Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 93

Wahrscheinlich ein noch glaubhafteres Bekenntnis zum Aufeinander-Zugehen, zu einer partnerschaftlicheren Politik, zum Überwinden von Interessensgegensätzen, zu mehr Toleranz und mehr Humanität – und das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Und das sollte sich vor allem auch in Diskussionsbeiträgen von Oppositionsabgeordneten wiederfinden. (Beifall bei ÖVP.)

14.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.42

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schieder hat davon gesprochen, daß die Staatengemeinschaft im Kosovo-Konflikt vor einer sehr großen Herausforderung gestanden ist. Wir haben nun gesehen, daß die Annahme dieser Herausforderung zu einem ungeheuren Desaster geführt hat. Die Flüchtlings-Hochkommissärin Ogata brachte es auf den Punkt: Es ist mit 100 000 Menschen gerechnet worden, die unterzubringen wären, aber jetzt sind es 900 000 Flüchtlinge geworden, um die sich der UNHCR kümmern muß.

Herr Kollege Van der Bellen! Sie meinten, hätte man all die finanziellen Mittel, die jetzt für Bomben und Kriegsmaterial aufgewendet werden, vorher in das Land gesteckt, dann hätte man verhindern können, was jetzt passiert. – Dazu kann ich nur sagen, es wäre sehr schön, wenn die Politik so funktionieren würde. Aber wir wissen doch ganz genau, daß leider Gottes die Politik anders ist. Selbst wenn man alle Mittel dieser Welt nach Serbien gesteckt hätte, hätte sich Milošević seinen Traum von einem ”gesäuberten” Serbien wahrscheinlich nicht nehmen lassen. Ich meine, man muß auch diese Realität zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß ehrlich sagen, ich weiß auch nicht, wie man das Problem besser hätte lösen können. Ich bin mir aber dessen ganz sicher, daß man einen solchen Völkermord, eine solche "ethnische Säuberung" oder wie immer man das nennt, nicht hinnehmen kann. Das ist doch völlig klar! (Abg. Dr. Khol: Das Wort "Säuberung" hat Ihr Klubobmann verboten!)

Als zum Beispiel im Jahre 1945 die Deutschen aus Tschechien vertrieben wurden, da hat die gesamte Welt zugeschaut, da wurde teilweise sogar noch applaudiert zu dieser Austreibung. Und später sind in Serbien diese Austreiber sogar als Helden gefeiert worden. Diejenigen, die die Deutschen vertrieben haben, sind in den Schulbüchern als große Helden dargestellt worden. (Abg. Ing. Langthaler: Da hat es aber eine Vorgeschichte mit mehreren Millionen Toten gegeben! Da hat Deutschland vorher schon ein bißchen etwas gemacht!) Aber es darf bitte nicht mehr passieren, daß es in einem solchen Fall keine Sanktionen gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde, jedes Land muß wissen: Wenn ein solcher Völkermord stattfindet, dann ist seitens der Internationalen Staatengemeinschaft mit Konsequenzen zu rechnen.

Kollege Van der Bellen! Sie haben auch den Vorwurf erhoben, die Politik, die jetzt gemacht wird, sei nicht realistisch, Sie bezweifelten deren Realitätssinn. – Ich glaube, trotz aller Emotionen muß man sich eben auch einen Realitätssinn bewahren. Ich meine, daß es wirklich völlig falsch ist, wenn angesichts dieser Zahl von 900 000 Flüchtlingen in den Nachbarländern Serbiens gesagt wird: Wir müssen jetzt alle Flüchtlinge, zumindest einen Großteil davon, aufnehmen und über ganz Europa verteilen! – Das geht meiner Meinung nach gar nicht, denn man würde damit nur die Absichten von Milošević verwirklichen, nämlich einen sogenannten ”gesäuberten Kosovo”, und damit würden wir ihm seinen größten Wunsch erfüllen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jene Länder, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen – vor allem mit der Begründung, daß man damit Milošević unterstützen würde –, wissen ganz genau, warum sie diesen Standpunkt vertreten und sagen: Nein, wir nehmen keine Flüchtlinge auf!


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