!)

Meine Damen und Herren! Wenn man nicht über Berichte diskutieren darf, dann frage ich mich schon, wozu wir seit 10.30 Uhr hier debattieren. Meine Auffassung ist und bleibt: Bevor wir hier im Nationalrat mit Beschluß einen Rechnungshofbericht zur Kenntnis nehmen oder nicht zur Kenntnis nehmen, hat eine Diskussion stattzufinden. Ich hoffe schon sehr, daß diese Auffassung mehrheitsfähig ist.

Meine Damen und Herren! Der aktuelle Bericht des Rechnungshofes ist nicht so falsch wie der Bericht zum steirischen Plabutsch-Tunnel. Dieser Tunnel ist ungeheuer wichtig für den Verkehr im Großraum Graz, und wie Sie ja alle wissen, beginnt man jetzt im Jahre 1999 mit dem Bau der zweiten Röhre. (Abg. Mag. Kukacka: Haben Sie vielleicht noch ein älteres Beispiel? Vielleicht eines aus den fünfziger Jahren? Denn das ist aus den siebziger Jahren!) Kehren wir diese Fakten nicht unter den Teppich, Herr Kollege Kukacka, denn damals hat sich der Rechnungshof auch auf die Seite der Tunnelgegner geschlagen – und er hat sich geirrt!


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