Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 223

Männer müssen sich – und ich zitiere hier einen auch in den ÖVP-Reihen gern zitierten Soziologen und Theologen, nämlich Paul Zulehner – umgehend auf die Suche nach der eigenen Identität machen, sonst verkümmern sie seelisch.

Männerpolitisch ist es daher notwendig, Frauen Macht, Einfluß und Erwerbschancen einzuräumen, damit sie sich nicht im Alter fürchten müssen. Ich zitiere, vor allem für die noch anwesenden niederösterreichischen Kollegen, den niederösterreichischen Frauen- und Familienbericht, in dem die Sorge der Frauen um Armut im Alter, vor allem aufgrund von mangelnder Umsetzung von Erwerbschancen und geringer Möglichkeit, Pensionsmonate zu sammeln, im Zentrum steht.

Schließlich: Es ist eine Männerpolitik notwendig, die den Kinderwunsch ernst nimmt – den eigenen und den der Partner. Wenn es so ist, daß sich Österreichs Männer und Frauen zwei Kinder wünschen, aber jede zweite Frau, jedes zweite Paar nur ein Kind davon umsetzt (Abg. Dr. Mertel: "Umsetzt" ist gut!) – einen Wunsch setzt man um, denke ich, oder? (Abg. Dr. Brauneder: "sich erfüllt"!) – "sich erfüllt" ist poetischer, danke schön! –, dann ist doch Alarmstufe allerhöchster Art angesagt. Da brauche ich überhaupt keine weiteren Berichte aus dem Frauenressort, aus dem Familienressort, sondern da weiß ich eigentlich, woher ... (Abg. Dr. Mertel: Da reicht der Bericht Flemming aus 1989!) Der Bericht Flemming aus 1989! Wunderbar! Liebe Frau Dr. Mertel, den holen wir heraus! Bis zum Erscheinen des nächsten Frauenberichts – das wird bald sein – lesen wir Flemming! – Danke, das ist ein guter Abgang! (Beifall bei der ÖVP.)

0.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.26

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, wir sollten der Diskussion um die willenlosen Frauen und die normalen Menschen – die Männer – aufgrund der vorgeschrittenen Zeit ein Ende setzen. Ich glaube, es ist auch falsch, wenn man Frauenpolitik immer nur im Zusammenhang mit der Familienpolitik diskutiert und die Frau immer und ausschließlich nur als Teil der Familie definiert und sie nicht als Menschen mit eigenem Sein sieht.

Wir haben die Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß die Frauen ihr Leben so gestalten und so führen können, wie sie es wollen. Die Definition darf nicht dahin gehen, daß sie ihr Glück immer im Kinderkriegen finden müssen. – Das nur ganz kurz vorweg.

Auch ich möchte mich recht herzlich für den Bericht bedanken, auch für die sehr schwierige Tätigkeit der Gleichbehandlungsanwältin. Es geht ja aus den vielen Seiten, auf denen das sehr genau beschrieben wurde, hervor, wie vielfältig diese Aufgabe ist.

Bei dieser Aufgabe geht es erstens einmal um die konkrete Hilfestellung für betroffene Frauen, für Frauen, die Diskriminierungen ausgesetzt sind.

Der zweite Bereich ist die Information der Betriebsrätinnen und Betriebsräte. (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Diese Zwischenrufe zeigen, daß die Information der männlichen Abgeordnetenkollegen im Bereich Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz wahrscheinlich auch erforderlich wäre.

Drittens bin ich auch für die mediale Aufbereitung der Themen dankbar, weil das ein Schritt zur Bewußtseinsbildung ist. Zwei Beispiele möchte ich nennen, bei denen ich glaube, daß es durch die Tätigkeit der Gleichbehandlungsanwältin, durch die Diskussionen der Berichte – und ich teile die Auffassung, daß es traurig ist, daß diese Diskussion um diese Uhrzeit stattfindet – eine Form von Bewußtseinsbildung innerhalb der Bevölkerung gegeben hat.

Es ist unumstritten und bedarf keiner Diskussion, daß es sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gibt, daß Frauen davon betroffen sind, und es ist unumstritten – und das war vor einigen Jahren


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