Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 168

zeiten, das Karenzgeld und den Mutterschutz in anderen europäischen Ländern ansehen, dann können wir wieder stolz sein, hier in Österreich zu sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.51

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen Ministerinnen! Hohes Haus! Eine kurze Bemerkung zur Vorrednerin: Ja, eigentlich sollten wir schon sagen, wo wir gut sind und wo wir ausgezeichnete familien- und frauengerechte Leistungen im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern anbieten; diese Bilanz fällt nicht so schlecht aus. Man sollte das auch einmal all jenen sagen, die die Meinung vertreten, es gibt überhaupt nichts Positives zu vermelden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich einen Aspekt hervorkehren, den ich schon längere Zeit verfolge: Seit dem Jahre 1996 – das ist bekannt – sind zwei Jahre Karenzgeld daran geknüpft, daß sich Vater und Mutter diese Karenzzeit teilen. Wie sieht die Konsequenz aus? – Laut einer Erhebung des Hauptverbandes gab es im Jänner 1997 noch rund 111 700 Karenzgeldleistungen, wobei 1 000 davon an Männer ausbezahlt wurden. Im Februar dieses Jahres gab es nur noch 80 000 Leistungen, wovon rund 1 200 Bezieher der Leistung männlich waren. Die neuen Spielregeln für den Bezug des Karenzgeldes haben offenbar eine andere Folge gehabt, nämlich die, daß die Zahlen der Bezieher von Arbeitslosengeld und von Notstandshilfe rapid gestiegen sind. Auch die Zahl der Teilnahmen an AMS-Kursen, die wunderbar in dieses vierte halbe Jahr gepaßt haben und bei denen etwa der Besuch eines eintägigen oder halbtägigen Seminars pro Woche vorgeschrieben ist, ist gestiegen.

Ich sehe einen Zusammenhang zwischen jener Regelung, Karenzgeld und Karenzzeit für Mütter und Väter anzubieten und nur auf diese Weise zwei Jahre zu gewähren, wenn die Karenzzeit geteilt wird, einerseits und der steigenden Zahl von Beziehern von Sondernotstandshilfe und Arbeitslosengeld sowie Besuchern von Kursen, die maßgeschneidert auf dieses halbe Jahr passen, andererseits. Ich will den Frauen damit nichts unterstellen. Ich will nur bemerken, daß da offenbar in der Wirklichkeit kindgerecht entschieden wurde.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns daher nach dieser Zeit Bilanz ziehen und sagen: Auf der einen Seite hat sich der Familienlastenausgleichsfonds dank guten Wirtschaftens und leider auch dank des Rückganges der Kinderzahl (Abg. Öllinger: Dank des Sparpaketes!), dank des Stoppens von familienunpassenden, sage ich jetzt einmal, von sachfremden Leistungen – Stichwort ÖBB, überhöhte Schülerfahrtenpreise – sowie dank Eigenleistungen im Schulbuchbereich erholt und wird spätestens ab dem Jahr 2001 so weit wieder gut dotiert dastehen, daß wir wieder zwei volle Jahre Karenzgeld an Väter und Mütter (Abg. Öllinger: Das waren doch die Sparpakete, Frau Kollegin!) – egal, welcher individuellen Wahl, egal, welcher Variante des Splittens, egal, welcher Konstellation – auszahlen können.

Ich denke, die Bilanz ist überzeugend. Wir sollten mutig diese zwei vollen Jahre Karenz in Angriff nehmen. Das bedeutet jedoch keine weitere Einsparungsnotwendigkeit, die anderswo weh tut, der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist davon nicht tangiert, es wird damit keine neue Steuerverpflichtung eingeführt. Wir müssen nur jetzt schon diese Mittel dafür reservieren.

Was mir an dieser Stelle noch mindestens ebenso wichtig ist zu erwähnen, ist folgendes: Das, was an Verdienst- und Arbeitsverbot bis jetzt an Karenzzeit gekoppelt ist und was mit der Lösung 3 800 S Zusatzverdienstmöglichkeit plus Einschleifregelung möglich ist, ist in Wirklichkeit nicht praxisgerecht. 3 800 S sind zu wenig, und die Einschleifregelung ist in Wirklichkeit sehr schwer exekutierbar, was verständlich ist; sie ist praxisfern.

Ich plädiere daher in diesem Zusammenhang für volle zwei Jahre Karenz für alle, verbunden mit einer Erweiterung und flexibleren Gestaltung der Verdienstmöglichkeiten, um wirklich an Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb oder außerhalb desselben teilnehmen zu können, um wirklich Urlaubsvertretungen übernehmen zu können, um geblockt den Kontakt zum Betrieb zu halten


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