Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 160

19.14

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf das eingehen, was Herr Kollege Öllinger, Frau Kollegin Schaffenrath und zuletzt auch Kollege Gaugg gesagt haben.

Bekanntlich sind wir in einer Koalition, und in manchen Belangen und bei manchen Themen – das hat sich auch beim Frauen-Volksbegehren gezeigt – sind wir eben unterschiedlicher Auffassung. Hier in diesem Haus brauchen wir aber Mehrheiten. (Abg. Dr. Graf: Die Mehrheit ist aber da!) Es war uns eben nicht möglich, gewisse Anträge, hinter denen wir stehen – und das bekräftigen wir heute –, auch umzusetzen. Und es ist uns deshalb so wichtig, jetzt noch einmal eine erste Lesung durchzuführen, weil die vorliegenden Anträge die Durchsetzung unseres Anliegens, nämlich den Wiedereinstieg für Frauen nach der Karenz, erst möglich machen.

Dazu möchte ich zunächst sagen: In Österreich steigen nur ein Drittel der Frauen nach der Karenz wieder ein, und das ist viel zu wenig, und wir haben auch eine zu niedrige Frauenbeschäftigungsrate. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern sind bei uns 90 Prozent der Frauen bis zum Alter von 25 Jahren berufstätig, steigen dann aber zehn, 13 oder 15 Jahre aus. Und es ist danach ganz, ganz schwierig, daß diese Frauen wieder einsteigen können und auch noch genügend Pensionsversicherungszeiten in der Arbeitswelt erlangen. Außerdem besteht das Problem, daß die Frauen finanziell bis zur Pension benachteiligt sind.

Ich halte es für unverantwortlich, wenn in dieser Gesellschaft den jungen Frauen suggeriert wird, es gebe eine finanzielle Absicherung über die Ehe oder auch über den Staat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) Und wenn von freier Entscheidung gesprochen wird, dann muß ich sagen: Eben diese Wahlfreiheit gibt es nicht! Herr Kollege Khol! Ich beziehe mich jetzt auf einen Artikel in den "Salzburger Nachrichten": Ihre Partei, die immer so stark die Hausfrauen unterstützt, ist nicht bereit, durch das neue Scheidungsrecht dafür zu sorgen, daß Frauen, die 25 oder 30 Jahre zu Hause waren, dann zwar schuldig geschieden werden, aber ohne Existenzsicherung dastehen, von den Männern weiter unterstützt werden. Das heißt: Wenn jemand die Hausfrauen nicht ernst nimmt und nicht unterstützt, dann ist es nicht unsere Partei, sondern dann ist es wie in diesem Fall tatsächlich die ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens – der Kinderbetreuungsscheck: Es ist für jeden Mann ganz klar und selbstverständlich, daß nur die Berufstätigkeit eine finanzielle Absicherung bietet. (Abg. Dr. Graf: Sie haben das nicht verstanden!) Den Frauen will man hingegen einreden, daß sie zu Hause bleiben könnten, ein paar Jahre ein Almosen bekommen – denn mehr ist es meistens nicht – und sich irgendwann wieder etwas suchen können. Da wir die Arbeitsmarktsituation kennen, wissen wir, daß Frauen, die über einen langen Zeitraum nicht im Arbeitsprozeß stehen, keine Chance mehr haben, wieder einzusteigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte jetzt noch etwas sagen. Es ist ganz klar, daß wir einfordern müssen, daß Kinder die bestmögliche Betreuung haben. Aber ich denke, daß Kinder auch Väter haben, und daher fordern wir ein, daß sich endlich auch Väter um ihre Kinder kümmern, und zwar nicht nur, indem sie sich finanziell beteiligen, sondern indem sie den Frauen auch ermöglichen, arbeiten zu gehen, und indem sie sich auch zu Hause um die Kinder kümmern! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Wir haben hervorragende Kinderkrippen und Kindergärten. Schauen Sie sich diese Kinderkrippen an! Alle Experten sagen aber, daß es nur darum geht, daß die Kinder nicht zu lange dort sind. Und deshalb brauchen wir die verpflichtende Teilzeit für den Vater und die Mutter, damit sie die Kinder rechtzeitig heimholen können und die Kinder nicht zu lange in der Kinderkrippe sind. In Anbetracht dessen, daß wir 60 Prozent Einzelkinder, 30 Prozent Kinder, die zu zweit sind, und nur 10 Prozent Mehrkinderfamilien haben, möchte ich sagen: Diese Kinderbetreuungseinrichtungen sind wichtige pädagogische Einrichtungen, und ich denke, sie haben es nicht verdient, daß sie nicht auch im entsprechenden Ausmaß befürwortet und gelobt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite