Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 555

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Die für die bäuerlichen Betriebe durch artgerechte Tierhaltung entstehenden Mehrkosten müssen abgegolten werden.

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Meine Damen und Herren! Ich habe gestern auf dem Marktplatz die Frau Krammer sprechen gehört. Sie hat sich dort wieder an der klaren Produktdeklaration vorbeigeschwindelt. Sie hat sehr eloquent dargestellt: Wir wollen das Positive kennzeichnen. Wir schreiben auf ein Ei: "Aus Freilandhaltung", aber bitte, schreiben wir nichts drauf, wenn es aus einer Käfighaltung kommt. Wir schreiben beim Rindfleisch möglicherweise alle guten Sachen drauf: Daß das Rind vorher auf der Alm herumgelaufen ist, beste Fütterung, beste Haltung, beste Pflege. Aber bei den Produkten, die aus der Agrarindustrie kommen, da schreiben wir lieber nichts drauf. Das wissen die Konsumenten ja "eh", weil dann, wenn nichts draufsteht, ist das ein Produkt aus der Agrarindustrie.

Ich weiß nicht, wer diese Logik in diesem Hause noch teilt, aber diese Logik ist natürlich eine verquere, weil wir ganz genau wissen, daß es viele kleine Produzenten gibt, die nicht die Möglichkeit haben, eine Marke aufzubauen, die nicht die Möglichkeit haben, in der Verpackung so konsequent und so klar vorzugehen. Aber da würde es helfen, wenn wir eine bundeseinheitliche Deklarationspflicht vorsehen würden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

10.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die drei Entschließungsanträge, die Herr Kollege Wabl referiert hat, stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

10.48

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte um das Landwirtschaftsbudget für die Jahre 1996 und 1997 ist ein guter Anlaß, eine erste, sehr realistische Analyse aus meiner Sicht über die Erfahrungen der österreichischen Landwirtschaft, der Bauern, der Verarbeitungswirtschaft, über diese 16 Monate Mitgliedschaft bei der Europäischen Union zu legen.

Ich lege Wert auf die Feststellung, daß es ein realistisches Bild ist, weil niemandem damit gedient ist, hier entweder in Jubel auszubrechen oder in Pessimismus zu machen, weil wir dieses realistische Bild einfach brauchen, um die richtigen Schritte zu setzen.

Dieses erste Jahr der Mitgliedschaft hat uns gezeigt, daß wir einige Schwächen haben, Schwächen etwa im Bereich der Verarbeitungsstruktur, Schwächen im Bereich der Marktpositionen im Ausland, die wir Schritt für Schritt beseitigen müssen. Es hat sich aber genauso gezeigt, daß wir wesentliche Stärken haben. Stärken beispielsweise – und ich bin sehr dankbar, daß die Bauern richtig auf diese Herausforderung reagieren – nicht nur dadurch, daß die Förderungsumstellung in sehr kurzer Zeit vorbildlich gelungen ist, und daß gerade im Bereich Marktoffensiven, im Bereich zusätzlicher Innovationen und Pilotprojekte die Bauern nicht, wie viele vermutet haben, die Hände in den Schoß gelegt haben, sondern sehr aktiv auf diese Herausforderung zugegangen sind.

Zweitens wird immer klarer – und auch dafür bin ich dankbar –, daß es aufgrund dieser Grundorientierung der österreichischen Landwirtschaft, der österreichischen Agrarpolitik, nämlich dieser ökologischen Ausrichtung der Produktion dieser Unverwechselbarkeit der Produktion, auch im Sinne unserer Stärken, unserer Stärken als Österreich, gelungen ist, gemeinsam mit der Tourismuswirtschaft, gemeinsam mit der Umweltpolitik auf diesen Stärken weiter aufzubauen, und nicht Fehler zu machen, die manche gemacht haben, zum Beispiel auch, nicht alles zu tun, was getan werden könnte, was technisch machbar wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren und Herr Kollege Wabl! Wir sind in der österreichischen Landwirtschaft über viele Jahre eher dafür gescholten worden, daß wir nicht alles gemacht haben, was technisch machbar ist. Das hat sich aber als richtig herausgestellt. Ich bin froh, daß wir diesen Weg immer konsequent gegangen sind. Es ist traurig – ich sage das auch sehr offen –, daß die


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