Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 181

es sich hingegen um mehrere Taten handelt, dann soll es auch gar keine Ausschließung der einen durch die anderen geben. Das ist auch jetzt nicht der Fall.

Warum ist das erste gegeben? – Weil es sich eben nicht um eine Entkriminalisierung handelt, sondern die Handlung weiterhin nach dem gerichtlichen Strafrecht strafbar ist und es daher nicht zu einer Doppelbestrafung kommt, weil das Subsidiaritätsprinzip des Verwaltungsrechtes auch in diesem Fall zieht.

Meine Damen und Herren! In der Tat, jener juristisch versierte Zeitungskommentator hat recht, der vor wenigen Tagen vom Umlernen im Strafrecht geschrieben hat. Vor uns steht die umfangreichste Neugestaltung der Strafrechtspflege seit der Strafrechtsreform der siebziger Jahre.

Der nach einer jahrelangen in voller Öffentlichkeit und in all den verschiedenen Gremien geführte Diskurs hat im Justizausschuß des Hohen Hauses einen breiten rechtspolitischen Konsens gefunden, und ich nehme wohl an, daß das heute auch der Fall ist. Ich halte das für eine gute Voraussetzung für eine Umsetzung der Diversion in die Praxis und für eine Akzeptanz auch durch die Bevölkerung.

Ich möchte nicht verabsäumen, an dieser Stelle allen, die am Zustandekommen dieses heutigen Beschlusses in der einen oder anderen Phase ihren Beitrag geleistet haben, herzlich zu danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs eines festhalten: Herr Kollege Ofner, Sie haben hier in einer tatsächlichen Berichtigung behauptet, die Richtervereinigung wäre gegen die Einführung dieser Maßnahme gewesen. Das ist nicht richtig! Ich habe hier ein Stichwort-Protokoll des Ausschusses, und dort hat Herr Aistleitner ausdrücklich gesagt, erstens, daß sie anerkennen, daß auf die Bedenken der Richter eingegangen wurde, zweitens, daß es eine vernünftige Lösung ist, drittens, daß die Einzelfallgerechtigkeit gewinnt, daß die Grenze der Einzelrichterzuständigkeit gut ist und so weiter und so fort. – Was Sie hier gesagt haben, ist also nicht ganz richtig! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, daß die Österreichische Volkspartei gegen den ursprünglichen Entwurf tatsächlich massive Bedenken gehabt hat. Wir können aber heute feststellen, daß auf viele dieser Bedenken eingegangen wurde. Uns kam es vor allem auf die Verstärkung der Einflußmöglichkeiten des Opfers und auf die Verbesserung der Wiedergutmachung für das Opfer an.

Es ging uns auch um die Definition des Anwendungsbereiches; auch das wurde bereits gesagt.

Letztendlich aber – und das war für uns ein besonderes Problem, das gebe ich gerne zu – ging es um jene Fälle, bei denen es nicht um die Bereinigung eines persönlichen Konfliktes, sondern um die Bereinigung eines Konfliktes zwischen Einzelpersonen und den Institutionen des Staates geht.

Mit Genugtuung können wir heute feststellen, daß es gelungen ist, einen Gesetzentwurf mit Augenmaß auszuverhandeln, der sich breiter Zustimmung gewiß sein kann. Durch das neue Gesetz wird mehr für das Opfer getan (Abg. Dr. Ofner: Das ist überhaupt nicht wahr! Unverschämt! Es ist eine Entkriminalisierung!), ohne daß man vor den Massendelikten kapitulieren muß, Herr Dr. Ofner!

In den Bereichen der Kleinkriminalität kommt es nicht zur Entkriminalisierung – das wissen Sie genauso wie wir –, denn sonst müßten wir die Tatbestände eliminieren oder man hätte zumin


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